Am 9. August 2023 jährt sich der gewaltsame Tod des Seligen Franz Jägerstätter zum 80. Mal. Die Gedenkfeierlichkeiten rund um seinen Todestag sind seit 1983 ein jährlicher Fixpunkt in der Erinnerung an den NS-Kriegsdienstverweigerer. Auch heuer findet von 8. bis 9. August 2023 in St. Radegund das jährliche internationale Gedenken statt.
Franz Jägerstätter © Erna Putz
„Das Interesse an der Lebensgeschichte des Innviertler Bauern und Familienvaters sowie dessen Gattin Franziska ist ungebrochen. Unverkennbar ist zugleich, dass sich die Auseinandersetzung mit Jägerstätter in den vergangenen acht Jahrzehnten mehrfach geändert hat. Die Zugänge sind vielfältig geworden. Eine eigene Erinnerungskultur hat sich langsam entwickelt und zusehends gefestigt“, sagt Andreas Schmoller, Leiter des Franz und Franziska Jägerstätter Instituts (FFJI) an der Katholischen Privat-Universität (KU) Linz. „Neben dem Gedenken stand immer auch der Blick auf andere Figuren des NS-Widerstands sowie der Austausch über die NS-Vergangenheit in Österreich auf dem Programm. Nun rücken durch den Ukraine-Krieg historische Analogien zwischen damals und heute in den Blickpunkt und sorgen für Kontroversen“, sagt Schmoller. Welche Impulse die Beschäftigung mit Jägerstätter für brennende Fragen der Gegenwart bringt, ist immer wieder Anliegen des jährlichen Gedenkens in St. Radegund gewesen.
Dienstag, 8. August 2023:
Mittwoch, 9. August 2023
Grab von Franz und Franziska Jägerstätter in St. Radegund © Gabriele Eder-Cakl
Im Rahmen der diesjährigen Gedenkfeierlichkeiten von 8. bis 9. August 2023 in St. Radegund wird auch die neu in Deutsch und Englisch erschienene Broschüre „Franz Jägerstätter. Leben und Erinnerung“ vorgestellt. Die Broschüre zum 80. Todestag bietet einen Überblick zum Leben von Franz und Franziska Jägerstätter und enthält neues Bildmaterial. In eigenen kurzen Kapiteln werden die Kontroversen und Würdigungsformen in Gesellschaft, Kirche und Kunst sowie am Gedächtnisort St. Radegund thematisiert. Personen aus Öffentlichkeit, Kirche und Kultur haben mit Statements die Bedeutung Jägerstätters hervorgehoben. Ein pädagogischer Ausblick auf die Chancen zukünftiger Beschäftigung mit der Biografie rundet die Publikation ab.
Franz Jägerstätter. Leben und Erinnerung („Christ und Märtyrer“),
hrsg. von Verena Lorber, Thomas Schlager-Weidinger und Andreas Schmoller.
Linz: Wagner 2023, 56 Seiten, 8 Euro, ISBN: 978-3-903040-69-4.
(Vor-)Bestellungen über den Buchhandel oder direkt beim Wagner Verlag.
Dem Jägerstätter-Gedenken im August ging bereits eine Reihe an Veranstaltungen voraus, die sich dem 80. Todestag von Franz Jägerstätter widmeten, z. B. die Präsentation der digitalen Jägerstätter-Edition (Juni 2023, KU Linz) und des „Gedächtnisbuch Oberösterreich“ (Mai 2023, Mariendom Linz), die Jägerstätter-Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin „Besser die Hände als der Wille gefesselt“ (Mai–Juni 2023, Mariendom Linz), die 16. Sternwallfahrt der Katholischen Männerbewegung nach St. Radegund „Mit der Kraft der Verantwortung“ (Mai 2023) oder aber die Gedenkfeier in der Ursulinenkirche Linz „Vor 80 Jahren: Verweigerung, Haft, Verurteilung, Tod“ (Mai 2023).
Der Innviertler Landwirt und Familienvater Franz Jägerstätter (20. Mai 1907 – 9. August 1943) hatte sich aus Glaubensgründen geweigert, mit der Waffe für das Nazi-Regime in den Krieg zu ziehen. Daraufhin wurde er vom Reichskriegsgericht in Berlin wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und vor 80 Jahren, am 9. August 1943, in Brandenburg an der Havel durch Enthauptung hingerichtet.
Am 7. Mai 1997, 54 Jahre nach Jägerstätters Hinrichtung, wurde vom Landgericht Berlin das Todesurteil gegen ihn aufgehoben. Die Aufhebung kommt einem Freispruch gleich und bedeutet moralische und juristische Rechtfertigung seiner Handlung. Ab 1989 wurden im Auftrag des damaligen Diözesanbischofs Maximilian Aichern Personen, die Jägerstätter kannten, als Zeugen einvernommen. Nach Unterstützung durch die Österreichische Bischofskonferenz, eine historisch-theologische Kommission und das Linzer Domkapitel wurde 1997 offiziell der Seligsprechungsprozess für Franz Jägerstätter eröffnet, am 21. Juni 2001 auf diözesaner Ebene abgeschlossen und die Akten der Selig- und Heiligsprechungskongregation übergeben. Postulator des Seligsprechungsverfahrens war Manfred Scheuer, damals noch Bischof von Innsbruck. Der Vatikan bestätigte am 1. Juni 2007 offiziell das Martyrium von Franz Jägerstätter. Die Seligsprechung erfolgte am 26. Oktober 2007 unter Bischof Ludwig Schwarz im Linzer Mariendom. Der liturgische Gedenktag des Seligen Franz Jägerstätter ist sein Tauftag, der 21. Mai.
Franz und Franiska Jägerstätter Institut