Was uns hart und unwiderstehlich macht
Relativ früh wurde die Brennnessel (Urtica) beschrieben. So kann man im Kräuterbuch des Dioscurides, einem griechischen Militärarzt im 1. Jahrhundert, lesen, „Nesselsamen in Wein macht Begierde zur Unkeuschheit“. Der Theologe, Humanist, Mediziner und Botaniker Otto Brunfels (*1488 in Mainz) schreibt: „Wenn sie wollen eheliches Werck treiben, essen sie den samen mit zwiebeln und eysdotteren und Pfeffer.“ Selbstverständlich gehört auch die Petersilie (Petroselinum crispum) in diese Kategorie. So lautet ein alter Spruch: „Petersilie bringt den Mann aufs Pferd und die Frau unter die Erd.“
Die Alten werden wieder stärker
Nicht zu vergessen das Weidenröschen (Epilobium) und der Kürbis (Cucurbita), beides Pflanzen die eine positive Wirkung auf die Prostata haben. Und nicht zuletzt das Knabenkraut (Orchis morio) mit seinen verschiedenen Unterarten. Es gehört zu den wenigen Orchideen, die in Mitteleuropa heimisch sind. Da das Knabenkraut sehr selten geworden ist, steht es streng unter Naturschutz. Dieses ausgezeichnete Kraftmittel kannten schon unsere Ahnen. Dies beweist Doktor Seelig (München 1753) in seinem Werk „Geheimnis vieler bewährter Arzneien“: „Man nehme die Wurzel von dem zweiknolligen Knabenkraut und siede sie in Wasser; diesen Absud gebrauche man täglich dreimal. Auf den Genuss hin werden die Alten wieder stärker und kommen ‚auf die Füße’. Dieses Mittel stärkt dann zugleich bei Männern und Frauen die sexuellen Nerven und beseitigt solche Schwäche sehr schnell, auch dann, wenn der Patient ganz schwach ist.“
Hart wie Eisen und schärft den Verstand
Leider ist der biblische Auftrag „Seid fruchtbar und mehret euch“ in unserer gestressten Welt in Vergessenheit geraten. Auch die Zeit der Helden und Gott sei Dank die Zeit der Kriege und Schlachten mit den damit verbundenen Hieb- Stich und Schnittwunden ist Vergangenheit. Hier wurde dem Sanikel (Sanicula) und dem Eisenkraut gar wundertätige Heilkraft nachgesagt.
Eisenkraut (Verbena officinalis) spielte auch in der Mythologie eine große Rolle. So konnte es nicht nur Wunden, die mit Eisen geschlagen wurden, heilen. Auch Schmiede verwendeten es zum Härten der Klingen. Weiters machte es den Mann hart wie Eisen, zumindest einen kleinen Teil davon. Auch bei manch nächtlichem Gang zum Kammerfenster wurde es mitgetragen, weil, so hieß es, der Träger dadurch unwiderstehlich wird. Der Rauch des Eisenkrautes, so sagte man, schärft den Verstand und das diplomatische Geschick. Daher war es üblich, Gerichtssäle und Sitzungsräume mit Eisenkraut auszuräuchern. Leider wächst in Wien am Karl-Renner-Ring kein Eisenkraut mehr.
Ändere dein Leben
Heutige typische Männerleiden sind meist so genannte Wohlstandskrankheiten, wie Bluthochdruck, Übergewicht, Gicht und Diabetes. Die Ursache dafür ist ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren wie falsche Ernährung, Nikotin, Alkohol, Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress sowie verschiedene soziale Faktoren, z.B. Arbeitslosigkeit, Vereinsamung, übertriebene Hygiene, Leistungsdruck, mediale Reizüberflutung und Freizeitüberangebot. Hier ist sicher wichtig, zuerst unsere Lebensweise zu ändern und nicht zu glauben, ein Kräutertee aus dem Reformhaus könne alle Probleme und Wehwechen wegzaubern.
Kohl und Brennnessel
Hier gilt noch immer der Spruch des Hippokrates: „Eure Nahrung soll eure Medizin und eure Medizin soll eure Nahrung sein“ So beschreibt zum Beispiel der Römer Gajus Plinius Secundus (23-79 n.Chr.) – auch Plinius der Ältere genannt – in seiner „Historia Naturalis“ den Weißkohl (Brassica oleracea) als ausgezeichnetes Gemüse, mit dem einigen Krankheiten zu Leibe gerückt werden kann. Zudem waren die Römer der Überzeugung, dass Kohlgerichte in Kombination mit Alkohol den morgendlichen Kater verhinderten.
Auch diverse Wildgemüsearten, die nachweislich bis zu zehnmal höhere Inhaltsstoffe als ihre kultivierten Verwandten aufweisen, sollten auf unserem Speiseplan nicht fehlen, wie z.B. Giersch, Gundelrebe, Löwenzahn, Vogelmiere und natürlich die Brennnessel – eines unserer wertvollsten Heilkräuter. Alles an der Brennnessel ist heilkräftig. Sie wirkt nicht nur blutreinigend und blutbildend, sie hilft auch bei Kopfschmerzen, Nierenerkrankungen, Haarausfall, krankhaftem Urinverhalten, Erkrankungen und Entzündungen der Harnwege, gichtischen und rheumatischen Erkrankungen und bei Ermüdungserscheinungen. Auch bei Gefäßverengungen leistet die Brennnessel gute Dienste.
Auf die richtige Lebenseinstellung achten
Es ist nicht nur entscheidend, was wie essen, auch wie wir unsere Mahlzeiten einnehmen, spielt eine Rolle. Trotz aller Ermahnungen diverser Ernährungsapostel sollten wir uns die Freude und den Appetit auf einen deftigen Sonntagsbraten mit einem kühlen Bier oder einem Glas Wein nach dem Kirchgang nicht verderben lassen.
Ebenso wichtig wie eine gesunde Ernährung ist auch ein erholsamer Schlaf, dem der deutsche Arzt und Begründer der Makrobiotik, Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) in einem seiner Werke ein eigenes Kapitel widmet. Hier gelten 8 Stunden Schlaf, 8 Stunden Arbeit und 8 Stunden Pause als ausgewogen. Sollte jemand an Schlaflosigkeit leiden, ist ein Tee aus Eisenkraut durchaus hilfreich.
Ich habe absichtlich auf Beschreibungen, die mit „man nehme“ beginnen, verzichtet. Denn dazu gibt es jede Menge Kräuterbücher. Außerdem soll mein Beitrag nicht den Gang zum Arzt ersparen, sondern nur die Möglichkeit aufzeigen, wie Mann mit einer richtigen Lebenseinstellung und Heilkräutern selbst einen Beitrag zur eigenen Gesundheit leisten kann.
Hans Haider. Der Autor ist Biobauer in Unken (Sbg.).www.lutzbauer.at
Gartenbesichtigung und Führungen nach Vereinbarung.