Ich habe Glück
Zu diesen großen Fragen, die wir uns vor der Familiengründung stellen mussten, gehörte die Angst, die wohl alle Eltern einmal befällt: Was tun, wenn unser Kind eine schwere Behinderung haben wird? Meine Frau und ich waren uns einig: Eine Abtreibung kommt für uns nicht in Frage.
Verantwortlich dafür sind zwei grundsätzliche Überlegungen und unsere ganz persönliche Situation: 1.) Wir fühlen uns nicht befugt, ein fremdes Leben zu beenden. 2.) Wir haben kein Recht, unser Glück über das unseres Kindes zu stellen. Und schlussendlich: Wir sind in unseren Lebensumständen so privilegiert (finanziell abgesichert, ein tolles Familiennetzwerk, eine stabile Beziehung), dass wir uns vor dieser Aufgabe nicht wegducken dürfen. Wir wissen, dass wir mit dieser Haltung in der Minderheit sind. Wir wissen, dass sich die meisten werdenden Eltern diese gewaltige Aufgabe nicht zutrauen. Und wir wissen, dass es ein großes Privileg ist, sich in dieser schwierigen Frage einig und sicher zu sein.
Sinnlose Verunsicherung Im Wissen, dass wir auch ein behindertes Kind nicht abtreiben würden, haben wir auch auf die sogenannte Nackenfaltenmessung verzichtet. Bei einer auffallenden Vergrößerung der Nackentransparenz gibt es eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass das Kind eine chromosomale Fehlbildung hat (in den allermeisten Fällen handelt es sich dabei um Trisomie 21, also das Down-Syndrom).
Da diese Untersuchung lediglich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit zeigen kann, würde sie für Eltern wie uns nur eine sinnlose Verunsicherung bringen: Weder ist nach einer Nackenfaltenmessung gewiss, dass das Kind wirklich behindert auf die Welt kommt, noch ist der Grad der Behinderung vor der Geburt wirklich absehbar.
Wir gehören damit zu einer Minderheit von 10 Prozent der Eltern, die diese Untersuchung nicht in Anspruch nimmt. Wieso ich darüber so ausführlich schreibe? Weil die Gynäkologen jetzt fordern, die Nackenfaltenmessung in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen. Das würde bedeuten: Eltern, die diese Untersuchung nicht durchführen lassen, wird das Kinderbetreuungsgeld gekürzt.
Der Mutter-Kind-Pass war ein ganz wichtiger Meilenstein, um die Überlebensrate von Kindern zu erhöhen. Nun soll aber plötzlich eine Untersuchung aufgenommen werden, die nicht die Überlebensrate erhöhen kann, sondern nur die Rate der Abtreibungen. Dass diese Forderung ausgerechnet von den Ärzten kommt, denen wir unsere ungeborenen Kinder anvertrauen, macht mir Angst.
Florian Unterberger ist Pressesprecher bei einer Wiener Anwaltskanzlei. Er ist Vater von vier Kindern.