
Glaubenszeugnisse
Er ist gekommen, damit wir das Leben in Fülle haben (Joh 10,10), seine Worte und Taten sind Zeugnis für die unermessliche Liebe Gottes zu den Menschen.
Jesus lud andere ein, ihm in diesem Glaubensweg zu folgen: Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh 10,21) „Geht hinaus in die ganze Welt und ruft alle Menschen dazu auf, meine Jünger zu werden. Tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch aufgetragen habe.“ (Mt 28,19–20) In der Nachfolge Jesu zu stehen, heißt für alle Christen, Zeugnis abzulegen von der Liebe Gottes zu dieser Welt, sich gemeinsam mit anderen für die Armen und Kranken einzusetzen, für Bildung und für Frieden, für Befreiung und für die Menschenrechte mit Respekt vor den anderen. Das alles getragen von der Hoffnung, dass Gott allen Menschen das Leben in Fülle schenken wird.
So individuell der Zugang zum christlichen Glauben auch sein mag, letztlich ist er eingebettet in ein klar definiertes Überzeugungspaket mit Eckpfeilern wie das Glaubensbekenntnis, die Bibel als das Wort Gottes und – für Katholiken – den Weltkatechismus, der die grundlegenden Glaubenssätze, die Sakramente, die moralischen Lehren und das Gebet der Kirche zusammenfasst. Aber wie kann es heute gelingen, diesen Glauben weiterzugeben?
In der Familie
Am Anfang stehen die Familie, Eltern und Großeltern, die ihren Kindern christliche Werte vermitteln. Kinder schauen sich ganz genau an, wie die Erwachsenen miteinander umgehen. Wenn das mit den Werten des christlichen Glaubens vereinbar ist, können sie diesen auch erleben.
Gerald Starzengruber aus Gramastetten hat viel mit Kindern zu tun. Er ist Kindergartenpädagoge und Vater eines achtjährigen Sohnes. Ehrlichkeit, Vertrauen und Optimismus für die Zukunft sind ihm wichtig, und dass man in einer pluralen Gesellschaft niemand ausschließen sollte. Diese Werte wollen er und seine Frau an ihren Sohn weitergeben. Auf die Frage, ob sein Wertegerüst eine christliche Basis hat, muss er nachdenken. „Ich komme aus einem katholischen Elternhaus und war Ministrant. Sicher hatte das auf meine Entwicklung einen Einfluss.“ Mit der Kirche hat er heute aber so seine Probleme. „Wenn von der Kindermette nur das dauernde Aufstehen und Niedersetzen hängen bleibt und beim Schulgottesdienst nichts Kindgerechtes dabei ist, frage ich mich schon, warum man das nicht sieht. Die Kinder verstehen nicht, worum es da eigentlich geht.“
Das Tor zur Kirche
Das Sakrament der Taufe ist zwar der erste Schritt in die Glaubensgemeinschaft. Da diese zumeist im Säuglingsalter empfangen wird, sind es die Eltern und Paten, die stellvertretend für das Kind dieses Zeichen der Zugehörigkeit setzen. Bei der Erstkommunion, zumeist im zarten Volksschulalter, bekennen sich die Kinder selbst zur Kirche und werden offiziell aufgenommen. Sie empfangen zum ersten Mal den Leib Christi in Form einer Hostie. Zuvor müssen sie an einer Vorbereitung teilnehmen, bei der sie die Grundlagen des christlichen Glaubens lernen.
Gregor Straßer aus Linz bereitet die Kinder als Tischvater auf die Erstkommunion vor. In mehreren Nachmittagen üben sie die Lieder für den Gottesdienst, gehen die Gebete durch und lernen von christlichen Werten wie Teilen, Hilfsbereitschaft, Gemeinschaft oder Zusammenhalt. An einem Nachmittag wird miteinander Brot gebacken. „Ich bringe den Kindern gerne den Glauben näher, weil dieser Wertegrundstock so wichtig für das weitere Leben ist“, erzählt er. „Den Kindern gefällt vor allem die Gemeinschaft, das gemeinsame Singen. Und sie sind auch sehr neugierig.“
Straßer will zeigen, dass Jesus die Kinder liebt, dass er sie bei sich aufnimmt, dass sie in dieser Gemeinschaft einen Rückhalt haben, wenn es ihnen einmal schlecht geht, und dass da jemand ist, der ihnen zuhört. „Wir laden die Kinder auch ein, in der Kirche mitzumachen, beim Ministrieren oder in der Jungschar. Natürlich freiwillig – es muss ihnen Spaß machen.“
Im Religionsunterricht
Etwa zur gleichen Zeit startet der Religionsunterricht als strukturierter Rahmen in der Schule, um religiöse Werte, Traditionen und Überzeugungen weiterzugeben. „Ich erlebe, dass die Kinder dabei zum ersten Mal in Berührung mit Kirche und Glauben kommen“, erzählt Gottfried Wawerda, Religionslehrer in den Volksschulen Gedersdorf und Rohrendorf bei Krems.
