Mittwoch 20. November 2024

11. Jägerstätter-Sternwallfahrt: „Stärker nach dem Gewissen fragen“

Zum 11. Mal machte sich die Katholische Männerbewegung (KMB) am 26. Mai 2018 auf nach St. Radegund, um auf den Spuren von Franz und Franziska Jägerstätter zu pilgern. Leitsatz der diesjährigen Sternwallfahrt: „Der Preis des Lebens oder Leben um jeden Preis“.

 

 

Aus allen Richtungen kamen die Pilger per Auto, zu Fuß und vor allem mit dem Rad zum Jägerstätterhaus. Die 11. Jägerstätter Sternwallfahrt der KMB nach St. Radegund am 26. Mai 2018 thematisierte heuer besonders den Wert und die Würde des menschlichen Lebens.

 

11. Jägerstätter-Sternwallfahrt nach St. Radegund
Viele waren mit dem Rad nach St. Radegund gekommen.
Stärkung beim Jägerstätter-Haus.
V. l.: Wolfgang Bögl, Jägerstätter-Biografin Erna Putz, Bernhard Steiner

© KMB Diözese Linz

 

 

„Franz Jägerstätter wäre heute sicher aktiver KMBler“

 

Der Obmann der Katholischen Männerbewegung der Diözese Linz DI Bernhard Steiner betonte in seinen Grußworten: „Franz Jägerstätter wäre heute sicherlich aktiver KMBler. Als Mann mit Ecken und Kanten, liebevoller Vater und Familienmensch ist er besonders heute Vorbild für die Männer. Mit seiner Klarheit im Denken und Tun ist Franz Jägerstätter für uns Christen wirkmächtiger Zeuge der befreienden Kraft des Glaubens.“

 

Begrüßung durch KMB-Diözesanobmann DI Bernhard Steiner

Begrüßung durch KMB-Diözesanobmann DI Bernhard Steiner.  © KMB Diözese Linz

 

Schon vor seiner Seligsprechung im Jahr 2007 hatte die KMB begonnen, sich mit Franz Jägerstätter als Identifikationsfigur für katholische Männer zu beschäftigen. Sein Leben und auch seine Bereitschaft, für seinen Glauben und seine Überzeugungen einzutreten, sind für die KMB Anstoß und Herausforderung.

 

In einem einstündigen Workshop mit Wolfgang Bögl zum diesjährigen Leitmotto der Wallfahrt („Der Preis des Lebens oder Leben um jeden Preis“) wurde ein sehr persönlicher Zugang gewählt. Die TeilnehmerInnen waren eingeladen, dem EIGENEN Wert und der EIGENEN Würde nachzuspüren.

 

Workshop zum Wert des Lebens mit Wolfgang Bögl

Workshop zum Wert des Lebens mit Wolfgang Bögl. © KMB Diözese Linz

 

Streben nach Heiligung

 

Anschließend ging es zu Fuß auf dem Jägerstätterweg zur Kirche nach St. Radegund mit einem kurzen Innehalten beim Friedensdenkmal.

 

Ein stärkeres Hören auf das Gewissen und dessen bewusste Formung und Reifung müsse die Konsequenz einer Konfrontation mit dem Märtyrer und NS-Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter (1907-43) sein: Das betonte der Passauer Domkapitular Gerhard Auer in seiner Predigt beim Gottesdienst im Rahmen der 11. Sternwallfahrt. Franz Jägerstätter sei es um die Heiligung seines Lebens gegangen, so Auer: "Unsere Seligen streben nicht danach, auf einen Sockel gestellt zu werden, damit wir sie aus der Ferne anbeten können. Jägerstätter braucht keine Bewunderer, sondern Nachfolger." Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von den FranzSingers, einem Musikensemble unter der Leitung von Mag. Berthold Zethofer von der Pfarr Wels-St. Franziskus.

 

 

Franz Jägerstätter: Identifikationsfigur der KMB

 

Schon vor seiner Seligsprechung im Jahr 2007 hatte die KMB begonnen, sich mit Franz Jägerstätter als Identifikationsfigur für katholische Männer zu beschäftigen. Sein Leben und auch seine Bereitschaft, für seinen Glauben und seine Überzeugungen einzutreten, sind für die KMB Anstoß und Herausforderung.

