Der Internationale Versöhnungsbund, Pax Christi, die Mesnergemeinschaft der Diözese Linz, das Bildungshaus St. Franziskus und die KirchenZeitung beteiligten sich als Kooperationspartner. Aus allen Richtungen kamen Pilger zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem Auto/Autobus nach St. Radegund.
Bereits am Fest Christi Himmelfahrt (25. Mai 2017) brach eine Pilgergruppe von Obertrum in Richtung St. Radegund auf. Dabei folgte die Gruppe weitgehend dem Europäischen Pilgerweg Via Nova. Am gleichen Tag war aus St. Pölten eine Pilgergruppe aus Mitgliedern der KMB St. Pölten und der Berufsgemeinschaft Katholischer MesnerInnen mit dem Pilgerbus ins Innviertel aufgebrochen. Am 27. Mai selbst kamen Menschen zu Fuß von Ostermiething, mit dem Fahrrad von Pischelsdorf und eine Gruppe von Passauer Pilgern nach St. Radegund.
© Klaus Mastalier
Der dreitägige Pilgerweg war inhaltlich vom Motto der Wallfahrt geprägt. Wesentlich ging es dabei um die „Verheutigung“ der Haltungen und Werte Franz Jägerstätters in folgenden Fragestellungen:
Abt Johannes Perkmann vom Kloster Michaelbeuern, dem Ort der ersten Übernachtung, gab der Gruppe am ersten Abend wertvolle Impulse mit auf den Weg. Unter Bezug auf den Leitsatz der Sternwallfahrt „Mutig gegen den Strom schwimmen“ wies Abt Johannes darauf hin, dass es neben dem Mut, GEGEN Ungerechtigkeiten oder Fehlentwicklungen aufzutreten, vor allem auch den Mut braucht, in der Nachfolge Jesu FÜR etwas einzutreten und einzustehen: für Aufrichtigkeit und Konsequenz, für Versöhnung, für Barmherzigkeit und für Demut.
Pilgergruppe mit Abt Johannes Perkmann. © Reinhard Kaspar
In wunderbarer landschaftlicher Umgebung und bei hervorragendem Wanderwetter ging es natürlich auch um ein achtsames Wahrnehmen der Natur und der kulturellen Schätze und Kostbarkeiten auf dem Weg. Ganz wesentlich war das Erleben der Gemeinschaft und der Verbundenheit unter den Männern.
Am Tag der Sternwallfahrt, am 29. Mai 2017, gestaltete Pete Hämmerle vom Internationalen Versöhnungsbund beim Jägerstätterhaus einen kleinen "Schwimmkurs" in gewaltfreiem Handeln und stellte den Bezug zum Thema Zivilcourage her.
Workshop mit Peter Hämmerle. © Reinhard Kaspar
Den feierlichen Abschluss bildete der Festgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer in St. Radegund, der vom "Chor Fidelis" aus Burghausen musikalisch gestaltet wurde. Der Linzer Diözesanbischof bezeichnete den NS-Deserteur und Seligen Franz Jägerstätter als "Dolmetscher Gottes in einer Zeit der gott- und menschenverachtenden Barbarei". Jägerstätter "verleiblicht das 'Ich widersage' des Taufbekenntnisses gegenüber den Verlockungen und Verführungen des Bösen, gegen Vergötzungen von Nation und Rasse und hält dafür den Kopf hin".
Feierlicher Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Radegund. © Reinhard Kaspar
Jägerstätter habe den Mut zur Wahrheit und zur Gerechtigkeit, "obwohl damit massive Gefahren für sein eigenes Leben verbunden waren. Er war 'guten Mutes', für die Wahrheit Gottes Zeugnis zu geben und entsprechend den ZuMUTungen der Bergpredigt vorrangig Gottes Reich zu suchen". Er habe es für unvereinbar gehalten, so Scheuer, Soldat Christi und zugleich Soldat für den Nationalsozialismus zu sein, "unvereinbar, für den Sieg Christi und seiner Kirche und zur selben Zeit auch für die nationalsozialistische Idee und für deren Endsieg zu kämpfen".
Er sei ein Prophet mit einem Weitblick und Durchblick, wie ihn damals die wenigsten seiner Zeitgnossen hatten, er sei Vorbild in der Treue zum Gewissensanspruch, Anwalt der Gewaltlosigkeit und des Friedens, Warner vor Ideologien, "er ist ein gläubiger Mensch, dem Gott wirklich Mitte und Zentrum des Lebens war". Aus einem gebildeten und reifen Gewissen heraus habe er, so Scheuer, ein entschiedenes Nein zum Nationalsozialismus gesagt und sei wegen seiner konsequenten Weigerung, in Hitlers Krieg als Soldat zu kämpfen, hingerichtet worden. "Jägerstätter hat objektiv Zeugnis für die Wahrheit und für die Gerechtigkeit, insofern sie auf Gott bezogen sind, abgelegt."
Jägerstätter habe auch der Mut zur Verantwortung ausgezeichnet. Sehr deutlich spreche er von Verantwortung und Verantwortungslosikgiet, von Sünde und Schuld. "Noch immer sind viele der Ansicht, dass über das ganze Toben des Krieges, das schon bald die ganze Welt erfasst hat, nur einige die Schuld und Verantwortung tragen", zitierte Scheuer aus den Aufzeichnungen Jägerstätters.
Insofern sei er auch eine Anfrage an jeden und jede Einzelne/n. "Er lässt sich nicht einfach bewundern, ohne zugleich die Frage an die eigene Biografie zu richten." Selige wie er seien nicht nur Therapie, "sie sind auch schmerzliches Gericht, in dem die Wahrheit Gottes und des Menschen aufleuchtet. Die Begegnung mit Franz Jägerstätter soll uns nicht vor der notwendigen Scham bewahren, nicht vor dem Beklagen und der Klage, nicht von der Umkehr, schon gar nicht vor der Nachfolge."
Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen
Bischof Manfred Scheuer bei seiner Predigt in der Pfarrkirche St. Radegund. © Reinhard Kaspar
Franz Jägerstätter, Sohn einer ledigen Bauernmagd, war Bauer, Mesner und Familienvater in St. Radegund (Oberösterreich). Er verweigerte jede Zusammenarbeit mit dem Nationalsozialismus, da ihm dieser mit dem Christentum völlig unvereinbar erschien. Nachdem er 1940 zum Militärdienst einberufen und zweimal unabkömmlich gestellt wurde, leistete er einer weiteren Einberufung nicht mehr Folge, da er den Kampf für Hitler als Sünde ansah. Für seine Erklärung, aus religiösen Gründen den Wehrdienst mit der Waffe abzulehnen und nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein zu können, wurde er verhaftet, wegen "Wehrkraftzersetzung" verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg an der Havel enthauptet.
Ab 1989 wurden im Auftrag des damaligen Linzer Diözesanbischofs Maximilian Aichern Personen, die Franz Jägerstätter gekannt haben, als Zeugen einvernommen. Der Seligsprechungsprozess wurde 1997 offiziell eröffnet und ab 1998 vom heutigen Linzer Bischof Manfred Scheuer als Postulator geleitet. Am 1. Juni 2007 bestätigte Papst Benedikt XVI. das Martyrium, woraufhin die Seligsprechung am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom stattfinden konnte. Als Gedenktag wurde der 21. Mai festgesetzt. Jägerstätters Ehefrau Franziska, die für seinen religiösen Glauben eine große Rolle spielte, verstarb am 16. März 2013, wenige Tage nach ihrem 100. Geburtstag.
Jägerstätterhaus in St. Radegund. © Klaus Mastalier