Die reine Wissensvermittlung steht für Wawerda nicht im Vordergrund. „Beim Glauben geht es doch um Beziehung. Da ist wer, der nimmt mich so an, wie ich bin, der hat mich gern. Das weiterzugeben, darin sehe ich meine Aufgabe. Wenn die Kinder spüren, dass sie mir wichtig sind und dass ich sie gernhabe, wenn die Jugendlichen eine Begeisterung, ein Feuer für den Glauben spüren, kann dieser Funke überspringen. Vielleicht ist dann etwas Positives grundgelegt, auf dem später aufgebaut werden kann.“
Klingt gut, ist in der Praxis aber eine große Herausforderung. „Heute muss man ja schon zufrieden sein, wenn die Vorurteile gegen die Kirche nicht noch weiter vertieft werden. Ich kann den Kindern mitgeben, dass Nächstenliebe und das Engagement für andere wesentliche Bestandteile des Glaubens sind und nicht nur Beten und In-die-Kirche-Gehen.“ Eine Einbindung in die Kirche könne der Religionsunterricht nicht leisten, das sei die Aufgabe der Familien. So wie Straßer könne er den Kindern nur die Möglichkeiten aufzeigen.
In der Pfarre
Die Pfarre ist der Ort, wo sich das religiöse Leben bündelt. Die Glaubensvermittlung geschieht durch Gottesdienste und Bildungsangebote, die sich an alle Altersgruppen richten. Sei es in der Katholischen Jungschar oder Jugend, bei Erwachsenenrunden wie etwa in der KMB, bei Bibelgruppen und zahlreichen Vorträgen und Seminaren. Diese Programme vermitteln nicht nur Wissen, sondern laden auch ein, den persönlichen Glauben zu reflektieren und zu festigen. Sie bieten vor allem die Einbindung in eine Gemeinschaft von Menschen, die miteinander auf dem Weg sind.
In der Caritas wird der Auftrag Jesu zur Nächstenliebe sichtbar. Als eine der größten Hilfsorganisationen im Land setzt sie sich für soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde ein, mit dem Ziel, Armut, Not und Ausgrenzung zu bekämpfen, unabhängig von Herkunft, Glaube oder Weltanschauung. Und das nicht nur auf nationaler und internationaler Ebene, sondern konkret im eigenen Umfeld durch die Unterstützung von Menschen, die in Not geraten sind, oder durch die Betreuung alter, kranker und einsamer Menschen.
Durch Mission
Der Auftrag, in die ganze Welt hinauszugehen und die Menschen zur Nachfolge Jesu aufzurufen, hat die Christen in alle Kontinente der Erde geführt. Als die Europäer nach Nord- und Südamerika kamen, hatten sie allerdings nicht nur die Frohe Botschaft im Gepäck, sondern auch den Tod. Wolfgang Heindl von „Sei so frei“, der entwicklungspolitischen Organisation der KMB, spricht vom größten Massensterben in der Menschheitsgeschichte. „90 bis 95 Prozent der Menschen in den beiden Amerikas starben an eingeschleppten Krankheiten, gegen die sie keine Abwehrkräfte hatten. Es waren oft auch keine feinen Menschen, die da rübergegangen sind. Es gibt Erzählungen von Indigenen, dass die Männer wie Tiere über die Frauen hergefallen sind. Trotz des unermesslichen Leids in der Welt, das auch von der Kirche verursacht wurde, glaube ich dennoch, dass die Botschaft im Evangelium selbst eine gute Nachricht ist. Vor allem das jesuanische Liebesgebot.“
Es gab im 16. Jahrhundert auch Missionare, die die Lebensumstände der Menschen verbessern wollten. Das ist heute auch das Ziel von „Sei so frei“. Das Geld, das in den Pfarren gesammelt wird, wird in Ostafrika und Südamerika in Bereiche wie ländliche Entwicklung, Bildung, in Gesundheitsprojekte, in die Wasserversorgung und in eine nachhaltige biologische Landwirtschaft investiert. Weitere Arbeitsbereiche sind die Menschenrechte, unter anderem die Rechte der indigenen Bevölkerung, aber auch Frauen- und Männerrechte und der Schutz von Frauen gegen Gewalt.
„Mit unserer Arbeit stehen wir an der Seite der Menschen. Aber nicht so, dass wir sie anreden, sie mögen doch katholisch werden, sondern indem wir durch die Art unseres Lebens an der Seite der Armen, der Unterdrückten, der Menschen mit weniger Rechten ein Beispiel für die Liebe Gottes geben, und das alles in Demut mit großem Respekt vor deren Lebensrealität“, fasst Heindl zusammen.
