Die Gattin des seligen Franz Jägerstätter feierte noch vor wenigen Tagen am 4. März mit großer Freude ihren 100. Geburtstag. Laut ihrer Familie ist sie gestern Nacht friedlich entschlafen. Franziska Jägerstätter war ihrem Mann über die Jahrzehnte sehr eng verbunden und übersetzte mit ihrem Leben die Botschaft des Seligen in die heutige Zeit hinein. Es war zeitlebens ihr Wunsch, ihren geliebten Gatten wieder zu sehen. „Es war ein langer Karfreitag. Aber ich denke, dass ich jetzt schon näher an Ostern bin“, gab sie manchmal zur Antwort. Das Wiedersehen im Himmel wird für die Ehepartner ein Osterfest sein.
Das Begräbnis von Franziska Jägerstätter ist am Samstag, 23. März 2013 um 14.00 Uhr in der Pfarrkirche St. Radegund. Franziska Jägerstätter wird in der Grabstätte von Franz Jägerstätter vor der Pfarrkirche beigesetzt. Im Linzer Mariendom wird am Freitag, 22. März 2013 um 18.15 ein Requiem gefeiert.
Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz sagte in einer ersten Stellungnahme: „Franziska Jägerstätter war eine große Christin und ein großes Vorbild im Glauben. Für ihr Lebens- und Glaubenszeugnis sage ich ein herzliches Dankeschön und Vergelt’s Gott! Ich bete für sie, dass sie im ewigen Leben ihrem geliebten Franz wieder begegnet und die lang ersehnte Erfüllung bei Gott findet. Der Familie Jägerstätter möchte ich mein herzliches Beileid aussprechen. Die Liebe Gottes, das Vertrauen zu Gott und das Handeln im Sinne Jesu sind Franz und Franziska im Gleichschritt gegangen, darum wird Franziska Jägerstätter für unsere Diözese ein wichtiges Vorbild im Glauben bleiben. Es ist einzigartig, dass wir vom seligen Franz Jägerstätter die Gattin, Töchter und Familie dazugeschenkt bekamen und dadurch sein Zeugnis weiterlebt.“
Der Innsbrucker Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer beschrieb in einer früheren Predigt Franziska Jägerstätter: „Auch und gerade seine Frau Franziska hat der Brief Christi erreicht. Wir verdanken ihr in gewisser Weise Franz Jägerstätter. Sicher war es sein ureigener Weg in der Einsamkeit seiner Gewissensentscheidung. Und doch: Sie war zunächst religiös die Aktivere; Sie hat die Melodie Gottes in sich aufgenommen. So ist für Franz der Wille Gottes auch durch Franziska vermittelt worden. Wenn sie nicht zu ihm gehalten hätte, dann hätte er niemanden gehabt. Sie war wichtig für ihn, dass er so geworden ist.“
Franziska Jägerstätter: Lebenslauf
Franziska Jägerstätter wurde am 4. März 1913 in Hochburg/Oberösterreich (am gegenüberliegenden Salzachufer liegt Burghausen) in eine große Bauernfamilie mit Vater Lorenz Schwanninger und Mutter Maria, geb. Zeitelmeier, geboren.
Franziska war eine gute Schülerin. Gebet und Glaube spielten in der Familie eine wichtige Rolle, auch das Interesse am Zeitgeschehen. Sie arbeitete am elterlichen Bauernhof, in der Küche eines Gasthofes und verdiente sich ein paar Groschen im Aufstellen der Kegeln in der Kegelbahn. Hier begegnete sie Franz Jägerstätter.
Franz und Franziska Jägerstätter heirateten am Gründonnerstag, 9. April 1936 und fuhren anschließend auf Hochzeitsreise nach Rom. 1937,1938 und 1940 wurden die Töchter Rosalia, Maria und Aloisia geboren. Franziska Jägerstätter lud ihren Mann zum Bibellesen und Beten ein, das er auch in der Zeit mit den kleinen Kindern weiterpraktizierte.
Als Franz Jägerstätter an der Volksbefragung über den „Anschluss“ Österreichs nicht teilnehmen wollte, drängte ihn Franziska dazu. Sie erkannte damals, dass es Bereiche gab, in denen sie ihren Mann nicht unter Druck setzen durfte.
