Enquete „Burschen im Aufwind“
Für den theoretischen Teil und über die historische Entwicklung der „Burschenarbeit", so der Fachbergriff in Österreich, sprach Mag. Dr. Eduard Waidhofer, Theologe, Psychologe und Psychotherapeut über seine Erfahrungen als ehemaliger Leiter des Familientherapie-Zentrums und der Männerberatung des Landes OÖ. Während seiner Amtsperiode wurde diese Einrichtung verwirklicht und ausgebaut. Er ist seit Jahrzehnten ein Kenner der Männerarbeit und hat überblicksmäßig die Situation in Deutschland, Österreich und Oberösterreich dargestellt. „Burschen machen nicht nur mehr Probleme, Burschen haben auch mehr Probleme". Diese These unterstrich Waidhofer mit Fakten und Zahlen aus Schule (PISA-Studien), Kriminalstatistiken, Informationen von Beratungsstellen und soziologischen Erhebungen. Ebenso stellte er klar, dass „DIE Burschen" keine homogene Gruppe sind, und daher unterschiedliche Ansätze des Agierens auf ihre Bedürfnisse notwendig sind.
Weil jungen Burschen männliche Bezugspersonen für ihr Erwachsenwerden fehlen, benötigt es „reale Vorbilder". Diesen „Vaterhunger" hat nicht nur der Theologe und amerikanischen Männerforscher Richard Rohr festgestellt, es liegen unterschiedlichste Studien vor, die den Mangel an Männern in der Entwicklungsphase heranwach-sender Männer feststellen.
In der Presseaussendung der KMB bringt Dr. Franz Gütlbauer, der Obmann der Katholischen Männerbewegung, die Beweggründe der Kooperation mit dem Landesjungendreferat auf den Punkt wenn er meint "dass die Auseinandersetzung mit den Lebenswelten der Männer nicht früh genug beginnen kann, und diese Kooperation sicherlich Früchte trägt".
Ein weiterer Referent an diesem Nachmittag war Mag. Romeo Bisutti aus Wien, der als (Gewalt-)Berater den Blick auf diejenigen richtet, die mit der Situation der Gewalt beim Erwachsenwerden konfrontiert sind. Zunächst stellte er die „einfache" Frage, was von jedem und jeder der Anwesenden als Gewalt eingeschätzt wird (Beispiel Boxkampf) und verwies auf unterschiedlichstes Material und Hilfestellung, die in den letzten Jahren aufgrund von Initiativen entstanden sind. Je früher über Konfliktsituationen gesprochen wird, desto besser – denn „Feuerwehr-Aktionen" zeugen meist schon von klaren und verhärteten Fronten, wo eine kurzfristige Lösung angestrebt wird, aber dies (meist) nachhaltig keinerlei Veränderung bewirkt. Der Vortrag war mit praktischen und auflockernden Übungen versehen, sodass alle TeilnehmerInnen gefordert waren.
Anschließend stellten die beiden Moderatoren Dr. Florian Kainzner vom Landesjugendreferat und Mag. Reinhard Kaspar von der Katholischen Männerbewegung die Experten für die Methode WorldCafe vor. In jeweils drei zwanzigminütigen Runden erhielten die Anwesenden Tipps aus dem Erfahrungsschatz der Experten.
„Burschen und Spiritualität" mit MMag. Peter Ebner, der als Theologe und Freizeitpädagoge vor allem die Aktion „Nacht des Feuers" für Firmlinge und deren männliche Paten vorstellte.
„Outdoorpädagogik mit männlichen Jugendlichen" durch Klaus Gutwald, der freiberuflich als Spielepädagoge und Humorberater tätig ist, zeigte auf, dass Kreativität, Spieltrieb und Humor von jung bis alt genutzt werden kann. Jugendliche dort abzuholen, wo sie stehen, herauszuarbeiten, dass ein Miteinander oftmals besser ist als gegenseitige Konkurrenz sowie Spaß haben durch das erreichen gesetzter Ziele fanden großes Interesse.
Nach den drei WorldCafe-Runden gaben die drei Workshopleiter noch ein Feedback.
„Was machst du (genau)?" war die zentrale Frage an Andreas Kolberger. „Welche Methoden kann man anwenden, um geschlechtsspezifisches Arbeiten erfolgreich durchzuführen?", die Frage an Klaus Gutwald und an Peter Ebner „Wie kann man im nicht christlichen Kontext mit Männern zu einem „angreifbaren" Ergebnis kommen?"
In angenehmer Atmosphäre wurden bei einem Buffet die Inhalte noch vertieft.
Reinhard Kaspar, 18.4.2013