Sonntag 22. Dezember 2024

Gedenksteinenthüllung in der Kaserne Enns

zum 70. Jahrestag der Ennser Entscheidung von Franz Jägerstätter

Die Jägerstätter-Töchter Rosalia und Aloisia enthüllen mit Bildhauer Christian Koller den Gedenkstein vor der Severinkapelle der Heeresunteroffiziersakademie in Enns. © Diözese Linz
Gedenksteinenthüllung in der Kaserne Enns. © Diözese Linz
Gedenksteinenthüllung in der Kaserne Enns. © Diözese Linz
Gedenksteinenthüllung in der Kaserne Enns. © Diözese Linz
Gedenksteinenthüllung in der Kaserne Enns. © Diözese Linz

 

Vor der Severinkapelle der Heeresunteroffiziersakademie in Enns wurde am 28. Februar 2013 ein Gedenkstein von den Töchtern des Seligen Franz Jägerstätter enthüllt. Die Jägerstätterbiografin Dr.in Erna Putz beschreibt die Gründe für den Gedenkstein: „Die Kaserne in Enns spielte im Leben Franz Jägerstätters in mehrfacher Hinsicht eine Rolle. Im Herbst und Winter 1940 machte er dort seine Grund- und Kraftfahrausbildung. In Enns trat er in den Weltorden des hl. Franziskus ein. In dieser Region traf er die von den Nazis verfolgten Priester Krenn, Karobath und Arthofer. Am 2. März 1943 verweigerte er in Enns den Wehrdienst, wurde verhaftet und anschließend in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis in Linz überstellt.“

 

Militärbischof Mag. Christian Werner segnete den vom Bildhauer Christian Koller gestalteten Gedenkstein. Er bezeichnete Jägerstätter in seiner Predigt als „Vorbild an Mut, Überzeugungskraft und konsequentem Handeln“. Das Kreuz als Mitte des Gedenksteines und die Evangelisten, die das Hakenkreuz im Hintergrund demontieren sowie die Handschrift Franz Jägerstätters sind die Inhalte des Gedenksteines von Bildhauer Christian Koller.

Die christliche Friedensorganisation „Pax Christi“ hat gemeinsam mit der Militärpfarre an der Heeresunteroffiziersakademie Enns und der Diözese Linz diesen Gedenkort umgesetzt. In einem Grußwort des Vorsitzenden von Pax Christi – Bischof Dr. Manfred Scheuer – betonte dieser, dass die Gewissensentscheidung von Franz Jägerstätter in Enns Grundlage für Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils zur Frage nach dem gerechten Krieg und der Wehrdienstverweigerung war. In der Pastoralkonstitution werde das Recht auf Wehrdienstverweigerung betont. Bischof Scheuer dankte auch Franziska Jägerstätter, die am 4. März 2013 ihren 100. Geburtstag feiert, für die geistliche und konkrete Unterstützung ihres Mannes.


Bischofsvikar Mag. Maximilian Mittendorfer sagte als Vertreter der Diözese Linz, dass die Seligsprechung von Franz Jägerstätter auch ein Meilenstein hinsichtlich der Bewertung von Opfern des Nationalsozialismus war.


Daran schloss auch Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer in seiner Ansprache an: „Zum 100. Geburtstag von Franziska Jägerstätter geschieht hier in Enns ein Akt der Versöhnung zwischen einem alten und einem neuen Jägerstätterbild. Die Geschichte Franz Jägerstätters ist lange im Gegensatz zum Soldatentum gestanden. Heute wissen wir, zu Unrecht. Dabei haben die Forschungen gezeigt, dass Jägerstätter immer Respekt vor den Soldaten hatte. Er war alles andere als ein blinder und naiver Pazifist. Er ist für sich einen anderen Weg gegangen, aber immer an Österreich glaubend und seine Menschen anerkennend.“

 

 