Als Franz Jägerstätter ein zweites Mal zur Wehrmacht einrücken sollte und er diesem nicht folgen wollte, erklärte Franziska auf die Frage, warum ihr Mann nicht wieder in den Krieg gezogen sei: „Weil sie (die Nationalsozialisten) die Kirche so verfolgt haben." Der Preis der Entscheidung war dem Ehepaar klar. Anfangs versuchte Franziska ihren Mann umzustimmen. Doch als es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Verwandtschaft kam, trat sie an seine Seite: „Er hätte ja sonst niemanden gehabt, wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte.“ Am 2. März 1943 verweigerte Franz Jägerstätter in der Kaserne Enns den Dienst mit der Waffe für das Hitlerregime aus dem Glauben heraus.
Franziska Jägerstätter stellte sich nicht gegen die Gewissensentscheidung von Franz, auch wenn deren tödlicher Ausgang absehbar war. Die Briefe an ihren inhaftierten Mann bewegen in dem, was sie enthalten, und dadurch, was sie nicht enthalten. Sie sorgte sich um seine seelische Verfassung, respektierte aber seine Entscheidung. Nicht einmal Passagen wie: „Denk doch an mich und unsere Kinder“ finden sich.
Nach dem Todesurteil wurde eine Begegnung in Berlin durch den Pflichtverteidiger ermöglicht. Dort konnten die Eheleute sich kurz verabschieden. Am 9. August 1943, zum Zeitpunkt des Todes ihres Mannes, spürte Franziska eine starke Verbindung zu ihm, sie merkte sich die Uhrzeit.
Nach der Ermordung Jägerstätters warfen manche Menschen ihr vor, durch ihre Religiosität mit Schuld an der Verweigerung des Wehrdienstes ihres Mannes aus religiösen Gründen zu sein.
Nach dem Krieg setzte Franziska Jägerstätter die Arbeit am Bauernhof mit Hilfe ihres Vaters und ihrer Schwester fort. Sie war über 30 Jahre lang Mesnerin an der Pfarrkirche St. Radegund, Lektorin, Kommunionspenderin sowie Leiterin der pfarrlichen Katholischen Frauenbewegung.
Seit dem Tod von Franz Jägerstätter war Franziska mit hunderten Menschen in Briefkontakt. Pfarrer Heinrich Kreutzberg, der geistliche Begleiter Jägerstätters in Berlin, nahm gleich nach dessen Tod Kontakt mit Franziska auf. 1964 kam vom US-amerikanischen Soziologen Gordon Zahn die erste Biografie heraus: „In Solitary Witness. The Life and Death of Franz Jägerstätter“ (dt: "Erfolgte seinem Gewissen"). Eine Fülle an Reaktionen aus den USA und England war die Folge. In Österreich und Deutschland weckten das Buch und der Film von Axel Corti 1971 das Interesse an Franz Jägerstätter. Seit dem Amtsantritt von Bischof Maximilian Aichern in Linz (1982) werden Franz und Franziska Jägerstätter auch von Seiten der Diözese gewürdigt. Bischof Aichern begann das Seligsprechungsverfahren von Franz Jägerstätter.
Am 7. Mai 1997, 54 Jahre nach seiner Hinrichtung, wurde vom Landgericht Berlin das Todesurteil gegen Jägerstätter aufgehoben. Die Aufhebung kommt einem Freispruch gleich und bedeutet moralische und juristische Rechtfertigung seiner Handlung. Im Aufhebungsbeschluss heißt es wörtlich: Franz Jägerstätter …wird auf die Anträge von Franziska Jägerstätter, … sowie auf Antrag der Staatsanwaltschaft I bei dem Landesgericht Berlin das Feldurteil des Reichskriegsgerichtes vom 6. Juli 1943 aufgehoben“.
1997 wird der Seligsprechungsprozess für Franz Jägerstätter offiziell eröffnet und am 21. Juni 2001 auf diözesaner Ebene abgeschlossen. Der Vatikan bestätigt am 1.Juni 2007 offiziell das Martyrium.
