Samstag 21. Dezember 2024

Verleihung der Ehrendoktorats-Würde an Jägerstätter-Biografin Erna Putz

Sie hat ihr Leben der Forschung rund um Franz Jägerstätter gewidmet und so wesentlich zu seiner Seligsprechung beigetragen. Für ihre Verdienste wurde Mag.a Dr.in Erna Putz am 6. Juni 2017 an der KU Linz die Würde einer Ehrendoktorin der Theologie verliehen.

Viele Gäste waren an die KU Linz gekommen, um mit Jägerstätter-Biografin Erna Putz ihre Auszeichnung zu feiern: Bischof Dr. Manfred Scheuer und seine Vorgänger Bischof em. Dr. Ludwig Schwarz SDB und Bischof em. Dr. Maximilian Aichern OSB, Generalvikar DDr. Severin Lederhilger OPraem, die Bischofsvikare Wilhelm Vieböck, Johann Hintermaier und Maximilian Mittendorfer, VertreterInnen diözesaner Ämter und Einrichtungen, Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Pühringer, Landtagsabgeordnete Martina Pühringer, zahlreiche VertreterInnen der KU und anderer Universitäten. Neben Familienmitgliedern, FreundInnen und WegbegleiterInnen war auch Jägerstätter-Tochter Maria Dammer unter den Gästen, ebenso wie der oberösterreichische Künstler Herbert Friedl, der in etlichen Werken die Gräuel der NS-Zeit thematisiert hat.


Grußworte wurden von Gastgeber und „Hausherr“ KU-Rektor Dr. Franz Gruber und von Diözesanbischof Manfred Scheuer gesprochen, die Laudatio hielt Generalvikar Univ.-Prof. DDr. Severin Lederhilger. Die Promotionsurkunde wurde von Promotorin Univ.-Prof.in Dr.in Hildegard Wustmans, Professorin für Pastoraltheologie und Studiendekanin der Fakultät für Theologie an der KU, verlesen und überreicht. Musikalisch gestaltet wurde die Feier vom „Pöstlingberg-Quartett“, bestehend aus Studierenden der Anton Bruckner Privatuniversität.

 

V. l.: Vizerektor Dr. Ewald Volgger, Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Rektor Dr. Franz Gruber, Ehrendoktorin Mag.a Dr.in Erna Putz, Studiendekanin Dr.in Hildegard Wustmans, LH a. D. Dr. Josef Pühringer, Generalvikar DDr. Severin Lederhilger

V. l.: Vizerektor Univ.-Prof. Dr. Ewald Volgger OT, Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Rektor Univ.-Prof. Dr. Franz Gruber, Ehrendoktorin Mag.a Dr.in Erna Putz, Studiendekanin Univ.-Prof.in Dr.in Hildegard Wustmans, Landeshauptmann a. D. Dr. Josef Pühringer, Generalvikar Univ.-Prof. DDr. Severin Lederhilger OPraem. © KU Linz / Eder

 

Würdigung eines Lebenswerks


In seinen Begrüßungsworten betonte KU-Rektor Dr. Franz Gruber, er freue sich und fühle sich geehrt, dass die Katholische Privat-Universität Erna Putz diese Auszeichnung überreichen dürfe. „Wir ehren damit das Lebenswerk einer Person, die sich mit vollem Einsatz einer Sache hingibt.“ Franz Jägerstätter sei ein Leuchtturm, so Gruber: „für unsere Glaubensgemeinschaft, für die Gesellschaft und für die Gesellschaftspolitik“. Der Selige dürfe, solle und werde nicht mehr vergessen werden, unterstrich Gruber. „Dazu bedarf es Menschen wie Erna Putz, die das kollektive Gedächtnis formen.“

 

 

