Wo das nationalsozialistische Terrorregime im KZ-Lager Gusen und der Stollenanlage "Bergkristall" 40.000 Menschen das Leben kostete. Auf dem Kirchenvorplatz soll ab 2014 eine "Passage gegen das Vergessen" an die NS-Verbrechen und den Widerstand dagegen - namentlich durch den Priester und Pädagogen Johann "Papa" Gruber - erinnern.
Das vom Verein "Plattform Papa Gruber" initiierte Projekt besteht aus mehreren Etappen, etwa der Umbenennung des Pfarrheims in "Johann-Gruber-Haus", der Anbringung einer weißen Textzeile quer über den von Pflanztrögen und Sitzbänken leer geräumten Platz vor der Pfarrkirche, der Verhüllung des Kriegerdenkmals und der Errichtung eines zweigeteilten Spiegelsteges, der auf die Örtlichkeiten des Lagers Gusen und des "Bergkristall"-Stollens verweist. Gestalterin ist die Künstlerin Renate Herter aus Berlin, die auch Professorin an der Kunstuniversität Linz war.
Unter dem Titel "Pfarre riskiert mit Denkmal Aufregung und Widerstand" berichten die "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN) am Dienstag allerdings auch von Widerstand gegen das Projekt. Nachdem beim Erntedankfest über das Leerräumen des Kirchenplatzes informiert wurde, hätten sich kritische Stimmen erhoben. "Wir mussten in den vergangenen Wochen einiges an Kritik einstecken. Das Projekt regt auf und wird auch weiterhin aufregen", bestätigte Plattform-Sprecher Christoph Freudenthaler. Deshalb wolle man in einem wertschätzenden Dialog über die Hintergründe und die weiteren Umsetzungsschritte möglichst breit und umfassend informieren.
"Das Besondere an dem Projekt ist, dass hier nicht nur ein Monument aufgestellt, sondern ein Prozess gestartet wird, der unsere Wahrnehmung für den Kirchenvorplatz wieder schärft", erklärte Pastoralassistentin Monika Weilguny den OÖN. Sie wies auch auf die Bedeutung der Kriegerdenkmal-Verhüllung im kommenden Jahr hin, die mit einer Vergegenwärtigung der Biografien der dort eingravierten Namen einhergehen soll. "Das waren junge Männer, manchmal noch keine 20 Jahre alt - auch sie sind Opfer", betonte Weilguny.
Auch Bürgermeister Erich Wahl ist davon überzeugt, dass mit der "Denk.Statt Papa Gruber" ein neues Kapitel in der Erinnerungskultur aufgeschlagen werde. "Wir müssen uns lösen von der Gegenüberstellung von Tätern und Opfern. Die ’Passage gegen das Vergessen’ kann dazu beitragen, einen neuen Umgang mit der historischen Realität zu entwickeln, mit der wir in St. Georgen unweigerlich konfrontiert sind", so Wahl gegenüber den OÖN.
Ein Info-Abend ist am 24. Oktober mit Historikern und Kunstexperten im Pfarrheim St. Georgen geplant. Themen werden die Person Johann Gruber, das geplante Kunstprojekt und eine zeitgemäße Erinnerungskultur sein.
Gruber wurde am Karfreitag 1944 ermordet
Der auch "Engel von Gusen" genannte oberösterreichische Priester und Pädagoge Johann Gruber stand den Nationalsozialisten von Beginn an ablehnend gegenüber. Bereits im Mai 1938 wurde er unter dem Vorwurf unsittlichen Verhaltens gegenüber seinen Schülern inhaftiert und danach medienwirksam zu zwei Jahren schwerem Kerker in der Strafanstalt Garsten verurteilt.
1940 kam der auch in Haft Unbeugsame in das Konzentrationslager Dachau, danach über Mauthausen in das Konzentrationslager Gusen. Dort organisierte der vorerst als Pfleger tätige Gruber heimlich Medikamente für die Kranken und setzte sich als Kapo für die Kindern und Jugendlichen im KZ ein. Er baute eine geheime Hilfsorganisation für Häftlinge auf und ein Informationsnetz nach außen, das erst im März 1944 aufgedeckt wurde. Gruber kam ins Lagergefängnis, wurde drei Tage lang gequält, bis ihn schließlich am 7. April 1944 (dem Karfreitag 1944) Schutzhaftlagerführer Seidler mit den Worten "Du sollst verrecken, wie Dein Meister, zur dritten Stunde" höchstpersönlich schwer misshandelte und zu Tode brachte.
(kathpress/ej)