Glaubwürdigkeit verpflichtet: Der Pakt der Katakomben
In der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils, Lumen Gentium, findet sich eine Stelle, die aufhorchen lässt. In aller Klarheit kommt hier die beim Konzil – wieder entdeckte – Demut und Bescheidenheit der Kirche zum Ausdruck: „Wie aber Christus das Werk der Erlösung in Armut und Verfolgung vollbrachte, so ist auch die Kirche berufen, den gleichen Weg einzuschlagen, um die Heilsfrucht den Menschen mitzuteilen. […] So ist die Kirche, auch wenn sie zur Erfüllung ihrer Sendung menschlicher Mittel bedarf, nicht gegründet, um irdische Herrlichkeit zu suchen, sondern um Demut und Selbstverleugnung auch durch ihr Beispiel auszubreiten.“ (LG 8)
Programmatische Selbstverpflichtung
Ebenso bemerkenswert wie die Aussage selbst ist der Weg, über den dieser Text Aufnahme in das Konzilsdokument fand. Es handelt sich um eine Passage, die in enger Verbindung mit einer Initiative „Kirche der Armen“ im Umfeld des Konzils steht. Zum Ende der Versammlung, am 16.11.1965, fanden sich im Geist dieser Initiative vierzig Konzilsväter in der römischen Domitilla-Katakombe zusammen, um ein Gelübde abzulegen, das für sie die Quintessenz des Konzils bedeutete. So entstand der „Pakt der Katakomben“, dessen Text später von 500 Konzilsvätern unterschrieben und Papst Paul VI. übergeben wurde. Das Dokument geriet danach lange Zeit in Vergessenheit geriet und findet nun im Rahmen der Konzilsjubiläen in unserer Zeit wieder Aufmerksamkeit.
Weder Gold noch Silber
Sehr konkret verordnen die Bischöfe sich selbst eine Amtsausübung im Geist der Demut: „Wir verzichten ein für alle Mal darauf, als Reiche zu erscheinen, wie auch, wirklich reich zu sein, insbesondere in unserer Amtskleidung (teure Stoffe, auffallende Farben) und in unseren Amtsinsignien, die nicht aus kostbarem Metall – weder Gold noch Silber – gemacht sein dürfen, sondern wahrhaft und wirklich dem Evangelium entsprechen müssen (vgl. Mk 6,9; Mt 10,9; Apg 3,6).“ Sie verpflichten sich nach außen, den Armen zu dienen, indem sie deren Lebensbedingungen real verbessern: „Für den apostolisch-pastoralen Dienst an den wirtschaftlich Bedrängten, Benachteiligten und Unterentwickelten werden wir alles zur Verfügung stellen, was notwendig ist an Zeit, Gedanken und Überlegungen, Mitempfinden oder materiellen Mitteln […].“
Der Katakombenpakt ist jedoch nicht nur ein Plädoyer für eine Kirche der Armen, geprägt von der Haltung der Bescheidenheit und der Solidarität mit den Leidenden. Mit seinem Charakter der Selbstverpflichtung ist er auch ein Lehrstück, wie Kirche glaubwürdig wird. Erst eine diakonische Kirche legt ein glaubwürdiges Zeugnis für den Diakon Jesus Christus ab, der zutiefst und radikal den Menschen und darin Gott diente.
Ansgar Kreutzer. Der Autor ist Professor für Fundamentaltheologie an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz