Im Zeichen der Erinnerung an kirchliche Märtyrer der NS-Zeit stand der Gedenktag des seligen Franz Jägerstätter (1907 – 1943) am 21. Mai 2014. Im Linzer Mariendom, in Jägerstätters Heimat St. Radegund und im Stift Wilhering fanden Gedenkveranstaltungen statt. In Wilhering präsentierten Jägerstätter-Biografin Dr.in Erna Putz und Dr. Thomas Schlager-Weidinger im Beisein von Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz das Buch „Aus dem Rahmen. Neue Blicke auf die Jägerstätters“. Der Band beinhaltet ausgewählte Arbeiten von SchülerInnen aller Altersgruppen und Schultypen zum Thema Franz und Franziska Jägerstätter. Darüber hinaus sind im Buch bisher unveröffentlichte Vorträge und Reden nachzulesen. Abt Reinhold Dessl erinnerte an Glaubenszeugnisse von Wilheringer Patres während der NS-Zeit.
Der oberösterreichische Bauer und Familienvater Franz Jägerstätter war am 9. August 1943 wegen „Wehrkraftzersetzung“ von den Nationalsozialisten hingerichtet worden. Aufgrund seines Glaubens hatte Franz Jägerstätter den Kriegsdienst verweigert. Am 26. Oktober 2007 wurde Franz Jägerstätter von der Katholischen Kirche seliggesprochen. Als liturgischer Gedenktag wurde der 21. Mai, sein Tauftag, festgesetzt.
Gedenken im Gebet in Linz und St. Radegund
Im Linzer Mariendom wurde bei der Jägerstätter-Stele ein stimmungsvolles Mittagsgebet gefeiert, das von Pax Christi gestaltet wurde. Bischofsvikar Mag. Maximilian Mittendorfer: „Franz Jägerstätter hat seine Taufberufung gelebt. Wenn wir seinen liturgischen Gedenktag begehen, ist das zugleich eine Herausforderung für uns, auch unserer Taufberufung zu entsprechen.“ In St. Radegund, der Heimat von Franz und Franziska Jägerstätter, wurden ein Mittagsgebet und eine Gedenkmesse gefeiert.
Dreifaches Gedenken im Stift Wilhering
Im Zisterzienserstift Wilhering wurde der Jägerstätter-Gedenktag auf dreifache Weise begangen: mit einer Buchpräsentation, einem Vortrag von Abt Dr. P. Reinhold Dessl über Zeugnisse von Wilheringer Patres in der NS-Zeit und einer Eucharistiefeier in der Stiftskirche.
Berührende Schülerblicke auf die Jägerstätters
Im ehemaligen Stadel des Stifts präsentierten die HerausgeberInnen Dr.in Erna Putz und Dr. Thomas Schlager-Weidinger das Buch „Aus dem Rahmen. Neue Blicke auf die Jägerstätters“ (Wagner Verlag). Beide hatten zwischen 2003 und 2013 vier Schülerwettbewerbe zur Jägerstätter-Thematik ausgeschrieben, an denen sich fast 1.400 SchülerInnen beteiligt hatten. 2008 erschien das erste Buch, das 90 ausgewählte „Junge Briefe an die Jägerstätters“ enthält. Der neu herausgegebene Folge- und Sammelbandband „Aus dem Rahmen. Neue Blicke auf die Jägerstätters“ beinhaltet ausgewählte Grafiken, Zeichnungen, Collagen, Mail- und Wordarts sowie Fotogeschichten. Wie die Briefe dokumentieren auch die Bilder eine beeindruckende und zumeist tiefgründige Auseinandersetzung und erlauben so Einblicke in das Denken junger OberösterreicherInnen – auch von daher ein wertvolles Zeitdokument. Weiters enthält das Buch bisher unveröffentlichte Vorträge und Reden zu Franz und Franziska Jägerstätter. Zu Wort kommen: Landeshauptmann Josef Pühringer, die Bischöfe Ludwig Schwarz und Bischof Manfred Scheuer und Superintendent Gerold Lehner. Weitere AutorInnen sind Hildegard Goss-Mayr, Erna Putz und Thomas Schlager-Weidinger.
