Der flexible Mann - Neuer Hegemon oder prekäre Existenz
Gleich zu Beginn beschäftigte sich Prof. Dörre mit der These, dass sich die Arbeitswelt (bezahlt und unbezahlt) zunehmend feminisiert. Er stellt fesst, dass ich die Produktionstätigkeiten im Betrieb zunehmend rationalisieren und automatisieren. Demgegenüber bekommen die Sorgetätigkeiten (Pflege, Kinderbetreuung, ... usw), die vorwiegend weiblich dominierte Tätigkeiten darstellen einen größeren Stellenwert im Gesamtvolumen des Arbeitsprozesses.
Weiters stellt Dr. Dörre fest, dass Emotionalität (commitment) im Arbeitsprozess ein immer größerer Stellenwert eingeräumt wird. Mitarbeiter sind zunehmend gefordert, ihre Leidenschaft an den Projekte zu zeigen, die sie im Berufsalltag abzuarbeiten haben. Klassisch "weibliche" Zuschreibungen, des Zeigens von Emotionen und Gefühlen werden somit Bestandteil von Arbeitsprozessen.
Drittens entwickelt sich vor allem die deutsche Gesellschaft immer mehr zu einer prekären Vollerwerbsgesellschaft, in der ein Einkommen nicht mehr ausreicht, um eine Familie zu ernähren. Auch eine Folge der Feminisierung der Arbeitswelt.
Prof. Dörre belegt diese Befunde mit statistischen Daten aus dem Arbeitsmarkt, die zu denken aufgeben:
- In Deutschlad gibt es den vergangenen 5 Jahren deutlich mehr Beschäftigte, aber das Volumen der Arbeitsstunden dieser Beschäftigten sinkt.
- Erwerbsarbeit wird asymetrisch verteilt. Nicht standardisierte Beschäftigungsverhältnisse (geringfüig, Teilzeit, neue Selbständige, ...) nehmen stark zu.
- Mehr als 23% aller Beschäftigten sind Niedriglohnbeschäftigte mit einem Einkommen unter 2/3 des Medianeinkommens. Von diesen Beschäftigten haben wiederum 3/4 eine abgeschlossene Berufsausbildung (Lehre, Matura, Studium). Tendenz steigend!
- Die Angst von dem sozialen Abstieg in die stigmatisierte Harz IV Empfängerkreise führt dazu, dass Beschäftigte in den Tarifverhandlungen (finanzielle) Verschlechterungen ihres Arbeitsverhältnisses in Kauf nehmen, um nicht das "Privileg" einer Festanstellung zu verlieren.
Trends
Was bedeuten diese Veränderungen für die Rollengestaltung von Männern?
- Eine Retraditionalisierung von Geschlechterverhälnissen wird vor allem von den Männern gestaltet, die sich durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Leiharbeit, ... in ihrer Rolle als Ernährer der Familie in Frage gestellt sehen. Sie reagieren damit, ihre Männlichkeit übersteigert zur Schau zu stellen (Macho, Muskelprotz) usw.
- Viele Männer reagieren mit einer lebensphasenspezifischen Flexibilität auf die Zwänge, die die moderne Arbeitswelt ihnen abverlangt. Sie formulieren gemeinsam mit ihrer Partnerin Abmachungen auf Zeit. In der Phase, wo die Kinder zu Hause betreut werden müssen, nimmt der Mann die Hauptlast der Erwerbstätigkeit auf sich. Dieses Arrangement ist aber zeitlich begrenzt und wird variabel, partnerschaftlich gestaltet.
- Der dritte Trend betrifft die Harz IV empfänger. Deren Erfahrung bezeichnet Prof. Dörre mit dem Begriff "Zersetzung". Die Verschiedenheit der Biographien, Schichten, Bildungsniveaus, usw. wird durch Harz IV gleich gemacht. Selbständige Lebensentwürfe werden dabei von einer alles überwachenden Bürokratie nivelliert.