Würdevolle Bestattung
Veränderung im Umgang mit Sterben und Tod
Die christliche Begräbnis- und Gedächtniskultur
Erdbestattung - die Bestattungsform Jesu
Bewusster Umgang mit dem Leichnam
Veränderung im Umgang mit Sterben und Tod
Tote zu bestatten und Trauernde zu trösten, sind zwei Aspekte des einen Auftrags, dem sich auch die Kirche – dem Wort Gottes gemäß – von Anfang an verpflichtet sieht. Der Respekt vor der menschlichen Person und ihrer unverlierbaren Würde verlangt einen achtsamen Umgang mit den Toten und die Bereitschaft, Trauernde in ihrer Trauer nicht alleine zu lassen, sondern sie bei ihrem Abschied von den Verstorbenen und dem damit verbundenen Trauerprozess zu begleiten. Durch eine fast zweitausendjährige Kompetenz und Erfahrung in Sachen Trauer-, Bestattungs- und Erinnerungskultur besitzt die Kirche einen „Schatz“, den es zu bewahren und inmitten verschiedenster gesellschaftlicher Veränderungen neu zu interpretieren und zu vermitteln gilt.
Dabei ist in den Blick zu nehmen, wie gravierend sich der Umgang mit Sterben und Tod in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Folgende Einflussfaktoren auf die Bestattungskultur sind zu nennen: Privatisierung, Individualisierung, Anonymisierung, Kommerzialisierung, Beschleunigung, Säkularisierung und Deutungsvielfalt (vermehrt sind aktuell beispielsweise esoterische und pantheistische Ansichten feststellbar).
Durch die gesellschaftliche Tendenz, den Tod möglichst unsichtbar zu machen, verlieren auch die Verstorbenen selbst mehr und mehr ihren Raum unter den Lebenden und werden so gleichsam aus dem kulturellen Gedächtnis gedrängt. Damit aber verändert sich auch die Selbstwahrnehmung der Lebenden, denn der Mensch gestaltet die sinnenfällige Erinnerung an die Toten auch um seiner selbst willen. Dort, wo das Gedenken der Verstorbenen lediglich vom individuellen Bedürfnis und der Praxis der Einzelnen abhängig ist, geht das Bewusstsein dafür verloren, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind, zu dem die Generationen vor und nach uns ebenso gehören wie die Lebenden.
Die christliche Begräbnis- und Gedächtniskultur
Menschliches Leben ist nicht einfach in den Kreislauf von Werden und Vergehen eingebunden, sondern zeichnet sich aus der Perspektive des Glaubens dadurch aus, dass es durch den Tod hindurch von Gott gehalten wird. In der Treue Gottes zum Leben, die im Leiden, Sterben, der Auferweckung und Erhöhung Jesu Christi einen unüberbietbaren Höhepunkt gefunden hat, gründet die Hoffnung, dass trotz der Erfahrung der Vergänglichkeit des irdischen Leibes der Mensch als Person von ihm durch den leiblichen Tod hindurch zu einem neuen und unvergänglichen Leben geführt wird.
Die würdevolle Bestattung von Toten ist ein zentrales Kennzeichen des christlichen Glaubens und gründet in der Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben.
Dieser Glaube an die „Verwandlung“ des Lebens im Angesicht des Todes prägt das christliche Menschenbild und bildet sich in besonderer Weise in der darauf aufbauenden Bestattungs- und Gedächtniskultur ab. Während die antiken (Ahnen-)Kulte von der Angst vor den Toten und ihrer Macht über die Lebenden geprägt waren, wussten sich die Christen einer Gemeinschaft zugehörig, in der sowohl die Lebenden wie auch die Toten von der Liebe Gottes umschlossen sind. Dies zeigt sich auch darin, dass die Verstorbenen meist nicht weit außerhalb der Städte und Dörfer bestattet wurden und so in einem gewissen Sinne in den Lebensraum der Lebenden hineingenommen blieben (Aufrechterhaltung einer Beziehung in neuer Weise). Das christliche Liebesgebot wurde folglich nicht nur auf die Lebenden bezogen, sondern schloss auch die Verstorbenen mit ein. So gewann der Umgang mit den Verstorbenen geradezu den Charakter eines Bekenntnisses. Tote zu begraben und im Glauben an die Auferstehung ihr Gedächtnis wach zu halten, wurde folglich zu einem der sieben Werke der leiblichen Barmherzigkeit.