Stellvertretend für alle im Buch gesammelten Schülerarbeiten stellten Mag.a Rosina Schlager-Weidinger, Professorin an der HS Waizenkirchen, und SchülerInnen der HS Ostermiething mit Professorin Martina Fischer ihre gelungenen Projektergebnisse vor und zeichneten den Entstehungsverlauf nach. Berührend waren auch die Briefe an Franz und Franziska Jägerstätter, die von zwei Schülerinnen des Stiftsgymnasiums Wilhering vorgelesen wurden. Die Briefe waren im Rahmen des Deutschunterrichts entstanden, wie Mag.a Gabriele Holzweber vom Stiftsgymnasium Wilhering erläuterte. Die Autorinnen sind heute bereits Absolventinnen des Gymnasiums. „So wie Sie Ihren Mann geliebt haben, stelle ich mir die Liebe zu Gott vor. (…) Ist Ihr Mann ein toter Seliger, so sind Sie eine lebende Heilige. Ihre Kraft muss von innen heraus kommen“. Sätze wie diese, an Franziska Jägerstätter gerichtet, zeugen von einer tiefen inneren Auseinandersetzung mit der Thematik. Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz überreichte allen anwesenden SchülerInnen als Dankeschön für ihr Engagement ein Exemplar des Buches. Musikalisch umrahmt wurde die Buchpräsentation von der Schülerin Jana Glück (Gesang) und Prof.in Maria Chiu (Klavier).
Thomas Schlager-Weidinger/Erna Putz (Hrsg.)
Aus dem Rahmen. Neue Blicke auf die Jägerstätters
in ausgewählten SchülerInnenbildern von 2003 bis 2013
und in Vorträgen von 2011 bis 2013
Wagner Verlag (www.wagnerverlag.at)
ISBN 978-3-902330-94-9
EUR 19,80
Bewegende Zeugnisse des Glaubens
In seinem Vortrag „In der Hölle des KZs der Liebe Gottes begegnen. Impulse aus dem Widerstand Wilheringer Patres gegen das NS-Regime“ gab Abt Dr. Reinhold Dessl bewegende Einblicke in die Geschichte des Zisterzienserstifts und das Glaubenszeugnis von einigen Patres während der NS-Zeit. „Die Zeugnisse der Mitbrüder sind berührend, denn sie zeigen: Sie sind beim Zugrundegehen auf den tragenden Grund gestoßen.“
Sechs Wilheringer Patres schlossen sich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges der Großösterreichischen Freiheitsbewegung an und landeten daraufhin im Gefängnis. Abt Bernhard Burgstaller (1886 – 1941), der in das Vorhaben nicht eingeweiht war, wurde verhaftet und starb am 1. November 1941 im Gefängnis in Anrath bei Krefeld im Rheinland an Entkräftung. P. Konrad Just (1902-1964), ein energischer Prediger gegen den Nationalsozialismus und auch „Don Camillo des Mühlviertels“ genannt, verbrachte 7 Jahre in den Konzentrationslagern Dachau und Buchenwald. Kurz nach der Befreiung 1945 schrieb er seine Erinnerungen an die furchtbaren Erlebnisse in den Lagern nieder. Sie sind eine Dokumentation des Grauens, aber auch ein Zeugnis für die Erfahrung der Nähe Gottes inmitten des Schreckens. Schon aus dem Jahr ist ein Manuskript erhalten, in dem er mutig ein falsches Führertum anprangert: „Der Mensch ist zu groß, um einem bloßen Menschen um des Menschen willen zu gehorchen. Der Autorität ist nur soweit zu gehorchen, als sie nichts Sündhaftes befiehlt.“ Abt Dessl in seinem Vortrag: „Diese Worte hätte wohl auch Franz Jägerstätter unterschrieben.“
„Himmlische Cloud mit Biografien von Glaubenszeugen“
Bei der Eucharistiefeier erinnerte sich Abt P. Reinhold Dessl in der Predigt zurück an den Tag, an dem die Gebeine von Franz Jägerstätter auf dem Friedhof in St. Radegund gehoben wurden. Franziska Jägerstätter saß neben dem Grab, man gab ihr die Urne in die Hand. „Sie hat die Urne an sich gedrückt und gesagt: ‚Pfiat di, Franzl!‘ Mit dem Tod von Franziska ist diese Umarmung an ihr Ziel gelangt in der Umarmung Gottes“, so Abt Dessl. Er bezeichnete Franz Jägerstätter als „moderne Leitfigur des Glaubens, die auch junge Menschen anspricht“. Franz Jägerstätter sei mit seinem Zeugnis nicht allein, es gebe eine Wolke von Zeugen wie auch die Wilheringer Märtyrer. „Es gibt eine ‚himmlische Cloud‘, in der die Biografien von Glaubenszeugen bei Gott gespeichert sind. Wir sind eingeladen, sie manchmal herunterzuladen“, so P. Reinhold Dessl. Die Messe wurde von SchülerInnen der 2b und 2c des Stiftsgymnasiums Wilhering unter der Leitung von Franz Gratzer musikalisch mitreißend gestaltet.