Am 26. Oktober 2007 wurde Franz Jägerstätter im Linzer Mariendom selig gesprochen. Franziska Jägerstätter trug in berührender Weise eine Reliquie ihres geliebten Mannes während des Festgottesdienstes zum Altar. Franziska Jägerstätter hat mittlerweile 14 Enkel und 17 Urenkel. Mutter, Töchter und Enkel sind verbunden in der hohen Wertschätzung des Glaubenszeugnisses Franz Jägerstätters. Wenn Franziska auf ihr großes Leid angesprochen wurde, das sie zu tragen hatte, gab sie mitunter zur Antwort: „Es war ein langer Karfreitag. Aber ich denke, dass ich jetzt schon näher an Ostern bin.“
Am 4. März 2013 feierte Franziska Jägerstätter ihren 100. Geburtstag. Viele Gratulationen aus Kirche und Politik erfreuten sie an diesem Tag. Am 3. und 4. März wurden Festgottesdienste im Linzer Mariendom und in der Pfarrkirche St. Radegund gefeiert.
(Quelle: Biografische Hinführung zu Franziska Jägerstätter von Dr.in Erna Putz, und einer Predigt von Bischof Dr. Manfred Scheuer in: Wir haben einander gestärkt. Briefe an Franziska Jägerstätter zum 90. Geburtstag, 2003)
Auszeichnungen
Am 16. April 2007 verlieh Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer das Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich an Franziska Jägerstätter.
Am 20. Mai 2007 überreichte Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer in Vertretung von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich an Franziska Jägerstätter im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Franz Jägerstätter in St. Radegund.
Am 30. Juni 2010 bekam Franziska Jägerstätter das Päpstliche Ehrenzeichen „Pro Ecclesia et Pontifice“ durch Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz verliehen. Bischof Schwarz hob bei der Überreichung hervor, dass Franziska Jägerstätter in ihrem Leben viel Großes, aber auch Schweres und Bitteres erlebt und mitgemacht habe. Ihr Stehen zur Kirche und zu den Menschen trotz mancher Angriffe, ihre Geduld und Freundlichkeit und ihre Gesprächsbereitschaft seien zu bewundern. „Auch in ihrem hohen Alter ist sie bereit, mit Besuchern über ihren Glauben und ihre Lebenserfahrungen zu sprechen und immer wieder auch an der Grabstelle ihres Gatten zu beten“, so der Bischof weiter: „Daher war es mir ein echtes Bedürfnis, diese tiefgläubige und großartige Frau und Mutter für eine Päpstliche Auszeichnung vorzuschlagen. Ich freue mich, dass diesem Wunsch entsprochen wurde und das Päpstliche Ehrenkreuz ‚Pro Ecclesia et Pontifice’ (Für Kirche und Papst) übermittelt wurde.“
Theaterstücke, Film, Räume, Papstbesuch
Theaterstück „Franziska Jägerstätter erzählt“ - für alle ab 9 Jahre.
Das „Theater des Kindes“ hat sich in Kooperation mit Linz 2009 Kulturhauptstadt Europas und des Schäxpir-Festivals mit dem Leben von Franziska Jägerstätter beschäftigt und ein Theaterstück initiiert. Die Uraufführung war am 26. Juni 2009. Die Schauspielerin Eike Baum erhielt für die Rolle der Franziska Jägerstätter am 16. Februar 2011 den Bühnenkunstpreis des Landes Oberösterreich.
Franziska Jägerstätter besuchte den Papst anlässlich der Präsentation einer italienischen Jägerstätterbiografie. Bei der Generalaudienz am 10. Dezember 2008 ist Franziska Jägerstätter mit Papst Benedikt XVI. zusammengetroffen. Die 95-Jährige nahm gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn an der Generalaudienz teil.
Film über Franziska Jägerstätter
Der Film „Die Witwe des Helden – Das Leben der Franziska Jägerstätter" zeichnet das Porträt der damals 93-jährigen Franziska Jägerstätter. Sie hat das Schicksal angenommen und ist dabei ein lebensfroher Mensch geblieben - mit einer starken Ausstrahlung. (Buch&Regie: Irene Klünder; Sprecherin: Senta Berger).Ausstrahlung am 9. September 2007 in ARD
Theaterstück über Franz Jägerstätter von Felix Mitterer im Theatersommer Haag und im Theater in der Josefstadt 2013. Das Theater in der Josefstadt bringt in Zusammenarbeit mit dem Theatersommer Haag ein neues Stück des österreichischen Dramatikers und Autors Felix Mitterer „JÄGERSTÄTTER“ im Juni 2013 zur Uraufführung. Felix Mitterer beschreibt in „JÄGERSTÄTTER“ die Not des österreichischen Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter, der 1943 von den Nazis hingerichtet wurde und erklärte in der Pressekonferenz am 12.10. in Haag, dass Gespräche mit der Familie Jägerstätter und die Forschungen der Jägerstätterbiographin Dr.in Erna Putz und der Diözese Linz Grundlage für seine Arbeit waren. Gregor Bloéb, Intendant des Theatersommers Haag, wird Franz Jägerstätter spielen. Premiere ist am 20. Juni 2013 im Theater in der Josefstadt und am 3. Juli 2013, Theatersommer Haag.
