![Verheißung / https://www.youtube.com/watch?v=QruaJf8D20E Wagnis ins Ungewisse](/img/1d/73/3f6523f48e87cf5173fc/Verhei_ung-IMGGbntEp.jpg)
Versuch und Verheißung
Er ist der Stammvater Israels. Die biblische Figur Abraham gilt, von seinem Ende her gelesen, als derjenige der es geschafft hat, trotz widrigster Umstände sein Leben zu meistern. Paulus bezeichnet ihn in Röm 4,16 als „unser aller Vater“, Abraham erscheint aus dieser Perspektive als das übermächtige Vorbild und Sinnbild tugendhafter Gläubigkeit.
Die Geschichte seiner Umwege und Abwege als Mann, Vater und Partner lassen mich immer wieder staunen: Zunächst sah sein Leben nicht sehr vielversprechend aus. Die Beziehung mit Sarai blieb kinderlos und die wirtschaftliche Not machte die Sippschaft zu Flüchtlingen auf der Suche nach einem besseren Leben. Die Magd Hagar sollte die Verheißung Gottes auf Nachkommenschaft erfüllen und so durchlebte die Ehe der beiden die Gefühlswallungen des Vorgängers moderner Leihmutterschaft. Es folgten die klassischen Pachtwork-Probleme: innerfamiliäres Mobbing, die Vertreibung und Wiederaufnahme der Magd und (Leih-)Mutter Hagar und ihres Sohnes Ismael. Dann passiert das Wunder und Abraham erfährt die Gnade der späten zweiten Vaterschaft mit seiner Frau Sara – mit 100 Jahren! Im Frauenzwist wird Abraham aufgerieben und auf göttlichen Rat Hagar endgültig in die Wüste geschickt.
Wer sich nun geregelte Familienverhältnisse erhofft hatte, wird in der Versuchung Abrahams eines Besseren belehrt. Als vermeintliche Glaubenserprobung soll Abraham seinen Sohn Isaak opfern. Ohne überlieferte Gefühlsregung macht sich Abraham auf den Weg und wir halten den Atem an.
Biblische Geschichten über Vaterschaft sind nahe dran am Leben. Sie sind ein Spiegel für unser Gefühlskaleidoskop als Väter. Wir können in ihnen Kraft tanken in der unbändigen Freude über das werdende Leben. Vatersein führt aber auch in Zustände von Ratlosigkeit und Enttäuschung, zuweilen in unbändige Rage.
Die Arbeit der Katholischen Männerbewegung versucht mit Angeboten für Väter und Kinder ein Brückenkopf zwischen den Lebens- und Glaubenswelten der Väter und Kinder zu sein. Uns ist es wichtig, dass Männer durch das Vorleben von Ritualen ihren Kindern zeigen, dass Glaubenspraxis ganz natürlich zum Leben dazu gehört. Indem ein Vater vorlebt, ob und wie er sich verwurzelt fühlt, was ihm Kraft gibt und worauf er vertrauen kann, gibt er Kindern eine religiöse Orientierung.
Kinder stellen automatisch Fragen über den Sinn des Lebens, über Geburt und Tod. Unser Ziel ist es, dass Väter die Antwort auf diese Fragen nicht anderen überlassen.
Wolfgang Schönleitner
Der Text ist zuerst erschienen in ypsilon. Magazin für Männer. Katholische Männerbewegung, Nr. 3/2016