Über den 1943 von den Nazis hingerichteten und 2007 seliggesprochenen Wehrdienstverweigerer aus dem oberösterreichischen Innviertel sagte Mitterer, dieser sei im Unterschied zur Einschätzung vieler keineswegs depressiv, schwermütig und „nur aus dem Glauben heraus“ motiviert gewesen. Jägerstätter sei vielmehr sehr lebensfroh gewesen. „Er hat nur genau das Evangelium gelesen“, so der aus Tirol stammende Erfolgsautor.
Mitterer, der in seinem Schaffen auch immer wieder religiöse Themen aufgriff, bezeichnete es als „eine unglaubliche Frechheit zu sagen, wenn er’s aus dem Glauben heraus tut, dann ist das kein gutes Motiv“. Äußerst erhellend bei seinen Recherchen über die Person des NS-Märtyrers sei die Begegnung mit dessen ebenfalls tiefgläubiger Witwe Franziska gewesen, berichtete Mitterer. Sie habe trotz großem Unverständnis für die Entscheidung ihres Mannes und mancher Anfeindungen auch lange nach Kriegsende „versucht, den Menschen da zu erklären, sie sollen dem Franz bitte nicht bös sein“. Jägerstätter sei nie selbstgerecht gewesen, habe vielmehr „gezweifelt, ob er das überhaupt darf, hat niemandem Vorwürfe gemacht“. Über seine Weigerung, Teil eines Vernichtungskrieges zu sein, habe er nur immer gesagt, „ich kann’s halt nicht“.
Als Mitterer mit der im März im Alter von 100 Jahren verstorbenen Franziska Jägerstätter sprach, sei er "draufgekommen auf die unglaubliche Liebesgeschichte zwischen den beiden, die angedauert hat bis zu ihrem Tod". Sein Stück hätte laut dem Autor auch „Franz und Franziska“ heißen können.
Stück rankt sich um Frage nach dem Warum
Schon am vergangenen Wochenende hatte Mitterer in der „Kurier“-Beilage „Freizeit“ davon gesprochen, die Frage nach dem Warum von Jägerstätters bewussten Gang zum Schafott sei auch wesentlicher Bestandteil seines Stückes. Auch der Wehrdienstverweigerer selbst sei immer wieder mit dem Einwand konfrontiert gewesen, sein Tod werde nichts ändern. „Als ich dann erfahren habe, dass Kriegsdienstverweigerer in Amerika sich auf Jägerstätter berufen, war das meine Rettung“, so Mitterer wörtlich. „So konnte ich einen Sinn in seinem Tod sehen.“
Mitterer wies auf den katholischen US-Soziologen Gordon Zahn hin, der 1964 das Buch „In Solitary Witness. The Life and Death of Franz Jägerstätter“ veröffentlichte und den oberösterreichischen Bauern damit im angelsächsischen Raum bekanntmachte. Jägerstätter habe auch die von Zahn mitgegründete Friedensbewegung Pax Christi inspiriert und indirekt Einfluss auf das Zweite Vatikanische Konzil und dessen Anerkennung des Rechtes auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen.
„So eine Rolle findet man einmal im Leben“
Als „ein ganz tolles Stück"“ bei dem man „als Schauspieler immer wieder an seine persönliche Schmerzgrenzen gehen“ müsse, würdigte Hauptdarsteller Gregor Bloéb Mitterers Stück. „So eine Rolle findet man einmal im Leben. Das ist ein heftiges Geschenk“, so der Schauspieler am 11. Juni 2013 im „Kurier“. Nach der Uraufführung am 20. Juni 2013 im Theater in der Josefstadt übersiedelt die Produktion unter Intendant Bloéb ab 3. Juli zum Theatersommer Haag, ehe sie im Herbst wieder nach Wien zurückkehrt.
„Ich wollte zum Abschluss meiner fünfjährigen Intendanz in Haag ein Stück von Relevanz. Eines, das unter die Haut geht und mehr Fragen stellt, als sie zu beantworten“, sagte Bloéb. Jägerstätter habe ihn „einfach nicht mehr losgelassen. Ich habe vor vielen Jahren den Film von Axel Corti gesehen, und irgendwie hat mich dieser Mensch interessiert. Vielleicht auch, weil er so ein sturer Hund war.“
Bloéb erinnerte auch an unbekannte Seiten des Seligen: „Der junge Jägerstätter war alles andere als lammfromm. Der hatte das erste Motorrad im Ort, war in Wirtshausschlägereien verwickelt, hat getrunken, war Vater einer unehelichen Tochter – Heilige und Selige sehen anders aus.“ Aber dann habe er die Bibel gelesen, „immer und immer wieder, bis zur letzten, letalen Konsequenz. Das ist schon imponierend.“
Quelle: www.kathpress.at
(be)