Die Feier der Seligsprechung wurde von vielen mitgetragen, die eine besondere Beziehung zum neuen Seligen haben. Seine 94jährige Witwe Franziska Jägerstätter überbrachte nach dem Verlesen des päpstlichen Schreibens eindrucksvoll eine Reliquie aus der Urne Franz Jägerstätters an Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz. Besonders berührend war der Moment, als Franziska Jägerstätter vor der Übergabe das Reliquiar küsste.
Bischof Schwarz sagte in seiner Predigt, dass Franz Jägerstätter eine Frage bis heute mitgebe: „Ist es auch Gott wohlgefällig, was ich tue?“.
Kardinal José Saraiva Martins betonte in seinen Grußworten am Ende des Gottesdienstes: „Ich freue mich ganz besonders, heute einen verheirateten Laien und Familienvater in das Verzeichnis der Seligen einschreiben zu dürfen. In einer Zeit, wie der unseren, ist das Zeugnis des seligen Franz, seines ungebrochenen Mutes und seiner unerschütterlich starken Konsequenz ein leuchtendes Beispiel.“ Vor dem Segen erbat er den Schutz des neuen Seligen und übermittelte den apostolischen Segen des Hl. Vaters.
Über 5000 Gläubige aus aller Welt feierten die Seligsprechung mit. Rund 60 Familienmitglieder darunter die vier Töchter von Franz Jägerstätter, 27 Bischöfe und Kardinäle aus dem In- und Ausland, VertreterInnen der Katholischen Aktion, von Pax Christi International, der Ökumene, der österreichischen und oberösterreichischen Katholischen Kirche, sowie des öffentlichen Lebens, der Sozialpartner, des Bundesheeres und Kameradschaftsbundes gaben dem neuen Seligen Jägerstätter die Ehre. Langer Applaus der Gläubigen am Beginn des Gottesdienstes begrüßte die anwesenden Ehrengäste.
Am Ende der Feier wurde Franziska Jägerstätter und ihre Töchter, sowie Hildegard Stockinger von hunderten Gläubigen umringt. Darüber hinaus strömten unzählige Gläubige zur Verehrung Franz Jägerstätters zum Reliquiar vor den Altar im Linzer Mariendom.
Am Samstag, 27.10. wird in der Pfarrkirche Ostermiething eine Nacht des Gebetes von 20.00-24.00 Uhr veranstaltet.
Zur ersten Eucharistiefeier im Gedenken an den neuen Seligen Franz Jägerstätter am Sonntag, 28.10.2007 um 10.00 Uhr in der Pfarrkirche St. Radegund laden die Pfarre St. Radegund und die Diözese Linz herzlich ein.
Ritus der Seligsprechung
Bischof Dr. Manfred Scheuer und Bischof em. Dr. Maximilian Aichern traten mit der Bitte um die Seligsprechung am Beginn des Gottesdienstes vor Kardinal José Saraiva Martins.
Bischof Scheuer verlas die Petitio, eine Lebensbeschreibung, in der Jägerstätters Leben und Martyrium gewürdigt wird.
Kardinal Martins verkündete daraufhin im Auftrag des Hl. Vaters das päpstliche Schreiben mit dem Papst Benedikt XVI. Franz Jägerstätter in das Buch der Seligen eingetragen hat.
Wir entsprechen der Bitte, unseres Bruders Ludwig Schwarz, des Bischofs von Linz, und vieler anderer Brüder im Bischofsamt sowie vieler Gläubigen und gewähren nach Einholung des Gutachtens von der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen kraft unserer Apostolischen Autorität, dass der verehrungswürdige Diener Gottes
Franz Jägerstätter Märtyrer, Familienvater, fortan als Seliger angerufen werden kann. Er hat sein Leben hingegeben in hochherziger Selbstverleugnung, mit aufrichtigem Gewissen in Treue zum Evangelium und für die Würde der menschlichen Person.
Sein Fest darf jährlich am 21. Mai, seinem Tauftag, an den Orten und in der Weise, wie das Recht dies vorsieht, gefeiert werden. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Gegeben zu Rom bei Sankt Peter im Jahre des Herrn 2007, dem dritten Unseres Pontifikates.
