P. Maier: „Es war einfach schön, ganz dazuzugehören“
Bei den am 4. Februar 2022 in Peking beginnenden 24. Olympischen Winterspiele werde pandemiebedingt das fehlen, was Olympia ausmacht, ist sich der ehemalige österreichische Olympia-Seelsorger P. Bernhard Maier, der österreichische Athletinnen und Athleten von 1984 bis 2012 bei olympischen und paralympischen Wettkämpfen begleitete, sicher: „Die fröhliche Begegnung von Menschen aus aller Welt, Begeisterung und Lebensfreude“. Maier sprach von „Spielen in der Isolation“. Eine kurzfristigen Absage aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in China „wäre gegen die Vernunft und gegen die Sportler gewesen“, so Maier im Interview mit der Kirchenzeitung „Kirche bunt“ der Diözese St. Pölten. Denn: „Die Welt wusste schon bei der Vergabe um die Menschenrechtsprobleme in China. Jetzt hat sich das Land bemüht, großartige Spiele zu organisieren, auch die Bevölkerung freut sich darauf und die Athleten haben darauf hingearbeitet.“
China werde sich durch die Spiele allerdings nicht verändern, die allgegenwärtige Überwachung sei zu massiv. Aufgrund der Pandemie werde es kaum Begegnungen und Kontakte mit der chinesischen Bevölkerung geben. Dass der chinesischen Bevölkerung bei einem Unfall mit ausländischen Athletinnen und Athleten Erste Hilfe untersagt sei, um sich nicht anzustecken, sei „menschenrechtlich bedenklich, auch bei einer Pandemie“.
Gemeinsam schneller, höher, weiter
2008 habe man Athletinnen und Athleten in Peking eine katholische Kapelle sowie orthodoxe, islamische und jüdische Gebetsstätten angeboten, erinnert sich Maier an seine Erlebnisse bei den Olympischen Sommerspielen 2008. Der Gründer der Spiele der Neuzeit, Pierre de Coubertin, habe in abgewandelter Form auf den religiösen Aspekt der antiken Wettkämpfe zurückgegriffen. „Er wollte bei Sportler:innen und Zuseher:innen ein religiöses Empfinden wiedererwecken, verfolgte mit seiner olympischen Bewegung aber doch nur ein humanistisch-ethisches Ziel: Völkerverständigung und menschliche Vervollkommnung“, betont Maier im Interview. „Heute sind nicht wenige Sportler religiös, aber die Olympischen Spiele sind säkular, mit Religion bringt man sie kaum noch in Verbindung“, erzählt der Salesianer Don Boscos. Fairness, Völkerverständigung und die Begegnung der Menschen seien nach wie vor zentrale Gedanken des olympischen Geists: „Die Spiele haben sich immer als Friedensbewegung verstanden. Das Internationale Olympische Komitee ergänzte auf Vorschlag von IOC-Präsident Thomas Bach 2021 das Motto ,schneller, höher, weiter' um den wichtigen Zusatz ,gemeinsam'.“ Denn das Gewinnen sei nicht das einzig Wichtige, es gehe auch um die Communio.
Pfarre der Sportlerinnen und Sportler
Für den mit dem Ehrentitel „Olympia-Kaplan“ ausgezeichnteten habilitierten Sportwissenschaftler sei zuhören, trösten, Kranke besuchen und Gottesdienste anbieten wichtig gewesen, aber auch Wettkämpfe zu besuchen und mitzufeiern. „Zwischen den Olympischen Spielen habe ich auch Sportlerinnen und Sportler getraut, deren Kinder getauft und an Begräbnissen teilgenommen. Immer wieder besuchte ich Athletinnen und Athleten und Funktionärinnen und Funktionäre.“ In über 25 Jahren sei so etwas wie eine Pfarre der Sportlerinnen und Sportler mit insgesamt mehr als 3000 Adressen entstanden. „Es war einfach schön, bei ihnen ganz dazuzugehören“, zeigt sich Maier dankbar.
Gottesdienste zu feiern, sei das „Wunderbarste“ gewesen, oft mit vielen Menschen, etwa mit dem gesamten österreichischen Skiteam. „Hubert Strolz war mein erster Ministrant im Jahr 1984 bei den Spielen in Sarajewo, vier Jahre später wurde er in Calgary Olympia-Sieger. Er hat mir damals den Einstieg als Olympia-Seelsorger sehr erleichtert. Die Pastoral war für mich stets das zentrale Anliegen“, erzählte er. Von Begegnungen könne er viel berichten ... mit den Skistars Marlies Schild, Benjamin Raich oder Hermann Maier, aber beispielsweise auch von der Hochzeit von Rennrodler Markus Prock mit seiner Christine. Und: „Es freut mich übrigens auch, wenn ich von ÖFB-Stürmer Christoph Baumgartner öffentlich höre, wie wichtig ihm das Vaterunser-Gebet – sein Gebetsklassiker – ist. Oder wenn Skispringerin Eva Pinkelnig über Gott sagt: ,Seine Liebe trägt mich durch schwere Zeiten‘“, verrät Maier.
Ein besonderes Anliegen sind dem 1950 im deutschen Göppingen geborerenen Maier Athletinnen und Athleten mit Behinderung: „Trotz aller Schicksalsschläge: Die paralympischen Sportler:innen lieben das Leben. Sie haben unglaubliche Reserven, um Defizite zu kompensieren und Höchstleistungen hervorzurufen. Ich hatte und habe Kontakt mit vielen von ihnen und nie hat jemand gesagt: Das Leben freut mich nicht. Im Gegenteil: Sie alle haben Freude am Leben.“
Quellenangabe:
Kathpress (2022): Ehemaliger "Olympia-Kaplan" Maier: Heuer werden Begegnungen fehlen. URL: https://www.kathpress.at/goto/meldung/2106058/ehemaliger-olympia-kaplan-maier-heuer-werden-begegnungen-fehlen [Stand: 01/2022]