Durch die Medien
Ein wichtiges Instrument der Glaubensvermittlung sind heute die Medien. In einer Zeit, in der der Kirchenbesuch zurückgeht und das Pfarrleben ausdünnt, sind sie häufig der einzige Weg zu den Menschen. Die zentrale Stelle der kirchlichen Medienarbeit in Österreich ist die Presseagentur Kathpress. Sie versorgt die Medienlandschaft mit Nachrichten, Berichten, Analysen und Reportagen über das kirchliche Geschehen in Österreich und in der Weltkirche. Auf nationaler Ebene findet man neben der kirchliche Portalseite www.katholisch.at zahlreiche kirchliche Internetseiten sowie die App „Glauben.Leben“. Zur nationalen Magazinlandschaft gehört auch das Magazin „Ypsilon“ der KMB.
In den letzten Jahren hat sich das Medienbüro der Ordensgemeinschaften zu einem wichtigen medialen Faktor entwickelt. Alle Diözesen verfügen über eigene Presse- und Kommunikationsstellen, Kirchenzeitungen und Printmagazine, Internetseiten und Medienverleihstellen. Die meisten Pfarren verfügen mittlerweile über eine eigene Website und/oder Facebook-Seite. Auch Social Media wird im kirchlichen Leben immer wichtiger. Zählt man alle Pfarrblätter zusammen, kommt man auf eine Gesamtauflage von rund sechs Millionen Stück.
Ein bemerkenswertes Medienprojekt ist das Magazin „Grüß Gott“, das in Oberösterreich – und seit kurzem auch in der Steiermark – zwei Mal im Jahr an jeden Haushalt zugestellt wird. Die Gesamtauflage liegt bei mehr als 1,4 Millionen Stück. „Wir haben uns zu Beginn die Frage gestellt, wie wir die Menschen mit der Vielfalt, die Kirche bedeutet, erreichen können. Wir wollten zeigen, wo überall Kirche drinnen ist und wo Kirche in der Welt wirkt. Nicht im Sinne einer Leistungsschau, sondern als Einladung, über die eigene Spiritualität nachzudenken“, formuliert Projektleiter Michael Kraml das Ziel. „Wir erreichen nicht nur aktive Katholiken, sondern auch Kirchenmitglieder, deren einziger Kontakt bislang einmal im Jahr ein Brief von der Kirchenbeitragsstelle war, Menschen, die die Kirche verlassen haben, Mitglieder anderer Konfessionen und solche, die mit Religion nichts am Hut haben.“
Besonders freut Kraml, dass das Heft auch in der Pastoral eingesetzt wird, im Religionsunterreicht, bei Taufvorbereitungen und Gesprächsrunden. „Das Magazin ist ein Türöffner, mit dem man schnell zu existentiellen Fragen in unterschiedlichen Lebenssituationen kommt und diese reflektieren kann.“ Alle bisherigen Ausgaben von „Grüß Gott“ sind auch online unter www.gruessgott.at nachzulesen.
Säkulare Medien wie Fernsehstationen und Tageszeitungen sind besonders wichtig für die kirchliche Kommunikation, allen voran der ORF mit seinem gesetzlichen Auftrag, die anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in Fernsehen und Radio angemessen zu berücksichtigen. Neben regelmäßigen Religionssendungen stehen Übertragungen von Gottesdiensten in Radio und Fernsehen auf dem Programm. Zusätzlich sendet auch der Privatsender ServusTV Gottesdienste. Insgesamt feiern jeden Sonntag durchschnittlich rund eine Million Menschen über Radio, Fernsehen oder Internet eine Messe mit, das sind deutlich mehr als in den Kirchen.
Glaubenszeugnisse durch Vorbilder
Menschen, die in ihrem Umfeld den christlichen Glauben authentisch leben, sind häufig die wichtigsten Überbringer der Frohen Botschaft. In ihren alltäglichen Begegnungen, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft oder im Freundeskreis geben sie ein Zeugnis ihres Glaubens weiter und sind Vorbilder für andere, die sich von ihrer Lebensweise inspirieren lassen.
Herausragend sind jene Menschen, die von der Katholischen Kirche in den Rang der Seligen und Heiligen aufgenommen werden. Neben der Inspiration für die Ausrichtung des eigenen Lebens steht dahinter die Überzeugung, dass Heilige eine besondere Nähe zu Gott haben und deshalb eine Brücke zu Gott sein können. 2025 wird Papst Franziskus zwei Männer heilig sprechen, die beide sehr jung gestorben sind. Carlo Acutis, auch „Cyber-Apostel“ und „Influencer Gottes“ genannt, der als Jugendlicher seine Begeisterung für den Glauben und für die Computerwelt zu vereinen wusste, und Pier Giorgio Frassati, der den Reichtum seiner Familie schon als Kind dazu nutzte, arme, kranke und obdachlose Menschen mit Essen und Kleidung zu versorgen.
Für die KMB sind zwei heilige Männer von ganz besonderer Bedeutung: Franz Jägerstätter, ein oberösterreichischer Bauer, der aus Gewissensgründen den Kriegsdienst bei der Wehrmacht verweigerte und dafür von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, und Erzbischof Óscar Romero, der in El Salvador für soziale Gerechtigkeit und politische Reformen eintrat und sich unter Einsatz seines Lebens gegen die damalige Militärdiktatur stellte.
Autor: Christian Brandstätter