 

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde dezidiert von „unwertem Leben“ gesprochen und so die Grundlage für die Ermordung von Menschen anderer Farbe, Rasse, Religion oder sexueller Orientierung, von Kranken und Behinderten geschaffen. Ein eigentlich zufälliger Aufenthalt von Franz Jägerstätter in Ybbs an der Donau im Jahr 1941 während seiner Grundausbildung für die Wehrmacht war ein ausschlaggebender Moment für seine Entscheidung, in keiner Weise mit diesem System zu kooperieren und den Wehrdienst zu verweigern. Jägerstätter erfuhr in Ybbs vom Euthanasieprogramm der Nationalsozialisten. Von August 1940 bis Mai 1941 wurden an die 2300 Patientinnen und Patienten aus der Ybbser „Heil- und Pflegeanstalt“, einem psychiatrischen Krankenhaus, nach Hartheim transportiert und dort ermordet.

 

Im Gedenken an Franz Jägerstätter, der für seine unerschütterliche Haltung den Preis seines eigenen Lebens zahlen musste, sieht es die KMB als eine bleibende Aufgabe, wachsam und kritisch mögliche Zeichen der Zeit zu erkennen und dort mutig aufzutreten, wo Wert und Würde des menschlichen Lebens in Frage gestellt oder bedroht werden. Auch heute begegnet dieses Thema in vielen aktuellen moralischen und ethischen Fragestellungen wie Pränataldiagnostik, Abtreibung bei eugenischer Indikation, Sterbehilfe, In- bzw. Exklusion bestimmter Gruppen in unserer Gesellschaft, Umgang mit Flüchtlingen und Asylwerbenden. Christen sind gefordert, Position zu beziehen und Anwälte für lebensfreundliche Wege und Lösungen zu sein.

 

Stärkung beim Jägerstätter-Haus.
V. l.: Wolfgang Bögl, Jägerstätter-Biografin Erna Putz, Bernhard Steiner

© KMB Diözese Linz

 

 

Bereits 1938 Nein-Stimme zum Anschluss

 

Bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Österreich war Franz Jägerstätter ihr erklärter Gegner. Der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vor 80 Jahren – am 10. April 1938 – wollte er anfangs überhaupt fernbleiben. Auf Bitten seiner Frau, die negative Konsequenzen für die Familie befürchtete, nahm er doch teil, stimmte aber beim Urnengang in seinem Heimatdorf St. Radegund mit einem Nein. Von den Verantwortlichen wurde diese Nein-Stimme aber unterschlagen.

 

Franz Jägerstätter blieb nach seiner Kriegsdienstverweigerung gegenüber dem Gericht bei seiner Entscheidung, dass er als Katholik nicht mit der Waffe für den Nationalsozialismus kämpfen könne. Das Reichskriegsgericht in Berlin verurteilte ihn am 6. Juli 1943 wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode. Außerdem lautete das Urteil auf Verlust der Wehrwürdigkeit und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Am 9. August 1943 wurde Franz Jägerstätter gemeinsam mit weiteren Verurteilten nach Brandenburg an der Havel gebracht. Um 16 Uhr wurde er mit dem Fallbeil hingerichtet und seine Leiche im Krematorium der Stadt Brandenburg eingeäschert. Vöcklabrucker Schulschwestern, die in Brandenburg in einem Kindergarten arbeiteten, konnten die Urne in ihren Besitz und nach Kriegsende nach Oberösterreich bringen. Am 9. August 1946 wurde sie auf dem Friedhof in St. Radegund beigesetzt. Franziska Jägerstätter war während und auch noch nach dem Krieg Anfeindungen und Benachteiligungen ausgesetzt.

 

Erst in den 1990er Jahren setzte ein Umdenken ein. Am 7. Mai 1997 wurde als späte Rehabilitierung das Feldurteil gegen Jägerstätter aufgehoben und am 7. Oktober leitete der damalige oberösterreichische Diözesanbischof Maximilian Aichern den diözesanen Informativprozess für eine Seligsprechung ein. Nach dem Abschluss des Verfahrens 2001 wurden die Akten an die Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen weitergeleitet und Jägerstätters Martyrium am 1. Juni 2007 vom Vatikan anerkannt. Die Feier der Seligsprechung durch den Präfekten der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen Kardinal Jose Saraiva Martins fand in Anwesenheit von Jägerstätters Witwe und seiner vier Töchter am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom statt.

 

KMB Diözese Linz / Kathpress

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