Erdbestattung – die Bestattungsform Jesu
Wie schon in den ersten Christengemeinden gilt in der Kirche bis heute die Erdbestattung als die vorrangige und bevorzugte Form: Durch diese Form wird in sinnlich-konkreter Weise die Bestattungsform Jesu nach biblischem Vorbild nachgeahmt und zudem in symbolisch dichter und vielfältiger Weise im Umgang mit dem Leichnam bezeugt, dass einem Menschen – der als Geschöpf von Anfang an Ebenbild Gottes ist – durch die Taufe sinnenfällig das Geheimnis von Tod und Auferstehung schon „in den Leib eingeschrieben“ ist, und darin die Hoffnung auf die Vollendung des irdischen Lebens bei Gott gründet.
In der liturgischen Gestalt der Bestattung eines Verstorbenen wird deshalb der Weg des Sterbenden bzw. Verstorbenen Bezug nehmend auf die Taufliturgie (Der Herr vollende an dir, was er in der Taufe begonnen hat) schrittweise rituell begleitet und gedeutet: beginnend mit der Verabschiedung am Sterbebett (durch Gebet, durch das Reichen der Kommunion als Wegzehrung), dem Gebet nach dem Verscheiden, der Totenwache (während der Zeit der Aufbahrung) und schließlich durch die Feier der Bestattung selbst. Hier kommt zum Ausdruck, dass Menschen den letzten Weg bis zur „letzten Ruhestätte“ mitgehen. Diese gliedert sich im Idealfall wiederum in eine erste Feier im Trauerhaus/in der Aufbahrungshalle (Herauslösung aus dem engeren Lebensumfeld – „Aus-Segnung“), in die Prozession mit dem Sarg zur Kirche und der anschließenden Eucharistiefeier / Wort- Gottes-Feier (Feier des Übergangs vom Tod zum Leben) und schließlich im Gang zum Friedhof (letztes Weggeleit) und der eigentlichen Beisetzung durch das Absenken des Sarges (letzter Liebesdienst). Der Weg dieses schrittweisen rituellen Abschiednehmens ist dabei untrennbar verknüpft mit der Verkündigung der Osterbotschaft: Jesus lebt und mit ihm auch der Verstorbene.
Bewusster Umgang mit dem Leichnam
Im Zentrum dieses rituell vorweggenommenen Loslassens steht jeweils der Leichnam des Verstorbenen. Weil alle Kommunikation im Leben leiblich/sinnlich ist, kommt der sinnlich-realen Präsenz des Verstorbenen in der Begräbnisliturgie bzw. in den notwendigen Abschiedsprozessen zentrale Bedeutung zu. Mit dem Leichnam sind einerseits einmalige Lebenserinnerungen verbunden und er ist andererseits das zentrale und nicht gleichwertig ersetzbare Symbol für die Hinterbliebenen, um die Wirklichkeit des Todes schrittweise zu „begreifen“ und den nötigen Abschiedsprozess ganzheitlich vollziehen zu können. Daher verursacht das Fehlen des Leichnams im Trauerprozess auch zusätzliche Schmerzen. Immer wieder erfahren Menschen, wie hilfreich der liebevolle Umgang mit dem Leichnam (Anschauen, Berühren, Waschen, Ankleiden) für die Akzeptanz des Todes bzw. der neuen Situation sein kann.
Die Feuerbestattung
Das derzeit gültige kirchliche Rechtsbuch der Kirche akzeptiert die Kremation als mögliche Form der Bestattung, wenn der Glaube an die Auferstehung dadurch nicht willentlich in Frage gestellt wird.
