Mit Vertrauen in der Angst bestehen
„Mit Vertrauen in der Angst bestehen“ lautete das Motto der 14. KMBÖ-Sternwallfahrt. Am 21. Mai 2022 jährte sich der Tauftag von Franz Jägerstätter zum 115. Mal. Rund 60 Pilger*innen machten sich per Auto oder Bus, zu Fuß oder mit dem Rad den Weg zum Jägerstätterhaus. Der gesamte KMBÖ Vorstand und auch Verantwortliche aus der Nachbardiözese Passau kamen in St. Radegund zum Gedenken an den Seligen zusammen.
Schon in der Begrüßung beim Jägerstätterhaus wies der KMBÖ-Vorsitzende Mag. Ernest Theußl auf das aktuelle Angst- und Bedrohungsszenario durch die vielfältigen Krisenschauplätze unserer heutigen Zeit hin. Besonders der russische Angriffskrieg in der Ukraine konfrontiere uns in besonderer Weise mit den „schwierigen“ Gefühlen von Angst, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Gerade so große gesellschafts- und weltpolitische Krisen würden uns besonders auch in unserem Glauben herausfordern.
Mag. Georg Haigermoser, Theologe und Mitglied der Jägerstätter-Kommission von Pax Christi Österreich, gestaltete den einstündigen Workshop beim Jägerstätterhaus. Die Teilnehmer lasen zentrale Passagen aus dem "Heft 1" von Jägerstätters Aufzeichnungen, in dem er um die Jahreswende 1941/42 die Grundlagen seines Glaubens darlegte. Manches in seiner religiösen Sprache klingt für heutige Ohren fremd. Gleichzeitig spürt man: hier ringt ein Mensch um das Wesentliche, worauf es in seinem Leben ankommt. Wie steht es in einem Zeitalter voller Ängsten um die Menschenfurcht? Und was bedeutet dann "Gottesfurcht"?
Auf dem Friedensweg vom Jägerstätterhaus zur Pfarrkirche St. Radegund hielt die Pilgergruppe kurz beim Friedensdenkmal inne. In einem kurzen Impuls erinnerte Mag. Wolfgang Bögl, der theologische Assistent der KMB Linz, daran, wie viele schwierige und schwer zu lösende Fragen der aktuelle Krieg in der Ukraine aufwirft. Und wie intensiv und auch kontrovers wir derzeit persönlich, aber auch in Gesellschaft und Politik, darum ringen müssen, Wege zum Frieden zu finden. Welche Art von Heldentum braucht es heute? Werden die Möglichkeiten von gewaltfreiem Widerstand und gewaltfreier Konfliktlösung ausgeschöpft?
Beim abschließenden Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund wies Weihbischof Dr. Anton Leichtfried aus der Diözese St. Pölten in seiner Predigt darauf hin, wie in der Person und im Leben Franz Jägerstätter die drei christlichen Grundtugenden von Glaube, Hoffnung und Liebe auf eindrucksvolle Weise verwirklicht sind. Glaube sei „eine gute Mischung“ von (Gott-)Vertrauen und klaren Überzeugungen, Christen seien weder Optimisten noch Pessimisten, sondern vielmehr Realisten. Jägerstätter habe seine Standhaftigkeit und Glaubensüberzeugung in seinem Leben konsequent und tief in seinen Alltag hinein geformt und gebildet, besonders auch im Austausch mit seiner Frau Franziska, die für Weihbischof Leichtfried ebenso wie Franz eine Selige sei.
Alle Fotos: © KMB
Ing. Karl Toifl, Diözesanobmann aus St. Pölten, geht mit der Mesnerfahne voran: am Jägerstätter-Weg vom Wohnhaus zur Kirche
Mag. Georg Haigermoser, Pax Christi Österreich, bei Workshop mit Texten verfasst von Franz Jägerstätter
Weihbischof Dr. Anton Leichtfried im Gespräch mit zwei Töchtern von Franz und Franzsika Jägerstätter
Der Vorstand der KMBÖ versammelt in St. Radegund (nicht am Bild Karl Toifl)