Franz Jägerstätter wird am 20. Mai 1907 in St. Radegund, Oberösterreich (Diözese Linz), als Kind der ledigen Bauernmagd Rosalia Huber geboren. Sie und der Vater, Franz Bachmeier, können als Magd bzw. Knecht nicht heiraten. Die Erziehung des Kindes übernimmt die Großmutter, Elisabeth Huber, eine liebevolle, fromme und vielseitig interessierte Frau. Die materielle Not während des 1. Weltkrieges ist in der Region groß. In der Schule erfährt sich das Kind Franz wegen seiner Armut benachteiligt. Die Mutter heiratet 1917 den Bauern Heinrich Jägerstätter, der bei der Hochzeit das Kind seiner Frau adoptiert. Inspiriert durch den (Adoptiv-)Großvater interessiert sich Franz als Heranwachsender für Bücher, darunter auch für religiöse Literatur. Von seinem Adoptivvater erbt er den Bauernhof.
Von 1927 bis 1930 arbeitet Franz Jägerstätter im Erzabbau in Eisenerz (Steiermark). Dort erfährt er sich geistig und religiös entwurzelt und macht eine Glaubens- und Sinnkrise durch. Er kommt als vertieft Glaubender 1930 in seine Heimat zurück.
1933 wird er Vater einer unehelichen Tochter Hildegard. Die Mutter des Kindes ist Theresia Auer, Magd auf einem Hof in der Nachbarschaft; sie sagt später: „Wir sind im Frieden auseinander gegangen, er hat mich um Verzeihung gebeten.“ Zwischen Vater und Tochter bestand eine gute Beziehung.
1935 lernt er Franziska Schwaninger, Bauerntochter aus dem benachbarten Hochburg, kennen. Sie heiraten am Gründonnerstag 1936. Auf seinen Vorschlag hin machen sie eine Hochzeitsreise nach Rom. Sie bewirtschaften den Leherbauernhof. Die Ehe wird zum Wendepunkt im Leben Franz Jägerstätters. In der Folge sei er ein anderer geworden, so die Nachbarn. Franz und Franziska beten miteinander und die Bibel wird zum Lebensbuch des Alltags. Franziska über diese Zeit: „Wir haben einer dem anderen weiter geholfen im Glauben.“ Franz Jägerstätter ist ab 1941 auch Mesner in St. Radegund. Aus der Ehe gehen drei Töchter hervor, Rosalia (*1937), Maria (*1938) und Aloisia (*1940). Franz Jägerstätter bemerkt einmal: „Ich habe mir nie vorstellen können, dass Verheiratetsein so schön sein kann.“
Den Nationalsozialisten, die in Österreich 1938 die Macht übernehmen, verweigert Jägerstätter von Anfang an jede Zusammenarbeit oder Unterstützung, denn Christentum und Nationalsozialismus sind für ihn völlig unvereinbar. Durch einen Traum fühlt sich Franz Jägerstätter vor dem Nationalsozialismus gewarnt: Ein Zug, der unzählige Menschen ins Verderben führt, „entschleiert“ sich ihm als die NSDAP mit all ihren Gliederungen.
1940 wird Jägerstätter zum Militärdienst einberufen, auf Betreiben der Heimatgemeinde aber zweimal unabkömmlich gestellt. Einer weiteren Einberufung will er nicht mehr Folge leisten, denn mitzukämpfen und zu töten, dass Hitler die ganze Welt beherrschen könne, sieht er als Sünde an. Die Mutter, Verwandte und auch befreundete Priester versuchen ihn umzustimmen. Seine Frau Franziska hofft zwar auch auf einen Ausweg, steht aber zu ihm in seiner Entscheidung: „Wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte, hätte er gar niemanden gehabt.“
In ausführlichen Aufzeichnungen legt Franz Jägerstätter die Beweggründe seines Handelns nieder: Er sieht es als persönliche Schuld, mitzukämpfen und Menschen zu töten, damit das gottlose NS-Regime siegen und immer mehr Völker unterjochen könne. Franz betet, fastet und berät sich. Er bittet auch den Linzer Diözesanbischof Joseph Calasanz Fließer um eine Aussprache. Dieser meint unter anderem, als Familienvater sei es nicht seine Sache zu entscheiden, ob der Krieg gerecht oder ungerecht sei. Franziska Jägerstätter begleitet ihren Mann nach Linz, am Gespräch nimmt sie nicht teil. Sie erinnert sich an den Moment, an dem ihr Mann aus dem Sprechzimmer des Bischofs kommt: „Er war sehr traurig und sagte zu mir: ‘Sie trauen sich selber nicht, sonst kommen’s selber dran.’ Der Haupteindruck von Franz war, dass der Bischof nicht wagte offen zu sprechen, weil er Jägerstätter nicht kannte; er hätte ja auch ein Spion sein können.“
Nach der erneuten Einberufung meldet sich Franz Jägerstätter am 1. März 1943 bei seiner Stammkompanie in Enns, erklärt aber sofort: „dass er auf Grund seiner religiösen Einstellung den Wehrdienst mit der Waffe ablehne, dass er gegen sein religiöses Gewissen handeln würde, wenn er für den nationalsozialistischen Staat kämpfen würde; ... er könne nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein; ... es gebe Dinge, wo man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen; auf Grund des Gebotes ‚Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst‘ dürfe er nicht mit der Waffe kämpfen. Er sei jedoch bereit, als Sanitätssoldat Dienst zu leisten.“ (Aus der Begründung des Reichskriegsgerichtsurteils vom 6. Juli 1943)
Jägerstätter wird daraufhin in das Wehrmachts-Untersuchungsgefängnis im Linzer Ursulinenhof gebracht. Zwei Monate Haft in Linz mit Folter und Schikanen bewirken eine große Krise. Der junge Bauer ist in Gefahr den Glauben zu verlieren. Das erfahrene Glück mit Franziska ist ihm ein bleibender Hinweis auf die Gegenwart Gottes.
