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Die Bibelpastorale Studientagung 2020 stand unter dem Thema „Grenzen überwinden – Die Apostelgeschichte“. 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nahmen die Gelegenheit wahr, sich mit dem „2. Band“ des Evangelisten Lukas, der allgemein auch als Autor der Apostelgeschichte gilt, näher zu beschäftigen. Veranstalter der Tagung waren das Österreichische Katholische Bibelwerk, das Bibelwerk Linz und das Bildungshaus Schloss Puchberg.
Erste Schritte in die Apostelgeschichte
Nach den Begrüßungsworten und „technischen Details“ durch Adi Trawöger (Rektor von Puchberg), Bischof Leichtfried (zuständig für Bibelpastoral), Elisabeth Birnbaum (Direktorin des Österr. Kath. Bibelwerks in Wien), Helmut Außerwöger (Direktor von Puchberg) und Franz Kogler (Leiter des Linzer Bibelwerks) war zunächst der bereits von früheren Tagungen sehr bewährte Referent Prof. Dr. Hans-Georg Gradl am Wort. Er brachte den Zuhörenden einerseits wichtige Hintergrundinformationen zur Apostelgeschichte näher, andererseits gab er gleich zu Beginn hilfreiche Lese-und Verständnisschlüssel an die Hand. In seiner launigen und sprühenden Art verstand er es gleich zu Beginn, das Plenum für das Thema zu fesseln.
Dr.in Barbara Lumesberger-Loisl zeigte dann den Weg von Jerusalem ausgehend, wie Lukas das Missionsfeld weitete, seine Adressat/innen (bis herauf zu uns) in seine Darstellungsweise mit hineinnimmt und ihnen Mut macht, den Weg über die eigenen Grenzen hinaus mitzugehen. Der Endpunkt Rom wird zum Ausgangspunkt für die weitere Ausbreitung des Evangeliums.
In ihrem Folgebeitrag griff die Referentin dann einige wichtige Protagonisten der Apostelgeschichte heraus: Stephanus, Philippus und – als eigentliche „Hauptfigur“ – den Geist, der sich bei genauerer Betrachtung der Texte als der eigentliche Motor der gesamten Jesusbewegung entpuppt.
Einblicke in die Konfliktkultur damals
Hans-Georg Gradl lud in seinem zweiten Referat zum Apostelkonzil ein, wo Paulus sich mit Begleitung von Antiochia aus nach Jerusalem, der Urgemeinde, aufmachte, um auszuschließen, dass für den Eintritt ins Christentum der Umweg über das Judentum genommen werden musste. Diesen Weg vertrat eine Gruppe, die aus dem Judentum kam. Der Referent zeigte durch die Gegenüberstellung der Texte zu diesem Thema im Galaterbrief (Autor: Paulus um 50) und in der Apostelgeschichte (Autor: Lukas zwischen 90 und 130), wie der Autor Lukas Überlieferungen in seine Zeit hinein und auf seine Adressat/innen hin aktualisiert (ein „Bild malt“) und versucht, die verschiedenen Lager (Christen, die aus dem Judentum kamen und jene aus den Völkern) miteinander zu verbinden, zu „harmonisieren“ bzw. wie ein gangbarer Weg miteinander gefunden wurde. Ziel war vor allem die gemeinsame Tischgemeinschaft von jüdischen und heidnischen Christ/innen.
Petrus und Paulus - nach Lukas ein harmonisches Paar
In einem weiterführenden Referat nahm Barbara Lumesberger-Loisl diesen Gedankengang auf und zeigte den Autor der Apostelgeschichte als Brückenbauer, der Petrus und Paulus, zwei wichtige Protagonisten des Buches, enger zusammenführt als sie es historisch wohl gewesen sind. So erzählt Lukas ganz ähnliche Begebenheiten von Petrus und von Paulus: Beide überschreiten durch Visionen die Grenzen zum Heidentum hin, wirken Wunder, werden bedrängt, geraten in Gefangenschaft, werden auf wundersame Weise gerettet, verkünden in großen Reden Jesus als den Christus … Sowohl Petrus als auch Paulus eignen sich als Identifikationsfiguren für die Leserinnen und Leser, die eingeladen sind, sich wie diese beiden auf einen Entwicklungsprozess einzulassen – egal aus welcher Richtung sie kommen.