Vortrag Dr.in Erna Putz zu Franz Jägerstätter: Jahrelang ein Reibebaum

Die Jägerstätterbiografin Dr.in Erna Putz hielt anschließend an die Gedenkfeier einen Vortrag zu Franz Jägerstätter. Sie würdigte anfangs den Einsatz Papst Benedikt XVI. für einen raschen Abschluss des Seligsprechungsverfahren Franz Jägerstätters. Nach jahrelangen Diskussionen ob der Tod Franz Jägerstätters als Martyrium gelten könne, da er doch nicht wegen eines Glaubenssatzes gestorben war, entschied der Papst eindeutig. Als Begründung, dass „Franz Jägerstätter, Märtyrer, Familienvater“ als Seliger angerufen werden könne stellte er fest: „Er hat sein Leben hingegeben in hochherziger Selbstverleugnung, mit aufrichtigem Gewissen in Treue zum Evangelium und für die Würde der menschlichen Person.“


Die Kaserne in Enns spielte im Leben Franz Jägerstätters in zweifacher Hinsicht eine Rolle. Im Herbst und Winter 1940 machte er dort seine Grund- und Kraftfahrausbildung. In Enns trat er in den Weltorden des hl. Franziskus ein. In dieser Region traf er die von den Nazis verfolgten Priester Krenn, Karobath und Arthofer. Am 2. März 1943 verweigerte er in Enns den Wehrdienst, wurde verhaftet und anschließend in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis in Linz überstellt.

 

Von Seite des Österreichischen Bundesheeres gab es seit Jahrzehnten Interesse. So wurden die Jägerstätter-Grafiken von Ernst Degasperi 1992 vom Militärkommando Wien im Ehrensaal der Militärpfarre präsentiert. 2008 fand die Jägerstätter-Ausstellung der Militärdiözese im Rahmen der Internationalen Soldatenwallfahrt in Lourdes großes Interesse.


Erna Putz wörtlich: „Jägerstätters  Worte wie ‚dem Gewissen folgen’ oder ‚die Verantwortung für das eigene Handeln kann man nicht hinaufschieben’ berühren sensible Bereiche in einer Organisation, in der es wesentlich darauf ankommt, dass man sich aufeinander unbedingt verlassen kann. Und dennoch, der Einzelne, auch der einzelne Soldat hat Raum für Entscheidungen. Ich kann mir vorstellen, dass bei friedenserhaltenden oder -schaffenden Einsätzen rasche, persönliche Entschlüsse gefordert sind. Jägerstätters religiöses Koordinatensystem, sein Gerechtigkeitssinn, sein Blick für den Menschen auf der anderen Seite sind da vielleicht hilfreich.“


Von den ehemaligen Soldaten der Deutschen Wehrmacht taten sich viele schwer mit einer besonderen Würdigung Jägerstätters. Es gab allerdings auch Männer, denen er half, das eigene Tun und Lassen anzuschauen und das „Wofür“ des Krieges zu bedenken.

Die Vortragende ging auf den Vorwurf ein, Jägerstätter habe Frau und Kinder verlassen. „Seine Frau Franziska gab nicht ihm die Schuld an seinem Tod“, so Erna Putz: „sondern denen, die ihn umgebracht haben. Zeit ihres Lebens lebte sie in enger innerer Verbindung mit ihrem Mann, er war ihr Helfer in allen Bereichen. Auch die Kinder haben sich nicht verlassen gefühlt. Wie die Mutter haben sie großen Respekt vor der Glaubenshaltung ihres Vaters. Eine Tochter: ‚Ich, oder auch meine Mutter, wir hätten Angst vor dem Martyrium. So etwas kann ein Mensch nur mit der Gnade Gottes’. “


Das Todesurteil gegen Franz Jägerstätter wurde 1997 vom Landgericht Berlin als erstes dieser Art aufgehoben. Dies initiierte Aufhebungen in ähnlichen Fällen in Österreich und Diskussionen über den Umgang mit NS-Unrechtsurteilen, welche 2005 zu entsprechenden Gesetzen führten.

 

Zum Abschluss wünschte Erna Putz denen, die in Enns die Ausbildung machen und jenen, die sie geben, dass Franz Jägerstätter sie begleiten möge: „Kann ein Gesetz, kann ein Befehl, Unrecht sein? Diese Frage wird sich immer wieder stellen. Franz Jägerstätter hilft uns genau hinzuschauen, sorgfältig abzuwägen und entschieden zu handeln.“

 

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