Anfang Mai wird Franz Jägerstätter in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Berlin-Tegel überstellt. Er bittet, zum Sanitätsdienst zugelassen zu werden, was abgelehnt wird. Am 6. Juli 1943 wird Franz Jägerstätter wegen „Wehrkraftzersetzung sowie zum Verlust der Wehrwürdigkeit und der bürgerlichen Ehrenrechte“ verurteilt.
Durch Pfarrer Heinrich Kreutzberg erfährt er, dass ein Jahr zuvor der österreichische Pallottiner-Pater Franz Reinisch aus denselben Gründen den Wehrdienst verweigert hat und dafür gestorben ist. Diese Mitteilung gibt ihm in seiner Lage Halt und Trost. Die Eucharistie, die Bibel und ein Bild seiner Kinder sind ihm in dieser Zeit sehr wichtig.
Franz Jägerstätter wird am 9. August 1943 nach Brandenburg/Havel gebracht und enthauptet.
Die beiden Seelsorger, Pfarrer Kreutzberg in Berlin und Pfarrer Jochmann in Brandenburg, sehen in ihm einen Heiligen und Märtyrer. Im Jahre 1965 verweist Erzbischof Thomas D. Roberts SJ (1939 bis 1958 in Bombay, Indien) bei der Arbeit an der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils in einer schriftlichen Eingabe auf die einsame Gewissensentscheidung Franz Jägerstätters: „Märtyrer wie Jägerstätter sollen nie das Gefühl haben, dass sie allein sind.“
Am 7. Mai 1997, 54 Jahre nach seiner Hinrichtung, wird vom Landgericht Berlin das Todesurteil gegen Jägerstätter aufgehoben. Die Aufhebung kommt einem Freispruch gleich und bedeutet moralische und juristische Rechtfertigung seiner Handlung. Das Landesgericht geht davon aus, dass der Zweite Weltkrieg nicht dem Volk sondern dem nationalsozialistischen Machtstreben gedient hat. Wer sich wie Jägerstätter einem Verbrechen widersetzt, kann kein Verbrecher sein.
Ab 1989 werden im Auftrag von Bischof Aichern Personen, die Franz Jägerstätter gekannt haben, als Zeugen einvernommen. Nach unterstützenden Voten der Österreichischen Bischofskonferenz, einer historisch-theologischen Kommission und des Linzer Domkapitels wird 1997 offiziell der Seligsprechungsprozess für Franz Jägerstätter eröffnet, am 21. Juni 2001 auf diözesaner Ebene abgeschlossen und die Akten nach Rom zur Selig- und Heiligsprechungskongregation übergeben.
Der Vatikan bestätigt am 1. Juni 2007 offiziell das Martyrium des österreichischen Kriegsdienstverweigerers Franz Jägerstätter (1907-43). Die Seligsprechung erfolgt am 26. Oktober 2007 im Linzer Mariendom.
(Aus: Franz Jägerstätter_Christ und Märtyrer, Erna Putz; Franz Jägerstätter. Gedenken und Gebet.Novene)
Diözesanbischof Dr. Ludwig Schwarz und Bischof Dr. Manfred Scheuer (Postulator des Seligsprechungsverfahrens) stellen zur Seligsprechung fest
(in: Franz Jägerstätter – Märtyrer. Leuchtendes Beispiel in dunkler Zeit)
„Die Kirche anerkennt damit ausdrücklich die Haltung dieses gläubigen Mannes, der sehr wohl auch uns Heutigen etwas zu sagen hat.
Das Gedenken an Franz Jägerstätter steht in einem mehrfachen Beziehungsrahmen: zu seiner Frau, zu seinen Kindern und zu seiner Familie, kirchlich zu seiner Seligsprechung, zu Fragen der Heiligkeit und des Martyriums, gesellschaftlich und politisch in Auseinandersetzung mit der Kriegsvergangenheit, mit der Kriegsgeneration, mit der Unmenschlichkeit und dem Terror der Nationalsozialisten, ethisch und pädagogisch mit den Themen von Krieg und Kriegsdienstverweigerung, Gewaltfreiheit, Friedenserziehung und Abrüstung, von Obrigkeit, Gewissen und Gehorsam.
Franz Jägerstätter ist ein Prophet mit einem Weitblick und Durchblick, wie ihn damals die wenigsten seiner Zeitgenossen hatten, er ist Vorbild in der Treue zum Gewissensanspruch, Anwalt der Gewaltlosigkeit und des Friedens, Warner vor Ideologien, er ist ein gläubiger Mensch, dem Gott wirklich Mitte und Zentrum des Lebens war. Sein prophetisches Zeugnis für die christliche Wahrheit beruht auf einer klaren, radikalen und weitsichtigen Analyse der Barbarei des menschen- und gottverachtenden Systems des Nationalsozialismus, dessen Rassenwahn, dessen Ideologie des Krieges und der Staatsvergottung wie dessen erklärten Vernichtungswillen gegenüber Christentum und Kirche. Aus einem gebildeten und reifen Gewissen heraus hat er ein entschiedenes Nein zum Nationalsozialismus gesagt und ist wegen seiner konsequenten Weigerung, in Hitlers Krieg als Soldat zu kämpfen, hingerichtet worden.“