Daher habe es auch lang gedauert, bis das Zeugnis des Märtyrers akzeptiert worden sei. Niewiadomski: "Jägerstätter war ein Prophet und Propheten haben immer einen schweren Weg". Letztlich sei er aber als positives Beispiel für die Gewissensfreiheit des Menschen vor den Vorhang geholt worden und habe die neue Richtung für die Lehre der Kirche vom gerechten Krieg vorgezeigt. Hier habe sich die Sicht der Kirche wesentlich verändert und Jägerstätter sei der "Motor dieser Veränderung" gewesen, so der Innsbrucker Theologe.
Der römische Jesuit P. Peter Gumpel wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Fall Jägerstätter nicht dafür herangezogen werden dürfe, um allen katholischen Kriegsteilnehmern ihre Entscheidung vorzuwerfen. Es sei auch nicht legitim, Jägerstätter als unbedingten Pazifisten hinzustellen. Die katholische Kirche verurteile zwar Angriffskriege, nicht aber legitime Verteidigungskriege.
Letztlich sei Jägerstätter für das erste Gebot gestorben, dafür dass er zwischen Gott und den Götzen unterscheiden konnte, betonte der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer, der im diözesanen Seligsprechungsprozess die Aufgabe des Postulators wahrgenommen hatte. Jägerstätter habe die besondere Einsicht gehabt, dass der Weg des Nationalsozialismus direkt in die Irre führe. Diese Einsicht sei auch ein Geschenk der Gnade gewesen.
Dem fügte Prof. Niewiadomski hinzu, dass der Innviertler Bauer zwar klar die Wahrheit erkannt habe und für diese auch eingestanden sei, zugleich die vielen Irrenden aber nicht verurteilt habe. Jägerstätter sei ein zutiefst Gläubiger, aber kein Fanatiker gewesen.
Einig waren sich Niewiadomski und der Historiker Peter Huemer darüber, dass Jägerstätter auch heute aus seinem Glauben heraus politisch aktiv wäre. Er würde sich etwa im Asyl- und Menschenrechtsbereich praktisch engagieren und sich mit den österreichischen Behörden anlegen.
Zur Frage, ob Jägerstätter als Vorbild dienen kann, stimmten beide zu, während der Politikwissenschaftler Andreas Maislinger sich skeptischer äußere. Er wolle zumindest für den Aspekt, dass Jägerstätter sein Gewissen über die Familie stellte, ein großes Fragezeichen stellen. Zugleich hege er aber große Hochachtung vor der Entscheidung des Innviertler Bauern.
Maislinger wies auch darauf hin, dass Österreich immer noch kein eindeutiges Verhältnis zum Nationalsozialismus und zur Frage, ob man Opfer oder Täter sei, gewonnen habe. Das komme auch in der öffentlichen Diskussion um Jägerstätter deutlich zum Ausdruck. Die Person des Märtyrers fordere nach wie vor zur Auseinandersetzung heraus.
Peter Huemer kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Ehrungen, die derzeit Jägerstätters Witwe Franziska zu Teil werden, eigentlich ungenügend seien. In erster Linie brauche es eine Entschuldigung von Seiten der Behörden, für das, was die Familie Jägerstätters in den ersten Jahren der Zweiten Republik erlitten habe, als man ihr von Seiten des Staates keine Hilfe zukommen lies.
Am kommenden Sonntag, 20. Mai, wäre Franz Jägerstätter 100 Jahre alt geworden.
(Kathpress, gec)