Der Klimarat
Einer von ihnen ist Franz Zlanabitnig, Pfarrgemeinderatsobmann der Pfarre Pörtschach am Ulrichsberg in Kärnten und ehemaliger Bischofssekretär der Diözese Gurk.
Wie wollen wir uns in Zukunft fortbewegen? Woher beziehen wir unsere Energie? Wie werden wir uns in Zukunft ernähren, um den Planeten zu schützen? Und vor allem: Was müssen wir heute tun, um morgen in einer klimafreundlichen Zukunft gut leben zu können? Das zu diskutieren und Lösungen vorzuschlagen, ist der Auftrag des Klimarates. Mit seiner Einberufung erfüllt das Bundesministerium für Klimaschutz eine Forderung des Klimavolksbegehrens.
YPSILON: Herr Zlanabitnig, wie sind Sie zum Klimarat gekommen?
Franz Zlanabitnig: Sprichwörtlich wie die Jungfrau zum Kind. Die Wahrscheinlichkeit, einen Fünfer im Lotto zu machen, ist größer, als Teilnehmer des österreichischen Klimarates zu werden. Im Postkasten war ein Zettel, dass ein eingeschriebener Brief abzuholen sei. Meine Frau fragte mich süffisant, wo ich
wieder einmal zu schnell gefahren bin. Weit gefehlt! Der Brief war von der Statistik Austria. Darin war zu lesen, dass ich per Zufallsprinzip nach Kriterien einer repräsentativen Auswahl der österreichischen Bevölkerung – wie Alter, Wohnort, Bildung, Geschlecht – ausgewählt wurde und dass ich zur Teilnahme am Klimarat eingeladen bin.
Y: Was haben Sie sich im ersten Moment gedacht?
Zuerst dachte ich, dass ich nicht unbedingt ein Vorzugsschüler in Sachen Klimaschutz bin. Wir versuchen in unserer Familie zwar immer schon, umweltbewusst zu leben. Aber da ist eher meine Frau die treibende Kraft. Sie war es auch, die auf die Umstellung von einer Öl- auf eine Pelletheizung gedrängt hat. Ich
sitze immer noch zu oft im Auto, auch deshalb, weil es hier bei uns eine sehr schlechte Busverbindung gibt. Aus Bequemlichkeit fällt es mir oft schwer, andere Lösungen zu suchen.
Y: Was ist Ihr Zugang zum Thema Klimaschutz?
Ich bin eher einer, der sich in der Theorie daheim fühlt und weniger in der Praxis. Mit dem Kopf begreife ich die globalen Zusammenhänge. Eine nachhaltige globale Entwicklung kann es meiner Meinung nach nur geben, wenn es in den wohlhabenden Ländern, die unzweifelhaft für die gegenwärtige Situation verantwortlich sind, zu einer Reduktion des Wirtschaftswachstums kommt. Mit einem ungebremsten Wirtschaftswachstum sind unweigerlich irreparable Schädigungen unserer Umweltressourcen verbunden.
Einen persönlichen Bezug zum Thema haben Sie nicht?
Oh doch! Wir haben fünf erwachsene Kinder, die sehr bewusst leben und sich Gedanken machen, wie die Welt in Zukunft aussehen wird. Und wir haben sechs lebendige, reizende Enkelkinder. Da ist uns der Zustand dieser Welt nicht mehr egal. Wie wird die Welt aussehen, in der sie leben müssen? Wir werden das ja nicht mehr erleben. Das ist schon ein sehr emotionaler Zugang und ich habe mich gefreut, dass ich in den Klimarat eingeladen worden bin. Zur Vorbereitung auf das erste Treffen habe ich dann auch noch einige Bücher zum Thema gelesen.
An einem Wochenende Mitte Jänner trafen sich die Mitglieder des Klimarates erstmalig in Wien. Nach der offiziellen Eröffnung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler stand der erste Tag ganz im Zeichen der Wissenschaft. Der Klimaforscher Georg Kaser und die Umweltökonomin Birgit Bednar-Friedl erläuterten, worum es geht: Wenn wir nicht sehr schnell agieren, wird das Leben auf der Erde am Ende des Jahrhunderts nichts mehr mit dem Leben zu tun haben, das wir heute kennen. Am Ende des Treffens vereinbarte der Klimarat dann sein Wirkungsmanifest.
Die Eckpunkte:
– Wir wollen umsetzbare, wirksame, sozial gerechte inhaltliche Vorschläge an die
Politik machen.
– Wir wollen Aufmerksamkeit erzeugen.
– Wir wollen einen Bewusstseinswandel in der Öffentlichkeit fördern.
– Wir wollen die Bereitschaft in der Politik für schnelle, wirksame
Klimaschutzmaßnahmen erhöhen.
Y: Was sind Ihre Eindrücke vom ersten Treffen?
Franz Zlanabitnig: Die Gruppe ist bunt gemischt, der Älteste ist 79 Jahre alt – ein Bauer aus Oberösterreich – bis hin zu etlichen 17-Jährigen. Alle konnte ich beim ersten Treffen noch nicht kennenlernen. Aufgefallen sind mir vor allem ein junger Rauchfangkehrer aus der Steiermark mit einem großen Sachverstand zum Thema Umweltschutz und einige Teilnehmerinnen mit Vorarlberger Dialekt, die offensichtlich mehr Erfahrung im Umgang mit direkter Demokratie haben.
Y: Sie sind dann nach dem ersten Wochenende gleich initiativ geworden?
Ja, als ich heimgekommen bin, habe ich an die Gemeindevertretung in Maria Saal und in St. Veit/Glan und an die Mitglieder der Kärntner Landesregierung einen Brief geschrieben und nachgefragt, wie in der Gemeinde und im Land mit dem Thema Klimaschutz umgegangen wird. In Maria Saal bin ich gleich zu einem Gespräch eingeladen worden.
Y: War das schon ein Auftrag aus dem Klimarat?
Nein, das war meine Initiative. Wenn ich schon die Möglichkeit habe, da dabei zu sein, dann versuche ich auch, etwas Sinnvolles daraus zu machen. Ich will einen größeren Personenkreis motivieren, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Für mich selbst habe ich begonnen, so eine Art Tagebuch zu schreiben.
Für den Klimarat sind dieses Frühjahr noch sechs weitere Treffen geplant, in denen jeweils ein Thema diskutiert wird. Ende Februar trafen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Salzburg und bearbeiteten die Themen Ernährung und Landnutzung. Die Ergebnisse aller Sitzungen des Klimarates werden Mitte des Jahres 2022 der Bundesregierung übergeben.
Y: Welche erste Konsequenzen ergeben sich für Sie durch die Beschäftigung mit dem Thema Ernährung?
Franz Zlanabitnig: Mir ist der Zusammenhang mit unserem Ernährungsverhalten
nochmals bewusster geworden. Wir Österreicherinnen und Österreicher essen drei Mal mehr Fleisch als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen. Und wie wir wissen, hat die Fleischproduktion einen maßgeblichen Einfluss auf das Klima. Eine direkte Konsequenz für mich: Wesentlich weniger Fleisch zu essen!
Autor: Christian Brandsätter, Lebensart-Verlag