Franz und Franziska Jägerstätter-Raum im Kardinal König Haus in Wien
Die Bibliothek des Kardinal König Hauses ist nach Franz und Franziska Jägerstätter benannt worden. Aus diesem Anlass fand am 29. Juni 2011 ein Studien-Nachmittag statt.
Die Verehrung Franz Jägerstätters ist, besonders in den USA, von einigen Jesuiten stark gefördert worden – vor allem in der Zeit des Vietnam-Kriegs. Schon zuvor hat auf dem II. Vatikanischen Konzil ein Jesuit, Erzbischof em. Roberts SJ aus Bombay, den „Fall Jägerstätter“ vorgetragen und damit zu einem klaren Votum des Konzils für staatliche Regelungen für Wehrdienstverweigerer beigetragen (vgl. Gaudium et Spes 79). Alle Berichte über Franz Jägerstätter weisen darauf hin, dass seine Ehe mit Franziska Jägerstätter eine wesentliche Stütze für seine Gewissensentscheidung gewesen ist. Franziska Jägerstätter stand und steht zur Entscheidung ihres Mannes und hat dafür selbst viele Opfer gebracht. In den Kursen und Lehrgängen im Kardinal König Haus geht es oft um die Bildung des Gewissens, um schwierige Entscheidungen, um das Zurückstellen von Eigeninteressen – und dafür stehen Franz und Franziska Jägerstätter. In der Kapelle des Kardinal König Hauses befindet sich eine Reliquie des Seligen Franz Jägerstätter.
SchülerInnen-Wettbewerb 2013: Selig, die Frieden stiften - die treibende Kraft der Jägerstätters. Ausgehend von der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz sind alle Schulen zu einem Wettbewerb eingeladen, sich mit Leben und Denken von Franz und Franziska Jägerstätter zu befassen. Die Schicksale von Franz und Franziska Jägerstätter und deren Kinder bewegen immer wieder. Franz, ein junger, gläubiger Bauer hat offene Augen und Ohren für die Ereignisse während der NS-Zeit. Das große Verbrechen ist für ihn der Krieg; er sieht es als Schuld an, zu kämpfen und andere Menschen zu töten, damit Hitler die ganze Welt beherrschen könne. Er weiß, dass diese Entscheidung sein Leben kosten wird und ist im Zweifel, ob er dies seiner Familie zumuten dürfe. Seine Frau Franziska versteht die Motive ihres Mannes und hält zu ihm. Aus diesem Grund wurden unter dem Ehrenschutz von Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer, Bischof Dr. Ludwig Schwarz und Superintendent Dr. Gerold Lehner Schüler aller Altersgruppen eingeladen, sich mit dem Leben und Denken dieser beiden Menschen auseinander zu setzen.
Literatur
Franz Jägerstätter. Der gesamte Briefwechsel mit Franziska. Aufzeichnungen 1941-1943. Herausgegeben von Erna Putz mit einem Geleitwort von Manfred Scheuer, Styria, Wien-Graz-Klagenfurt, 2007
Wir haben einander gestärkt. Briefe an Franziska Jägerstätter zum 90. Geburtstag, Erna Putz, Manfred Scheuer (Hg.), Edition KirchenZeitung, Linz 2003
Junge Briefe an die Jägerstätters
Am 25. Oktober 2008, einen Tag vor dem Jahrestag der Seligsprechung Franz Jägerstätters (am 26. 10. 2007 im Linzer Mariendom) wurde in der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz das Buch „Liebe Franziska, lieber Franz! Junge Briefe an die Jägerstätters“ präsentiert. Darin werden 90 Briefe eines Schülerwettbewerbes abgedruckt, wo sich 400 SchülerInnen auf beeindruckende Art und Weise mit dem Leben des oberösterreichischen Kriegsdienstverweigerers auseinandersetzten und Briefe an die Familie Jägerstätter schrieben.