Weihnachtslieder
Schon in der biblischen Weihnachtserzählung im Lukasevangelium ist die Rede davon, dass die Engel das „Gloria in excelsis“ anstimmen, das „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden“. In diesen Jubel stimmen wir mit ein und werden über das Lied und die Musik in die weihnachtliche Atmosphäre hineingenommen.
„Stille Nacht, heilige Nacht“
Das Lied entstand 1818, als der Hilfspfarrer Joseph Mohr seinem Chorleiter Franz Gruber einen 1816 geschriebenen Text mit der Bitte überbrachte, diesen zu vertonen und wegen des schlechten Zustandes der Orgel für Gitarre und Chor zu bearbeiten. Gruber schrieb das Lied für zwei Solostimmen, Gitarre und Chor. Aufgrund seiner eingängigen Melodie verbreitete es sich rasch und wurde in unseren Breitengraden das Weihnachtslied schlechthin. Heute ist „Stille Nacht, heilige Nacht“ in mehr als 300 Sprachen und Dialekte übersetzt. Dass das Lied seinen Weg aus Oberndorf hinaus in die ganze Welt fand, wird dem Orgelbaumeister Karl Mauracher aus Fügen in Tirol zugeschrieben. Er reparierte 1825 die desolate Orgel der St.-Nikola-Kirche in Oberndorf, hörte die Melodie und brachte das Lied nach Fügen. Dort übernahmen es die Geschwister Straßer, die Handschuhmacher waren und ihre Erzeugnisse auch auf der Leipziger Messe vertrieben. Zur Aufbesserung ihrer Einnahmen gaben sie dort auch ein „volkstümliches Konzert“, unter anderem auch mit „Stille Nacht, heilige Nacht“. Der Rest ist Geschichte …
„Josef, lieber Josef mein“
Wie „Stille Nacht, heilige Nacht“ und einige andere Weihnachtslieder ist dieses im wiegenden 6/8-Takt geschrieben. Diese Wiegenlieder verdanken ihre Beliebtheit einem Brauch, der von Frauenklöstern ausging und in ganz Deutschland gepflegt wurde: In einer kleinen Krippe vor dem Altar oder auf einer Tragekrippe lag ein schön gekleidetes Christkind, das von Kindern oder auch Erwachsenen beim Singen der Lieder gewiegt werden durfte.
„Es wird scho glei dumper“
Dieses beliebte Krippenlied, das fälschlich lange im Tiroler Brixental angesiedelt wurde, stammt aus Oberösterreich. Das hat 2016 ein Dokument aus dem Archiv des Stiftes Kremsmünster bewiesen. Der Krenglbacher Heimatforscher Alfred Herrmüller entdeckte im Stiftsarchiv die Originalhandschrift von 1884. Komponiert hat das Lied der aus Krenglbach stammende Pfarrer Anton Reidinger. Aus der Fülle alpenländischer Hirtenlieder ist es das wohl bekannteste geworden. Es ist als liebevolle Anbetung vor der Krippe gedacht und war wahrscheinlich ursprünglich Teil eines Krippenspiels.
„O du fröhliche“
Den Text dieses weihnachtlichen Freudenliedes hat Johannes Daniel Falk einer sizilianischen Melodie unterlegt, das dort von den Schiffern gesungen wurde. Es ist wegen seiner lieblichen Melodie zu einem der beliebtesten Weihnachtslieder in Kirche und Familie geworden.
Unsere Weihnachtslieder sind zum großen Teil recht einfach, eingängig, dem Volkslied nahe und daher leicht mitzusingen. Einige der Lieder im Gotteslob entsprechen dieser Beschreibung ganz und gar: „Als ich bei meinen Schafen wacht“ (GL 246), „Engel auf den Feldern singen“ (GL 250), „O Jubel, o Freud“ (GL 799), „Kommet, ihr Hirten“ (GL 801), „Ihr Christen, herkommet“ (GL 802) sowie „Der Heiland ist geboren“ (GL 807).
Und wussten Sie, dass …
… die ältesten Weihnachtslieder im westlichen Kulturkreis lateinische Hymnen waren, die in der Messe und im Stundengebet gesungen wurden? Im späten Mittelalter entstanden Mischformen aus lateinischen und deutschen Texten. Die Lieder endeten meist mit dem Ruf „Kyrie eleison“ und wurden deshalb als „Leisen“ bezeichnet. Ein Beispiel dafür ist „Gelobet seist du, Jesu Christ“ (GL 252), dessen erste Strophe von 1380 stammt und das zur Sequenz der Mitternachtsmesse „Grates nunc omnes“ („Dank sagen wir alle“) gesungen wurde. In manchen Weihnachtsliedern hat sich diese deutsch-lateinische Mischform erhalten, so etwa in „In dulci jubilo“ (GL 253).
… Weihnachtslieder zunächst nur in der kirchlichen Liturgie gesungen wurden und erst im 18. Jahrhundert Einzug in die Familien hielten?
… im 19. Jahrhundert durch das Aufkommen der bürgerlichen Weihnachtsfeier erstmals Lieder entstanden, in denen nicht mehr von der Geburt Jesu die Rede war? Das bis heute bekannteste dieser Lieder ist „O Tannenbaum“, das ursprünglich ein trauriges Liebeslied von August Zarnack war und später von Ernst Anschütz umgeschrieben wurde. Der Weihnachtsmann („Morgen kommt der Weihnachtsmann“) und naturromantische Elemente („Leise rieselt der Schnee“) sind weitere Motive, die im 19. Jahrhundert hinzukamen.
… das Lied „Es ist ein Ros entsprungen“ (GL 243) erstmals 1599 in einem Kölner Gesangsbuch belegt ist – mit nicht weniger als 23 Strophen? Michael Praetorius verfasste 1609 den bekannten vierstimmigen Satz.
Quellen:
Ingeborg Weber-Kellermann (1994): Das Buch der Weihnachtslieder (PIPER SCHOTT)
Hintergründe von Mag. Josef Habringer, Domkapellmeister i. R. der Diözese Linz