Die Alternative leben
Entwicklungszusammenarbeit geschieht auf vielen Ebenen: Strukturen werden aufgebaut, wirtschaftliches Know-How wird gelehrt, Preise werden ausgehandelt, Logistik wird organisiert. Tyrell Fernando arbeitet eng mit Gewürzbauernfamilien in verschiedenen Teilen Sri Lankas zusammen. Der Leiter der gemeinnützigen Organisation PODIE erläutert das EZA-Geschäftsmodell: „Zu allererst haben wir die Menschen dabei unterstützt, sich zu organisieren. So haben sie eine Stimme. Dann haben wir gemeinsam mit ihnen Lösungen für ihre Infrastrukturprobleme gesucht. Wir stellen Trockner zur Verfügung, Verpackungsmaterial, Weiterbildung, wir holen die Ernte in den Dörfern ab. All das trägt zur Qualitätssicherung bei". Die Produzenten können sich dabei auf Aufträge der EZA Fairer Handel verlassen – eine direkte Handelsbeziehung, die seit über 30 Jahren besteht.
Langjährige Partnerschaften
„Durch den Fairen Handel mit unseren Partnerorganisationen in Lateinamerika, Afrika, Asien und dem Nahen Osten wollen wir dazu beitragen, dass sich Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern," stellt Andrea Schlehuber, seit 1999 Geschäftsführerin der EZA, fest. An die 160 Organisationen – mehrheitlich Genossenschaften von Kleinbauern und -bäuerinnen, Handwerksvereinigungen und sozial engagierte Betriebe – profitieren davon. Mit vielen verbindet die EZA eine langjährige Handelspartnerschaft. Andere kommen neu hinzu und werden dabei begleitet, im Fairen Handel Fuß zu fassen.
„Von Anfang an war klar, dass diese Art des Handelns keine punktuelle Charity-Veranstaltung ist", so Schlehuber. „Der Faire Handel ist Kern unseres Unternehmens und Daseinszweck. Deshalb ist auch unser gesamtes Sortiment vom Kaffee über die Schokolade, vom Kunsthandwerk bis zur Bekleidung fair produziert und gehandelt."
Standards für die Entwicklungszusammenarbeit
In der Zusammenarbeit mit den Partnern im Globalen Süden orientiert sich die EZA an den Prinzipien der WFTO, der World Fair Trade Organisation. Sie legen fest, wie Unternehmen, die sich dem Fairen Handel verpflichtet fühlen, arbeiten sollen. „Die Leitlinien legen fest, was wir voneinander erwarten können", erklärt Schlehuber. Damit die HandelspartnerInnen ihre Beschäftigten fair bezahlen können, müsse die EZA als Auftraggeber faire Preise für die Produkte zu zahlen. Und für geregelte Arbeitszeiten bei der Herstellung der Aufträge müsse so bestellt werden, dass in einer vernünftigen Zeit geliefert werden könne.
Wenn jene Menschen, die die Produkte herstellen, auf eine angemessene Bezahlung, auf Beratung und verlässliche Beziehungen bauen können, so ist das eine Grundvoraussetzung für die Verbesserung ihrer Situation. Doch es geht um mehr. Mit organisierten Kleinbauern und -bäuerinnen so direkt wie möglich zusammenzuarbeiten, ist auch eine Form der Umverteilung von Macht und Kontrolle zugunsten der Schwächsten in der Lieferkette. „Damit sich Ungerechtigkeiten im internationalen Handel ändern, braucht es Entwicklung hier bei uns", ist Schlehuber überzeugt. Man müsse deshalb den individuellen Lebensstil und Ressourcenverbrauch genauso kritisch hinterfragen wie die Rahmenbedingungen, unter denen internationaler Handel abläuft.
Bildungsarbeit in Österreich
Informations- und Bildungsarbeit ist für die EZA – neben der Handelstätigkeit - ein wichtiger Auftrag. Darüber hinaus ist das Unternehmen auch in den großen europäischen und internationalen Netzwerken des Fairen Handels vertreten. „Es geht darum, Fairen Handel zu stärken, im Dialog mit den Beteiligten weiter zu entwickeln und sich – gemeinsam mit anderen – dafür einzusetzen, dass ungerechte Strukturen thematisiert und verändert werden," so Schlehuber.
Die EZA Fairer Handel beweist seit nunmehr 40 Jahren, dass man mit hohen sozialen und ökologischen Standards wirtschaftlich tragfähig arbeiten kann. Das Angebot wurde stetig ausgeweitet und ist in den österreichischen Weltläden, dem Naturkostfachhandel und im Lebensmitteleinzelhandel gut verankert.
Allein in den letzten zehn Jahren konnte der Umsatz von 7,5 Mio Euro auf 15,6 Mio Euro verdoppelt werden. Nicht der maximale Gewinn steht dabei im Vordergrund, sondern eine Art des Wirtschaftens, die auf die Menschen hinter den Produkten nicht vergisst. „Unsere wirtschaftliche Kraft ist nicht Selbstzweck, sondern dient der Umsetzung unserer sozialen Ziele", so Schlehuber. „Sich zur Gänze dem Fairen Handel zu verpflichten, ist keine leichte Übung. Aber schon den ersten Wegbereitern dieser Idee war klar, dass sie sich nicht zu einem gemütlichen Spaziergang aufgemacht haben, sondern so manche Steigung zu nehmen sein wird."
Andrea Reitinger. Die Autorin ist EZA-Referentin für Öffentlichkeitsarbeit.
Hintergrundinforamtionen:
Die EZA Fairer Handel wurde 1975 gegründet. Eigentümer sind die Katholische Männerbewegung Österreich (60%) sowie der private Verein Aktion Dritte Welt A3W (40%). Von der EZA erzielte Gewinne werden nicht an die Eigentümer ausgeschüttet, sondern verbleiben zur Stärkung des Fairen Handels im Unternehmen. Für die Errichtung eines neuen Logistikzentrums, das 2005 in Weng/Köstendorf nördlich von Salzburg bezogen wurde, erwarb die KMB das Grundstück und verpachtet es an die EZA. Das mehrfach prämierte Niedrig-Energie-Haus beherbergt nicht nur Lager und Verwaltung, sondern bietet auch einen großen Verkaufsraum. Man kann sich dort auch im Rahmen von Exkursionen über Fairen Handel informieren.
Als Miteigentümer der EZA tragen die KMB und ihre entwicklungspolitische Aktion SEI SO FREI die Idee des Fairen Handels seit den Anfängen mit. Dazu zählt auch, dass im eigenen Bereich fair gehandelte Produkte der EZA konsumiert werden. Die alljährliche Aktion Fairer Nikolaus, bei der Schokoladen der EZA zum Einsatz kommen, ist dafür nur ein Beispiel.