„Die Erinnerung wachhalten ist Ausdruck der Liebe“


Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Magnus Cancellarius (Großkanzler) der KU und Postulator im Seligsprechungsverfahren für Franz Jägerstätter, meinte in seinen Grußworten, Selige und Märtyrer wie Franz Jägerstätter würden mit Jesus die Solidarität mit den Menschen in der jeweiligen Zeit mitvollziehen. Jägerstätter habe am Schweigen der Kirche während der NS-Zeit gelitten und ihr Verhalten im Jahr 1938 als ein Sich-gefangennehmen-Lassen empfunden. Jägerstätter selbst habe durch sein Leben und Sterben „Kirche gelebt und aufgebaut“, so Scheuer. Ein Leiden mit und an der Kirche und eine große Liebe zur Kirche verspüre er, Scheuer, auch bei Erna Putz – genauso wie eine große Lebensfreude, mit der sich Franziska Jägerstätter und Erna Putz wohl gegenseitig angesteckt hätten. Der Linzer Diözesanbischof attestierte der Jägerstätter-Biografin darüber hinaus „Feuer, verbunden mit einer großen Beharrlichkeit“. Scheuer wörtlich zu der Geehrten: „Ohne dein umfangreiches Engagement wäre Franz Jägerstätter sicher im Himmel, es wäre aber wohl nicht zu seiner Seligsprechung gekommen.“ Mit Beharrlichkeit habe Erna Putz die Geschichte Jägerstätters im Spannungsfeld zwischen Kirche und Nationalsozialismus erforscht und Überzeugungsarbeit geleistet. Die Jägerstätter-Biografin halte in Vorträgen, Symposien und an Gedenktagen des Seligen dessen Andenken und Lebenszeugnis wach. Scheuer würdigte auch das Anliegen von Erna Putz, andere Glaubenszeugen der NS-Zeit bekannt zu machen, indem sie etwa Ordensgemeinschaften wie in Wilhering oder Engelszell dazu ermutige, dies in ihren eigenen Reihen zu tun. Bischof Scheuer zu Erna Putz: „Das Vergessen dieser Zeugen hast du immer als große Lieblosigkeit charakterisiert. Die Erinnerung lebendig zu halten ist Ausdruck einer inneren Verbundenheit und Ausdruck der Liebe.“

 

Grußworte von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen

 

 

Drei Bischöfe gratulierten zur Auszeichnung (v. l.): Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Ehrendoktorin Mag.a Dr.in Erna Putz, Bischof em. Dr. Ludwig Schwarz SDB, Bischof em. Dr. hc. Maximilian Aichern OSB.

Drei Bischöfe gratulierten zur Auszeichnung (v. l.): Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Ehrendoktorin Mag.a Dr.in Erna Putz, Bischof em. Dr. Ludwig Schwarz SDB, Bischof em. Dr. hc. Maximilian Aichern OSB.  © KU Linz / Eder

 

Historischer Dienst für Kirche und Gesellschaft über Oberösterreich hinaus


In seiner Laudatio betonte Generalvikar DDr. Severin Lederhilger, Professor für Kirchenrecht an der KU Linz, Erna Putz sei das beste Beispiel dafür, dass Menschen, die sich auf das Lebens- und Glaubenszeugnis von Franz und Franziska Jägerstätter einließen, selbst verändert würden. Das Verdienst von Erna Putz liege in der historisch-theologischen Grundlagenforschung im Zusammenhang mit Franz Jägerstätter, die für dessen Seligsprechung entscheidend gewesen sei, so der Laudator. Putz habe „als akribische historisch-theologische Forscherin unzählige Stunden, Wochen, Monate und Jahre mit der Aufarbeitung der Schriften und des Lebenszeugnisses des Seligen Franz Jägerstätter sowie dessen Frau Franziska verbracht, eine fundierte Biografie erstellt und deren Bedeutung für die heutige Zeit in Kirche und Gesellschaft verdeutlicht“. Lederhilger unterstrich, dass auch er als bischöflich beauftragter Untersuchungsrichter im von 1997 bis 2001 dauernden Seligsprechungsverfahren von Putz‘ Arbeit wesentlich profitiert habe. Putz selbst sei Mitglied der historischen Sektion der Kommission zur Vorbereitung der Seligsprechung gewesen. Postulator Manfred Scheuer habe Erna Putz in dieser Zeit kennen und schätzen gelernt, so Lederhilger.


Mit zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen, akademischen Vorträgen und wissenschaftlichen Referaten habe sich die Jägerstätter-Biografin „für ein weltweites Netzwerk der Verehrung dieses vorbildhaften christlichen Zeugen unserer Diözese eingesetzt“, so Lederhilger. Besonders würdigte der Generalvikar auch die pädagogischen Aktionen und Initiativen, mit denen Erna Putz SchülerInnen die Überzeugung Jägerstätters und das Thema des christlichen Widerstands gegen menschenverachtende Regime wie die Nazi-Diktatur näherbringt. Bei Symposien und Gedenkveranstaltungen halte Putz die Erinnerung an „die beiden großen christlichen Bekennergestalten“ Franz und Franziska Jägerstätter wach. Es sei ihr auch gelungen, ein „bemerkenswertes Netzwerk von Jägerstätter-Freunden“ über die ganze Welt zu spannen.