PP Benedictus XVI
In einer Prozession wurde anschließend das Reliquiar mit den Reliquien von Franz Jägerstätter zum Altar gebracht. Das Reliquiar, geschaffen von Herbert Friedl, enthält eine schriftliche Aufzeichnung Jägerstätters von seinem Traum im Jänner 1938, durch den er vor den Schrecknissen der Nationalsozialisten gewarnt wurde, sowie eine Reliquie, welche der Urne des Seligen entnommen wurde.
Die Reliquien wurden von der Gattin des Seligen, Franziska Jägerstätter, dem Pfarrer von St. Radegund, Josef Steinkellner sowie dem Diakon Johann Niederreiter, dem Dechant Alfons Einsiedl, von Dr.in Erna Putz und der Generaloberin der Franziskanerinnen von Vöcklabruck, Sr. Kunigunde Dr.in Fürst, zum Altar gebracht.
Nach dem Hochamt am Hochfest Allerheiligen wird das Reliquiar im Dom beim Seitenaltar Maria, Königin der Märtyrer, aufgestellt. Ein überdimensionales Bild des Seligen wurde im Altarraum des Domes entrollt.
Wacher Sinn, kritische Unterscheidung, klare Entscheidung, Standfestigkeit
Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz ging in seiner Predigt den Motiven nach, die Franz Jägerstätter in seinem Leben geleitet haben.
„Alles steht für Franz Jägerstätter unter der Maxime der Liebe zu Gott. Diese Liebe befähigt ihn Gott mehr zu gehorchen, als den Menschen.“ Franz Jägerstätter schrieb den Satz aus dem Paulusbrief: „Nicht Kerker, nicht Fesseln, auch nicht der Tod sind imstande, einen von der Liebe Gottes zu trennen“, mit gefesselten Händen. Er vertraute in äußerster Not auf Gott.
Christsein sei für Jägerstätter „der höchste Beruf, den es auf dieser Welt gibt“. Wacher Sinn, kritische Unterscheidung, klare Entscheidung und Standfestigkeit seien im Alltag gefragt und hätten Jägerstätter geleitet im Auftreten gegen den Nationalsozialismus mit dessen menschenverachtenden, totalitären und kirchenfeindlichen Ideologien.
Die Bildung eines wohlbegründeten und letztlich eigenständigen Gewissens, das sich vom Strom der Mehrheitsmeinung nicht mitreißen lasse, seien ihm unverzichtbar gewesen, so Bischof Schwarz. „Zu fragen sei stets: Ist es auch Gott wohlgefällig, was ich tue?“ Mit der Seligsprechung stelle die Kirche Franz Jägerstätter vor als einen, dem die Seligkeit des Himmels zuteil geworden ist.
Petitio
Franz Jägerstätter wurde am 20. Mai 1907 geboren und am folgenden Tag in der Pfarrkirche von St. Radegund getauft. Als Zwanzigjähriger ging er zum Arbeiten in die Steiermark. Nach wenigen Jahren kehrte er nach Hause zurück. 1933 wurde er Vater seiner Tochter Hildegard. 1936 heiratete er Franziska Schwaninger; gemeinsam konnten sie sich über drei Töchter freuen. Franziska regte ihren Mann zur Bibellektüre und zum gemeinsamen Beten an. Seit der Hochzeit ging Franz häufig zur Kommunion.
Franz Jägerstätter berichtete mehrmals, dass er 1938 durch einen Traum vor dem Nationalsozialismus gewarnt worden sei. Nach der Machtübernahme in Österreich lehnte er jede Zusammenarbeit mit dem NS-Staat und jeden Vorteil durch ihn ab. Er erfuhr von den Gräueltaten des Nationalsozialismus, dessen gott- und menschenverachtende Politik ihn zum Widerstand bewegte.
1940/41 diente Franz als Kraftfahrer bei der Deutschen Wehrmacht. Mit einem weiteren Soldaten wurde er am 8. Dezember 1940 in Enns in den Dritten Orden des hl. Franziskus eingekleidet. Auf Betreiben seiner Heimatgemeinde St. Radegund wurde er zweimal für unabkömmlich erklärt, um am Bauernhof zu arbeiten.
