Wie Dialog gelingen kann
Wenn wir uns in Männerrunden, am Stammtisch, in der Verwandtschaft treffen, kommt es immer wieder zu Missverständnissen, weil wir aneinander vorbeireden oder uns nicht genau genug zuhören. Die Gesprächsregeln, die Papst Franziskus zusammenfasst, können viele Missver-ständnisse vermeiden.
So gelingt die Übung
- Jede/r in der Kleingruppe liest sich EINEN Absatz durch, und erzählt dann das der Gruppe, was er sich selbst gemerkt hat.
- Im Plenum darf dann nur mitgeteilt werden, was man in der Kleingruppe GEHÖRT (nicht selbst gesagt!) hat …
- Und immer den Namen dazusagen, wer das gesagt hat.
Der Dialog
137. Sich Zeit lassen, wertvolle Zeit, die darin besteht, geduldig und aufmerksam zuzuhören, bis der andere alles gesagt hat, was er nötig hatte. Das erfordert die Askese, nicht mit dem Reden zu beginnen, bevor der passende Moment gekommen ist. Anstatt anzufangen, Meinungen zu äußern und Ratschläge zu erteilen, muss man sich vergewissern, ob man alles gehört hat, was der andere zu sagen hat. Das schließt ein, ein inneres Schweigen einzunehmen, um ohne „Störsignale“ im Herzen oder im Geist zuzuhören: alle Eile abzustreifen, die eigenen Bedürfnisse und Dringlichkeiten beiseite zu lassen und Raum zu geben. Oftmals braucht einer … nicht eine Lösung seiner Probleme, sondern nur, angehört zu werden. Er muss spüren, dass man sein Leid, seine Enttäuschung, seine Angst, seinen Zorn, seine Hoffnung, seinen Traum erfasst hat …
138. Die Gewohnheit entwickeln, dem anderen wirkliche Bedeutung beizumessen. Es geht darum, seine Person zu würdigen und anzuerkennen, dass er ein Recht hat, zu existieren, selbständig zu denken und glücklich zu sein. Niemals darf man die Bedeutung dessen, was er sagt oder worüber er sich beschwert, schmälern, auch wenn es nötig ist, den eigenen Gesichtspunkt zum Ausdruck zu bringen. Es liegt hier die Überzeugung zugrunde, dass alle etwas beizutragen haben, weil sie über eine andere Lebenserfahrung verfügen, weil sie etwas aus einer anderen Perspektive betrachten, weil sie andere Sorgen entwickelt haben und weil sie andere Talente und Intuitionen haben. Es ist möglich, die Wahrheit des anderen zu er-kennen, den Wert seiner tiefsten Besorgnisse und den Hintergrund dessen, was er sagt, sogar hinter aggressiven Worten. Darum muss man danach trachten, sich in ihn hineinzuver-setzen und zu versuchen, den Grund seines Herzens zu verstehen, herauszufinden, was ihn begeistert, und diese Leidenschaft zum Ausgangspunkt für eine Vertiefung des Dialogs machen.
139. Geistige Weite, um sich nicht versessen hinter einigen wenigen Ideen zu verschanzen, und Flexibilität, um die eigenen Meinungen ändern oder ergänzen zu können. Es ist möglich, dass sich aus meinen Gedanken und denen des anderen eine neue Synthese ergeben könnte, die uns beide bereichert. Die anzustrebende Einheit ist nicht Einheitlichkeit, sondern eine „Einheit in der Vielfalt“ oder eine „versöhnte Verschiedenheit“. In diesem Stil bereichernder geschwisterlicher Gemeinschaft begegnen sich die Unterschiede, sie respektieren und würdigen sich gegenseitig, behalten aber verschiedene Nuancen und Akzentuierungen bei, die dem gemeinsamen Wohl zugutekommen. Man muss sich befreien von der Verpflichtung, gleich zu sein …
141. Damit der Dialog der Mühe wert ist, muss man etwas zu sagen haben, und das erfordert einen inneren Reichtum, der seine Nahrung bezieht aus der Lektüre, der persönlichen Reflexion, dem Gebet und der Offenheit gegenüber der Gesellschaft. Andernfalls werden die Gespräche langweilig und substanzlos …