Mit der Verleihung des Ehrendoktorates der Theologie an Erna Putz bringe die KU zugleich die „hohe Wertschätzung und Bedeutsamkeit des Seligen Franz Jägerstätter und seiner Frau zum Ausdruck, die ohne die uneigennützige Lebensleistung von Dr.in Erna Putz in dieser Weise nicht denkbar ist“. Lederhilger dankte Erna Putz für ihren jahrelangen Einsatz für das geistliche Erbe von Franz und Franziska Jägerstätter: „Sie haben für Kirche und Gesellschaft in unserem Land, ja weit darüber hinaus, einen geradezu historischen Dienst geleistet und den Weg geebnet zur weiteren theologischen, kirchenhistorischen und gesellschaftspolitischen Forschung – nicht zuletzt auch an der Katholischen Privat-Universität Linz – über einen der wesentlichsten Bekenner des Glaubens und Zeugen der Gewissensfreiheit in unserem Land.“

 

Laudatio von Generalvikar Severin Lederhilger zum Nachlesen

 

Generalvikar Severin Lederhilger hielt die Laudatio.

Generalvikar DDr. Severin Lederhilger hielt die Laudatio. © KU Linz / Eder

 

Franz Jägerstätter: Starke Gestalt des Glaubens und Reibebaum


Ehrendoktorin Erna Putz erinnerte sich in ihren Dankesworten daran zurück, wie sie für das Leben und die Geschichte von Franz und Franziska Jägerstätter zu „brennen“ begonnen hatte. Die erste Begegnung mit Franziska Jägerstätter fand im Jahr 1979 statt; Putz war damals Redakteurin der Kirchenzeitungs-Kooperationsredaktion in Salzburg. „In dem Moment, in dem ich Franz‘ Schriften zum ersten Mal in der Hand hatte, spürte ich: Dieser Mensch ist kein Sonderling, der hat eine Erfahrung mit Gott gemacht. Und: Es würde mir die Hände verbrennen, wenn ich dies nicht weitergäbe“, so die Jägerstätter-Biografin. Die Basis für ihre Arbeit an Jägerstätter sei die Anstellung als Pfarrhaushälterin in Ostermiething gewesen, in der Nähe von Jägerstätters Geburtsort St. Radegund. Erna Putz augenzwinkernd: „Eigentlich habe ich bereits zwei akademische Titel ehrenhalber. Denn weder das Magisterium in Theologie noch das Doktorat in Politikwissenschaft haben mir je in Bezug auf Anstellung oder Verdienst etwas gebracht; ich ging als Pfarrhaushälterin in Pension. Ich weiß nicht, ob ich als Redakteurin gekündigt hätte, wenn ich gewusst hätte, dass sich kein normales Berufsleben mehr ergeben würde – im Rückblick passt es allerdings.“


Putz würdigte das Engagement der Linzer Bischöfe für eine Seligsprechung Franz Jägerstätters. Der damalige Bischof Maximilian Aichern habe großes Interesse an Franz Jägerstätter gezeigt und eine Vorbereitungskommission für eine mögliche Seligsprechung eingesetzt, der auch der damalige Spiritual Manfred Scheuer angehörte. Scheuer habe das Gedenken an Franz Jägerstätter immer entscheidend mitgetragen, so Putz. Bischof Ludwig Schwarz konnte das Seligsprechungsverfahren schließlich zu seinem Abschluss bringen.


Franz Jägerstätter sah den von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkrieg als Unrecht, als Verbrechen, an dem er sich als gläubiger Mensch nicht beteiligen konnte. Für ihn kam es nicht in Frage, die Verantwortung an andere, an die „Obrigkeit“ abzugeben: Er fällte seine Entscheidung, nicht mit der Waffe in der Hand zu kämpfen, aus seinem christlichen Gewissen heraus. Putz bezeichnete in ihren Ausführungen Franz Jägerstätter als Reibebaum, an dem sich die Kirche in ihrer Diskussion um die Gewissensfreiheit des Einzelnen abgearbeitet habe: „Beim Zweiten Vatikanischen Konzil war der Fall Jägerstätter ein Mosaikstein in den Diskussionen zu Gewissensfreiheit, die zu einem neuen Menschenbild führten.“


