Im Tod das Leben erblicken
Wolfgang lebt als Bischof von Regensburg wie ein Mönch und so möchte er auch sterben. Sein öffentlicher Tod wurde von seinen Begleitern genau beschrieben.
Auf der Schifffahrt zu Regensburger Besitzungen in Pöchlarn wird Wolfgang von heftigem Fieber erfasst. Er lässt sich zu einer dem heiligen Othmar geweihten Kapelle in Pupping im heutigen Oberösterreich bringen, weil ihm eine Weissagung im Kloster Einsiedeln vorhergesagt hatte, er werde in einer Kirche dieses Heiligen sterben.
Wolfgang legt sich wie ein Mönch auf die bloße Erde und empfängt die Sterbesakramente. Vor der Kapelle sammelt sich eine Menschenmenge an, die den heiligmäßigen Bischof von Regensburg nochmals sehen will. Der Kirchendiener verwehrt ihnen den Zutritt, doch Wolfgang gebietet ihm: „Öffne die Türen und hindere niemanden hereinzugehen, denn Sterben ist keine Schande. Schande bringt nur ein schlechtes Leben. Wir müssen einmal das Gesetz der Natur erfüllen, da der Herr des Lebens sich selbst nicht geschämt hat, für die Sünden dieser Welt nackt am Kreuz zu sterben. Es mag daher jedermann in meinem Tod schauen, was er in seinem eigenen Tod zu fürchten habe.“
In den Abendstunden des 31. Oktober 994 stirbt der Heilige betend und mahnend in der Kapelle zu Pupping. Er, der sich sein Leben lang von der Welt zurückziehen wollte, aber in der Öffentlichkeit wirken musste, löst dieses Dilemma in seiner Todesstunde: Er lädt die Menschen ein, ihm beim Sterben zuzusehen. Ein sehr menschlicher, letzter Akt fernab von Wundern und Legenden.
Doch die Legenden bleiben nicht aus. Der Leichnam des Heiligen wird nach Regensburg gebracht und beigesetzt. Bereits 50 Jahre später wird Wolfgang im Beisein von Papst und Kaiser in eine eigens erbaute Krypta im Kloster St. Emmeram umgebettet und heiliggesprochen. Regensburg besaß nun die älteste Kultstätte der Wolfgang-Verehrung, wenn auch nicht die beliebteste. Dies wunderte auch bereits den Mönch Othlo, den Biografen Wolfgangs. Der größere Zustrom der Pilger ging nämlich an den Abersee im heutigen Oberösterreich, wo der Heilige der Legende nach mit Hilfe des Teufels eine Kirche erbaut hatte.
Text: Franz Rohrhofer