Obwohl der Druck von seinen Freunden und Bekannten, auch Priestern, groß war, entschied er sich für einen konsequenten Weg des Widerstandes. Er betete und fastete, meditierte die Hl. Schrift und kam zum Schluss: „Keiner irdischen Macht steht es zu, die Gewissen zu knechten.“ Die Kraft zur Gewissensentscheidung verspürte er zusehends mehr als Gnade, für die er dankbar war. Täglich besuchte er die heilige Messe. In dieser Zeit übernahm er auch den Mesnerdienst.
1943 wurde er neuerlich einberufen, woraufhin er sich weigerte, für Hitler in den Krieg zu ziehen, und wurde in das Gefängnis in Linz überstellt. Zwei Monate Haft, Folter und Schikanen folgten. Als er sich von der Kraft des Glaubens verlassen fühlte, erinnerte er sich an das erfahrene Glück in der Ehe mit seiner Frau Franziska und deutete dieses Glück als einen bleibenden Hinweis auf die Gegenwart Gottes. Anfang Mai 1943 wurde Franz Jägerstätter nach Berlin/Tegel überstellt. Sein Antrag auf Sanitätsdienst wurde abgelehnt. Am 6. Juli verurteilte man ihn zum Tod. Gefängnisseelsorger berichteten ihm von weiteren Blutzeugen, unter anderem vom Pallottinerpater Franz Reinisch; dies gab ihm Halt und Trost.
Er und seine Frau Franziska fühlten sich verbunden mit dem leidenden Jesus, der ihnen Kraft gab. In der Gefängniszelle vertraute Franz darauf, dass „Christus nicht nur die leidende Knechtsgestalt des Karfreitags ist, sondern auch der Todesüberwinder des Ostermorgens“. So erwartete er gefasst die Begegnung mit dem Gott der Liebe, dem er versöhnt gegenübertreten wollte. Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter von Berlin nach Brandenburg an der Havel gebracht und dort um 16 Uhr am Schafott enthauptet. Der Priester Albert Jochmann, der ihn begleitete, bekannte unmittelbar nach seiner Hinrichtung: „Ich bin heute dem einzigen Heiligen in meinem Leben begegnet.“
Franz Jägerstätter ist durch seine entschiedene Lebenshaltung und durch sein Martyrium ein Prophet mit Weitblick und Durchblick. Er ist Vorbild in der Treue zum Gewissensanspruch, ein Anwalt der Gewaltlosigkeit und des Friedens, ein Warner vor zerstörerischen Ideologien. Mit gebildetem und großmütigem Gewissen sprach er das entschiedene Nein zur Idolatrie des Nationalsozialismus. Als Zeuge der Seligpreisungen gibt er dem Evangelium, der Gottes- und Nächstenliebe ein Gesicht.
Daher bittet der Bischof von Linz den Heiligen Vater, den Diener Gottes Franz Jägerstätter in die Schar der Seligen aufzunehmen.
Grußworte von Kardinal José Saraiva Martins bei der Seligsprechungsfeier von Franz Jägerstätter am 26.10.2007 im Linzer Mariendom
Präfekt der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen. Mit großer Freude im Herzen bin ich nach Linz gekommen und es ist mir eine Ehre, im Namen und Auftrag des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI diesen feierlichen Ritus der Seligsprechung des Dieners Gottes Franz Jägerstätter vorzustehen. Ich freue mich ganz besonders, heute einen verheirateten Laien und Familienvater in das Verzeichnis der Seligen einschreiben zu dürfen.
In einer Zeit wie der unseren, ist das Zeugnis des seligen Franz, seines ungebrochenen Mutes und seiner unerschütterlich starken Konsequenz ein leuchtendes Beispiel. Ich erbitte der Diözese Linz den besonderen Schutz des neuen Seligen, des Märtyrers Franz Jägerstätter, und ich übermittle gerne dem Volk Gottes in dieser Diözese den besonderen Apostolischen Segen des Heiligen Vaters Papst Benedikt XVI. Er gilt zunächst dem hochwürdigsten Hirten dieser Ortskirche, seiner Exzellenz Bischof Ludwig Schwarz, dann allen Priestern und Diakonen, den Ordensleuten und allen Brüdern und Schwestern im Glauben. Dieser Segen begleite Euch auf dem Weg zu der Heiligkeit, zu der wir alle berufen sind.
Feierheft
Predigt Bischof Schwarz bei der Seligsprechung
Ehrengäste bei der Seligsprechung