Das Leben Franz Jägerstätters sei für sie „eine starke Geschichte des Glaubens“, die auch in der Kunst immer wieder aufgegriffen worden sei. So wurden Opern und Messen komponiert und Theaterstücke geschrieben bzw. inszeniert. Künstler verschiedener Richtungen hätten Jägerstätter als starke Gestalt des Glaubens interpretiert; der Erfolg der Theaterstücke zeige dessen Strahlkraft und Aktualität. Als Beispiel nannte Putz das Jägerstätter-Stück „Augenzeuge“ von Joshua Sobol. Es wurde 2003/2004 in Tel Aviv an die 160-mal gespielt und führte zu Diskussionen über die Problematik gewisser Einsätze israelischer Soldaten. Putz: „Manche Israelis erfuhren erst durch dieses Stück, dass es in Deutschland und Österreich Widerstand gegen das Nazi-Regime gegeben hat.“


Ehemalige Soldaten hätten sehr unterschiedlich auf den Fall Jägerstätter reagiert – von Betroffenheit, Abwehr bis hin zu Versöhnung mit dem eigenen Schicksal. Erna Putz: „Franz Jägerstätter trug zu Versöhnung bei – nicht nur bei denen, die unter dem NS-Terror gelitten hatten. Er half auch ehemaligen Soldaten der Deutschen Wehrmacht, sich der Frage des ‚Wofür‘ des Einsatzes zu stellen und sich mit der eigenen Geschichte zu versöhnen.“ Putz zitierte in diesem Zusammenhang einen Satz aus einem Buch von Manfred Scheuer über Franz Jägerstätter („Selig, die keine Gewalt anwenden. Das Zeugnis des Franz Jägerstätter“): „Selige und Heilige (…) nehmen an der Hand und wollen einen Weg der Versöhnung, Entgiftung und Entfeindung weisen.“


Dokumente aus dem Nachlass von Pfarrer Heinrich Kreutzberg, der Jägerstätter im Gefängnis betreut und ermutigt hatte, zeigten die Rolle von Franziska Jägerstätter als Drehscheibe der Kommunikation über ihren Mann. Deshalb gelte die Auszeichnung mit dem Ehrendoktorat „nicht nur einer Person, sondern einem ganzen Netzwerk. Sie gilt all denen, die das Gedenken an Franz und Franziska Jägerstätter mitgestaltet und mitgetragen haben“, so Erna Putz bescheiden. Ihr Wunsch an alle Anwesenden: „In einer Zeit, in der hier bei uns Gewalt und Unrecht herrschten, gab es Menschen, welche sich auch ärgstem Druck nicht beugten und uns das Zeugnis von Verantwortung und Mitmenschlichkeit hinterließen. Geben wir dieser Wolke von Zeugen einen Platz in unseren Köpfen und in unseren Herzen.“

 

Ehrendoktorin Erna Putz bei ihren Dankesworten.

Ehrendoktorin Erna Putz bei ihren Dankesworten. © KU Linz / Eder

 

Lebenslauf von Erna Putz


Erna Putz, geboren am 3. Mai 1946, absolvierte nach der Mitarbeit in der Landwirtschaft der Eltern die Ausbildung zur Seelsorgehelferin und Religionslehrerin und übte diese Berufe mehrere Jahre lang aus. Erna Putz studierte Theologie sowie Politik- und Kommunikationswissenschaften (Dissertation über Franz Jägerstätter) und arbeitete anschließend als Redakteurin der KirchenZeitungs-Kooperationsredaktion in Salzburg. Im Rahmen einer Recherche für eine Pfarrreportage über St. Radegund kam sie zufällig mit Franziska Jägerstätter in Kontakt. Sie gab in der Folge ihren Beruf auf und wurde 1980 Pfarrhaushälterin in Ostermiething. Durch die örtliche und persönliche Nähe zu Franziska Jägerstätter konnte sie 1985 die bis heute maßgebliche Biografie über Franz Jägerstätter verfassen und die Briefe sowie Schriften Jägerstätters herausgeben. Seit 2008 ist Erna Putz als Haushälterin in Pension und lebt in ihrer Heimat Ohlsdorf. Bis heute setzt sie sich unermüdlich dafür ein, besonders junge Menschen mit dem Lebenszeugnis von Franz und Franziska Jägerstätter vertraut zu machen.

 

Zu ihren bisherigen Ehrungen und Auszeichnungen zählen u. a. der Solidaritätspreis der Linzer KirchenZeitung (2002) und das Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich (2008). Im Dezember 2013 ernannte Papst Franziskus die Jägerstätter-Biografin zur „Komturdame des Päpstlichen Ordens vom Hl. Papst Silvester“. Am 23. Dezember 2013 überreichte ihr der damalige Linzer Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz in einem Festakt im Linzer Priesterseminar den Silvester-Orden.

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