Zusammenwachsen fördern
Der gebürtige Schwabe Wolfgang hat während seiner 70 Lebensjahre viele Orte im damaligen Europa besucht. Wer seine Wege auf einer Landkarte nachzeichnet, staunt über die Dimensionen zwischen Paris und Prag, Köln und Rom, Kirchberg am Wechsel und Einsiedeln in der Schweiz. Allein nach diesen Reiseplänen ist Wolfgang ein wahrhafter Europäer seiner Zeit.
Wichtiger ist aber sein Beitrag als Bischof von Regensburg für das Zusammenwachsen des damaligen deutschen Reiches und damit für das heutige Europa. Wolfgang ermöglicht die Errichtung eines eigenen Bistums in Böhmen, weil er die Ausgliederung aus seiner Diözese Regensburg anerkennt. Zur Zeit eines Staatskirchentums unterstützen die kirchlichen Strukturen maßgeblich das staatliche Herrschafts- und Verwaltungssystem. Böhmen wird so auf Zeit gesehen ein Teil des europäischen Staatensystems.
Bischof Wolfgang ist aber auch in die Christianisierung Osteuropas und damit in die Anbindung an ein späteres Europa eingebunden. Er versucht selbst als Mönch die Ungarn zu missionieren und wird als Regensburger Bischof zum Erzieher von Prinzen und Prinzessinnen aus den christianisierten Fürstenhäusern des Ostens. So wird die bayrische Herzogstochter Gisela, eine Schülerin Wolfgangs, den später heiliggesprochenen ungarischen König Stephan heiraten und in Ungarn das Christentum fördern.
Der Bischof von Regensburg predigt nicht nur das Christentum, er ist auch ein Mann der Tat. In seinem Einflussbereich gründet er Klöster und errichtet Kirchen als Stützpunkte eines friedlichen Aufbaus. Er kümmert sich persönlich um die wirtschaftlichen Belange in den Regensburger Besitzungen. Bayrische Bauern siedelt er in einem von den Ungarn verwüsteten Gebiet an, das zwei Jahre nach Wolfgangs Tod erstmals als „ostarrichi“ urkundlich erwähnt werden sollte.
Seine große europäische Dimension erreicht der Heilige von Regensburg erst nach seinem Tod. Überall, wo er jemals seinen Fuß hingesetzt hat, entstehen Gedenkstätten für die Pilger. Ein Netz von Wallfahrtsorten überzieht heute Europa. Pilgerwege bringen Orte und Länder einander näher. Der heilige Wolfgang verbindet so auch das heutige Europa.
Text: Franz Rohrhofer