Der in Linz aufgewachsene SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann galt als Organisator der Judentransporte in die Todeslager des NS-Regimes. Als Mitverantwortlicher für die mörderische „Endlösung der Judenfrage“ konnte sich Eichmann nach der Niederlage Nazi-Deutschlands vorerst der Verantwortung entziehen und nach Argentinien absetzen. Dort stöberten ihn 1960 Agenten des israelischen Geheimdienstes Mossad auf und brachten ihn nach Israel, wo er vor Gericht gestellt wurde. Adolf Eichmann wurde zum Tod verurteilt und am 31. Mai 1962 hingerichtet.
Der Prozess gegen Adolf Eichmann ist nun Gegenstand einer neuen Ausstellung, die in der Jerusalemer Holocaust-Gedenk- und Forschungsstätte Yad Vashem entwickelt wurde. Die deutsche Produktion wurde von den Österreichischen Freunden von Yad Vashem mitfinanziert. In Zusammenarbeit mit der Stadt Linz wird sie nun zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum gezeigt.
In ihren Grußworten zur Ausstellungseröffnung würdigte die Vizebotschafterin des Staates Israel, Galit Ronen, vor allem die mutigen Taten jener Menschen, die während der NS-Zeit unter Lebensgefahr Juden retteten und so der Vernichtungsmaschinerie entgegentraten. Jeder, der eine Seele rette, der rette die ganze Welt, zitierte Ronen aus dem Talmud. Ein kurzer Dokumentarfilm über den Prozess gegen Adolf Eichmann ließ in die erschütternde NS-Realität einblicken.
Dr. Leopold Ammerer, Richter im Ruhestand, bezeichnete in seinem Referat den lange umstrittenen Prozess gegen Adolf Eichmann als international rechtskonform. Das Verfahren habe auch den Ansprüchen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte genügt. Problematischer sei hingegen die Entführung Eichmanns aus Argentinien gewesen. Der Staat Österreich habe kein Interesse an einer Strafverfolgung gezeigt, obwohl Eichmann einen bedeutenden Teil seiner Verbrechen in Wien begangen oder von dort aus koordiniert hatte.
Vizebürgermeister MMag. Klaus Luger ging auf den historischen Hintergrund ein, vor dem Menschen wie Adolf Eichmann oder Ernst Kaltenbrunner in Linz aufwuchsen. Die gesellschaftliche Elite dieser Zeit sei deutschnational eingestellt gewesen, offen rassistisch und antisemitisch. Juden und Tschechen seien die bevorzugten Hassobjekte gewesen. Dennoch sei Adolf Eichmann zuerst wohl nicht antisemitischer eingestellt gewesen als wohl 80 Prozent der Menschen seiner Zeit. Erst die verbissene Einstellung „Eid ist Eid“ – wie er sie auch beim Prozess in Jerusalem zum Ausdruck brachte – habe ihn zum Obermeister der technokratischen Menschenvernichtung gemacht.
Vorsitzender Günther Schuster resümierte in seiner Eröffnungsrede: „Wenn wir hier diese Ausstellung zeigen, möchten wir damit erneut an den Holocaust und seine Folgen erinnern. Auch wenn manche nicht mehr hinhören und hinsehen wollen, auch wenn es bedrücken und ermüden sollte. Das Erinnern darf nie aufhören oder leiser werden. Der Holocaust ist Teil unserer Geschichte und damit Teil unserer Identität. Das Vergessen hingegen ist die Voraussetzung dafür, dass sich alles wiederholt.“
Im Rahmen der Feier wurde auch – anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages der UN – der Opfer der nationalsozialistischen Völkermorde gedacht. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, DI George Wozasek, sprach das Kaddisch für die Opfer der Shoa. Diözesanbischof em. Dr. Maximilian Aichern und der evangelische Superintendent Dr. Gerold Lehner schlossen sich mit Gebeten an.
Musikalisch einfühlsam umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung von den beiden Violinisten MMag. Ilse Kepplinger und Martin Kalista. Die Ausstellung „Der Eichmann-Prozess in Jerusalem“ ist bis 14. Februar im Foyer des Alten Rathauses Linz zu sehen.
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Quelle: Österreichische Freunde von Yad VaShem
(be)