Apostelgeschichte als Wegweiser
Im letzten Referat, das Hans-Georg Gradl hielt, führte er uns seine „Hitliste“ an Texten vor Augen, die auch für uns heute Wegweisung, „Kompass“ sein können: Dazu zählte die Sammelerzählung vom Ideal der christlichen Urgemeinde, deren gemeinsame Basis die Taufe ist. Der Referent wies sehr deutlich auf den Unterschied zwischen Tradition und Traditionen hin: Während erstere unveränderlich ist, müssen sich letztere je nach Zeit und Kultur ändern, um die Tradition zu bewahren und erfahrbar zu machen.
Als zweiter Wegweiser wurde dann der Text von der Taufe des Äthiopiers beleuchtet, der aufzeigt, wie Mission in der Nachfolge Jesu „geht“. Christ/innen sitzen nicht im „Pfarrhof“ und warten, dass jemand kommt, sondern stehen am Weg als Wegbegleiter bereit – und zwar auch an unbequemen, fremden und öden Orten.
Der dritte Wegweiser war das Ende der Apostelgeschichte: Paulus ist in Rom in einer Mietwohnung und verkündigt mit allem Freimut und ungehindert das Reich Gottes und Jesus Christus. Am Ende steht ein neuer Anfang, der auch uns immer wieder gilt: Jedes Ende und jeder Abschied ist zugleich der Beginn von etwas Neuem.
Raum für eigene Gedanken
Die Tischgruppen zu sechst waren auch bei dieser Tagung eine Möglichkeit für die eigene Auseinandersetzung mit anderen im Anschluss an die Vorträge. Rückfragen und Einsichten hatten damit auch im Plenum Platz. Persönlicher Austausch war natürlich in den Pausen und vor allem am Freitagabend möglich. Diesen Abend nützten die meisten, um sich noch in kleineren Gruppen im Freien zusammenzufinden und bei einem gemütlichen Glas Wein oder sonstigen Getränken zu unterhalten.
Am Donnerstagabend war die Bühne frei für die Improvisationstheatergruppe „Die Unbezähmbaren“ – ein lustiger Abend, an dem auch die Lieblingsbibelverse der Teilnehmer/innen aus der Apostelgeschichte zum Einsatz kamen.
Aus 14 verschiedenen Workshops konnten die Teilnehmer/innen zwei wählen, in denen unterschiedliche Texte vertieft und kreative Methoden ausprobiert werden konnten. Einige Kostproben aus den Workshops wurden im Plenum präsentiert.
Geistiges und Geistliches
Tagesbeginn und Tagesende wurden jeweils von liturgischen Feiern gerahmt, wobei Weihbischof Leichtfried durch die Vesper am Donnerstag führte und Diözesanbischof Manfred Scheuer der abschließenden Wortgottes-Feier vorstand. Die Predigt von Bischof Manfred Scheuer kann man hier nachlesen: Download Predigt
Aufgrund der aktuellen Situation mussten natürlich die aktuellen Coronaregeln eingehalten werden – eine Notwendigkeit, die das Abhalten der Tagung aber erst möglich gemacht haben, worüber der Großteil der Teilnehmenden sehr froh war.
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Zum Nachlesen ...
Dankenswerterweise haben die beiden Referierenden uns ihre Vorträge zum Download zur Verfügung gestellt:
Hans-Georg Gradl – Vom Anfang des Christentums erzählen
Barbara Lumesberger-Loisl – Bis an die Grenzen
Barbara Lumesberger-Loisl – Vom Geist getrieben
Hans-Georg Gradl – Zwist im Zentrum
Barbara Lumesberger-Loisl – Lukas als Brückenbauer
Hans-Georg Gradl – Inspirierende Wegweiser
Einblicke in einige Workshops
Hans-Georg Gradl: Spiel mit, misch dich ein! Das Apostelkonzil interaktiv
Eva Puschautz: Frauen in der Apostelgeschichte
Roland Schwarz: Der Umgang mit Konflikten in frühen christlichen Gemeinden
Auch die KirchenZeitung des Diözese Linz war dabei und hat einen Beitrag dazu veröffentlicht:
Das Evangelium braucht Reichweite
Hier geht es zum Rückblick des Österr. Kath. Bibelwerks: Bibelpastorale Studientagung 2020
ZUM VORMERKEN: Die nächste österreichweite Tagung in Puchberg findet von 25. – 27. August 2022 statt und wird das Buch Jesaja zum Thema haben.
Eine bibelpastorale Tagung zu „Bibel und Pilgern“ wird vom 3. – 4. Sept 2021 in Vöcklabruck angeboten.