![Holzer-Breid / beziehungleben.at Portrait von Maga. Andrea Holzer-Breid; diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin und Trainerin für Paarkommunikation. www.beziehungleben](/img/6f/3d/8ddfa8af217155101ced/Holzer-Breid-Andrea_Holzer_Breid_2019-c-beziehungleben_at.jpg)
Konflikte lösen
Krieg und Terror, soziale Ungerechtigkeit und Armut, Klimawandel und der Nachhall der Coronapandemie: In unserer Gesellschaft haben sich tiefe Gräben aufgetan. Über Medien und schier unüberwindliche Meinungsverschiedenheiten sind die Konflikte in unseren Wohnzimmern angekommen. Was können wir für ein friedvolles Miteinander tun?
Wir haben nicht automatisch Frieden, wenn kein Krieg ist. Frieden ist auch nichts Statisches, sondern ein kostbares Gut, das errungen und bewahrt werden will. Beispiele wie die Coronaund die Flüchtlingskrise oder der Generationenkonflikt machen deutlich, wie vielschichtig das Phänomen „Friede“ ist. Konflikte sind dabei ein wesentlicher Teil des Friedens. Weil Menschen verschieden sind, geraten sie immer wieder einmal aneinander. Schnell entsteht das Gefühl, nicht ernst genommen und nicht gesehen zu werden. Man reagiert mit Ärger, macht Vorwürfe. Rechtfertigung und Gegenangriff folgen. Die sachliche Ebene hat man längst verlassen, sich auf der emotionalen Ebene verstrickt. Die Situation erscheint ausweglos. Was ist hilfreich im Umgang mit Konflikten?
Über Situation und Gefühle sprechen
Es ist wichtig, den Konflikt anzusprechen, die Situation und das ärgerliche Verhalten zu beschreiben sowie den eigenen Emotionen nachzugehen. Im Konflikt tauchen verschiedene Gefühle wie Angst, Wut, Hilflosigkeit, Scham auf. Diese bergen eine Botschaft für die Konfliktlösung in sich, daher ist es wichtig, sie zu benennen und zu besprechen. Wut zeigt, dass wir uns selbst wichtig nehmen möchten und ein Problem ansprechen sollen. Sie kann auch entstehen, wenn wir zu anderen Grenzen ziehen sollten. Hilflosigkeit ist das Gefühl, ausgeliefert zu sein, keine Chance zu haben. Da tut es gut, zu überlegen, ob es doch Möglichkeiten und Lösungen gibt. Angst lähmt uns, den Schritt zu gehen, der anstehen würde. Wir könnten uns aber der Angst stellen und sagen: „Obwohl ich mich fürchte, gehe ich meinen Weg!“ Scham- und Schuldgefühle tauchen auf, wenn wir uns schwach und wertlos fühlen. Das kann man bewältigen, wenn man lernt, sich in seiner Andersartigkeit zu akzeptieren. Je besser wir lernen, unsere Gefühle wahrzunehmen und ehrlich anzusprechen, umso besser können wir verstanden werden.
Der Ausweg aus einer schwierigen Situation führt über unsere Bedürfnisse
Viele Konflikte lösen sich auf, wenn sich beide Konfliktpartner verstanden und mit ihren Bedürfnissen gesehen fühlen. Indem wir uns selbst fragen „Was hätte ich in der Situation gebraucht? Was würde mir in Zukunft helfen? Was wünsche ich mir?“, können wir herausfinden und sagen, was verbessert werden könnte. Nachdem wir uns selbst und unsere Wünsche ernst genommen haben, ist es wichtig, den Blick auf den anderen zu richten: „Wie ist es dir in dieser Situation gegangen? Welche Gefühle hattest du? Was würde dir in Zukunft in dieser Situation helfen?“ Dem anderen zuzuhören, ist nicht ganz einfach. Man muss seine eigenen Gefühle eine Weile zurückstellen, um dem Gegenüber Raum und Zeit zum Erzählen seiner Sichtweise zu eröffnen.
Hat man einander gehört, kann man auf die Suche nach gemeinsamen Lösungen gehen und eine gemeinsame Vereinbarung treffen. Manchmal finden sich diese schnell, manchmal kann es eine Weile dauern. Man muss einen Konflikt nicht am selben Tag lösen, sondern darf sich Zeit dazu geben.
Bewusster Ausstieg aus dem Kampf
Jedes Verhalten, das einen oder beide Konfliktpartner in Stress bringt, kann einen Konflikt zum Eskalieren bringen. Stresshormone werden ausgeschüttet, man kann nicht mehr klar denken, das Gegenüber nicht wahrnehmen und verliert die Fähigkeit zur Empathie. Die Kreativität zur Suche nach Lösungen geht verloren. In diesem Fall kann es wichtig sein, das Gespräch für eine Weile zu unterbrechen, sich selbst zu beruhigen und später weiter zu diskutieren.
Zuversicht hilft
Viele Menschen haben eine Lebenshaltung entwickelt, die hilft, einen guten Weg aus Konflikten zu finden. Sie geben nicht auf, bevor sie eine Lösung gefunden haben. Sie sind zuversichtlich und gehen davon aus, dass sie ihr Leben selbst gestalten können. Sie fühlen sich nicht als Opfer der Umstände, sondern nehmen ihr Leben in die Hand, sagen, was sie möchten und was nicht sein soll. Sie können ihre Konfliktpartner in ihrer Andersartigkeit akzeptieren und aushalten, dass manchmal die eigene Lösung und ein anderes Mal der Lösungsvorschlag des anderen genommen wird.
Autorin: Mag a. Andrea Holzer-Breid ist Referentin im Team Familienberatung der Diözese Linz. Sie ist diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin und Trainerin für Paarkommunikation. www.beziehungleben.at