Die Feuerbestattung wird aktuell überwiegend aus praktischen, hygienischen oder finanziellen Gründen gewählt. Auch die zunehmende Mobilität (Mitnahme der Urne bei Übersiedlung), das Fehlen einer Grabstätte (im plötzlichen Todesfall) bzw. das Fehlen von Angehörigen zur Grabpflege dürften meist Grund für die Wahl dieser Bestattungsform sein. Maßgeblich bei der Wahl der Bestattungsform ist jedenfalls grundlegend der ausdrückliche Wille der verstorbenen Person, sofern dieser feststellbar ist, ansonsten liegt die Entscheidung bei den nächsten Angehörigen.
Die Feuerbestattung ist eine ursprünglich mit dem Welt- und Menschenbild des Ostens verbundene Bestattungsform. Die völlige Vernichtung des Leibes im Feuer steht dabei im Dienste der Befreiung der menschlichen Seele für einen neuen Weg. Aus christlicher Sicht ist im Gegensatz dazu auch bei der Wahl dieser Form die Hoffnung auf die Auferstehung wesentlich.
Betont der christliche Glaube die ganzheitliche Vollendung des menschlichen Daseins in Gott, so entspringt die Feuerbestattung grundlegend dem philosophischen bzw. theologischen Gedanken, dass gerade durch die radikale Vernichtung des Leibes im Feuer die Seele eines Menschen Befreiung für einen neuen Weg finden kann. Die Verbrennung ist in solchen Überzeugungswelten konkreter Dienst und Liebensakt an einem Verstorbenen. Für Christen ist die Hoffnung auf die Auferstehung bei jeder Form der Bestattung wesentlich. Durch die Wahl einer Kremation wird diese nicht in Frage gestellt. Die sich daraus ergebenden Herausforderungen sind daher nicht grundlegend theologischer, sondern vorrangig pastoral-liturgischer und -psychologischer Art.
Nach dem oberösterreichischen Leichenbestattungsgesetz aus dem Jahr 1985 (Fassung vom 15.04.2015) § 21 sind die in einer Urne enthaltenen Reste anschließend in einem Urnenhain, in einer Urnenhalle (Kolumbarium) oder auf einem Friedhof beizusetzen. Die Beisetzung außerhalb der genannten Orte kann von der Behörde bewilligt werden, wenn Antragsteller, die Umstände und der Ort der beabsichtigten Beisetzung erwarten lassen, dass die Urne pietätvoll behandelt wird.
Der zentrale Unterschied von Erd- und Feuerbestattung ist, dass der Leib eines Menschen nicht in der Erde, sondern im Feuer bestattet und dabei vollständig vernichtet wird.
Diese biologischen bzw. technischen Fakten der Kremation und ihre rechtlichen Folgen divergieren allerdings oft deutlich mit dem emotionalen Empfinden der Hinterbliebenen. Anders als in den Religionen des Ostens (dort ist die Verbrennung des Leichnams das wirkliche Ziel des Abschiedsrituals) ist der Wunsch nach einer Kremation oft eher vom Wunsch motiviert, nach dem Tod eines Menschen einen Gedenkort mit einer Urne schaffen zu können und weniger aus dem bewussten Wunsch im Feuer bestattet zu werden. Emotional werden daher manche Erfahrungen der Sargbestattung auf die Urnenbestattung übertragen, was aber nicht der konkreten Situation entspricht. Dies wird besonders dann deutlich, wenn für die Urne derselbe Umgang wie mit dem Sarg erwartet wird. Spätestens an diesem Punkt tut sich eine Spannung auf, wie einerseits Menschen im Trauerprozess mit ihren Empfindungen und Bedürfnissen ernst genommen werden können und gleichzeitig liturgisch stimmig und pastoral verantwortlich auf die konkrete Bestattungssituation reagiert werden sollte.