Gedanken an verstorbene Väter
„Ich und der Vater sind untrennbar eins.“ (Joh 10,30) und „Ich rede
von dem, was ich bei meinem Vater gesehen habe.“ (Joh 8, 38).
Ich ahne diese, meine innige Verbindung zu meinem eigenen (verstorbenen)
Vater. Aber nur, wenn ich mir auch tatsächlich Zeit gebe, kann ich dieser Verbindung nachspüren, nachtrauern und sogar Kraft und neuen Mut schöpfen. Im Buch Maleachi wird ein sehr prophetisches Wort überliefert: Gott spricht: „Gebt Acht! Ich sende euch den Propheten Elija. Er wird das Herz der Väter den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne den Vätern. Er wird sie miteinander versöhnen, damit ich nicht den Bann am Land vollstrecken muss, wenn ich komme.“
(Maleachi 3,23f.)
Es mag auch Unversöhntes, Enttäuschung und Versäumtes ins Bewusstsein kommen beim (Ge-)Denken an den verstorbenen Vater. Gott bietet dabei sein heilendes und versöhnendes Wirken an.
Ein Vorschlag für eine persönliche Gedenkfeier an den (verstorbenen) Vater:
Fünf Teelichter stelle ich in Kreuzform vor mir auf. Jede Kerze wird nach und nach einzeln entzündet, jeweils verbunden mit einem Gedenken an den Vater.
Die Kerze in der Mitte entzünden.
Lebendiger Gott, du Urgrund allen Lebens.
In meinem Vater – und meiner Mutter – liegt der Ursprung meines Daseins.
In ihrem Ja zueinander und dem Ja zu meiner Existenz entspringt mein Leben.
Mit Dankbarkeit denke ich an meinen Vater – an meine Mutter.
Die Kerze an der Kreuz-Spitze entzünden.
Schöpferischer Gott, du Urgrund allen Lebens.
Mein Vater hat mich in seinen Armen gehalten.
Er hat meine Entwicklung und Entfaltung der Fähigkeiten begleitet.
Seine beschützende Nähe hat mein Vertrauen ins Leben wachsen lassen: Lachen und Weinen, die Freude am Leben mit meinen gelungenen und missglückten Plänen.
Diese Grunderfahrung lässt mich auch heute mit Zuversicht in die Zukunft gehen.
Die beiden Kerzen des Kreuz-Querbalkens entzünden.
Starker Gott, deine Weisheit lenkt die Welt.
Nicht ohne Widerstände und Konflikte war die väterliche Erziehung.
Die Strenge des Vaters konnte ich nicht immer verstehen. Da sind Verwundungen geblieben – wohl auf beiden Seiten. Mein Vater hat mich gefordert und mir einiges zugemutet. Mein Ringen mit dem Vater war zugleich ein Kräftemessen, ein Training für die Anforderungen des Lebens. Ich habe Gesten der Zärtlichkeit und der Ermutigung vermisst, aber zuweilen sie von meinem Vater nicht annehmen können – aus Verlegenheit, aus Angst vor zu viel väterlicher Nähe. Dem Vater gegenüber bin auch ich Offenheit, Zutrauen, Nähe schuldig geblieben.
Die Kerze am Fuß des Kreuzes entzünden.
Du, mein verstorbener Vater:
Dein Tod hat uns getrennt, dennoch sind wir in Verbindung. Wenn ich deiner gedenke, dann spüre ich das. Jetzt kann ich sagen, dass du mir den Rücken gestärkt hast. Jetzt macht mir dein Scheitern im Laufe deines Lebens Mut, auch zu meinen Bruchlandungen zu stehen.
So bitte ich dich – Gottvater, für mich und meinen verstorbenen Vater.
Versöhne uns miteinander und mit den verpassten Chancen.
Mein Vater, dir danke ich – für so viel Schönes, für das Schwere, für all das, was von dir in mir lebendig ist.
Mein Vater, ich vertraue darauf, dass du mich nun in deiner väterlichen Liebe ganz als deinen Sohn annehmen kannst.
Amen.
Tipp zur Nachahmung:
Zu meiner Überraschung hat mir ein Bekannter erzählt, da er viel mit dem Auto unterwegs sei, habe er immer eine Kerze mit im Auto.
Bei Wegkreuzen am Straßenrand halte er an und entzünde dort die mitgebrachte Kerze: für ein Innehalten im Alltagsgetriebe, ein Verweilen in Stille; ein Gebetsgedanke als Dank, Bitte oder ein Gedenken an lebende und verstorbene
Menschen, die sein Herz bewegen.
Mag. Andreas M. Jakober
Pfarrer in St. Johann im Pongau,
Geistlicher Assistent der Katholischen Männerbewegung Österreich und Salzburg