Was Kirche von Fußball lernen kann
"Klotzen statt Kleckern" lautet die Devise im Profi-Fußball. Und das nicht nur, wenn es darum geht, die besten Spieler zu kaufen, sondern inzwischen auch dort, wo es um Spielanalysen und taktische Vorbereitung geht. Inzwischen geben Vereine Millionenbeträge für diese Art "sportlichen Chiptunings" aus. Mit Erfolg, wie das Beispiel etwa des jungen Sportjournalisten Rene Maric zeigt. Seit 2011 erstellt er u. a. für deutsche Profivereine Fußballanalysen und ist einer der Autoren des Spezial-Blogs "spielverlagerung.de", in dem es um Analysen rund um das runde Leder geht. Bei den "Salzburger Hochschulwochen" gab Maric nun Einblick in diese Form "kognitiver Leidenschaft" - einer Leidenschaft, die aufgrund ihrer Akribie und ihres nachweisbaren Erfolgs auch für die Kirche ein Vorbild sein könnte.
Vorreiter der Entwicklung hin zu einer Art "fußballerischer Ingenieurskunst" seien vor allem Vereine aus Spanien und Deutschland gewesen, so Maric bei einem Workshop in Salzburg. Nach den "dunklen Jahrzehnten" zwischen 1980 und 2010, in denen "übermäßig stark auf die Physis der Spieler und kaum auf die Spielstrategie geachtet wurde", sei es nicht zuletzt durch Vorreiter wie den spanischen Spitzenspieler und letzten FC Bayern München-Trainer Josep Guardiola inzwischen zu einem Umdenken gekommen.
Dass es sich tatsächlich in Erfolg und damit in barer Münze auszahle, in die Aufbereitung und Analyse von Spielen und Spielzügen zu investieren, zeigte Maric dabei anhand auch von historischen Beispielen aus der Fußballgeschichte auf. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts konnten durch geschicktes Taktieren und durch Variation der Spielformation Vereine Siege erringen, die den Gegnern eigentlich rein körperlich unterlegen waren. Insofern gleiche Fußball dem Schachspiel, so Maric: Beides Spiele erforderten ein hohes Maß an Konzentration und Antizipation. Nur so stelle sich Erfolg ein - "und nur so entsteht auch jener Freiraum, in dem sich die spielerische Leidenschaft und Kreativität entfalten kann".
Strategische Planung auch für die Seelsorge entscheidend
Konkret lernen könnte eine sich inzwischen in einem auf Dauer gestellten pastoralen Reformprozess befindliche Kirche von dieser Art strategischer Planung, dass Erfolg und Misserfolg in der Pastoral nicht Kinder des Zufalls sind. Gewiss, es heißt, der Geist wehe, wo er will - doch er bläst stärker und effektiver, wo man ihm die Fenster öffnet: Etwa in Form einer nüchternen pastoralen Kosten-Nutzen-Rechnung; in Form strategischer Planung von Pfarr-Fusionen und nicht zuletzt in Form einer gezielteren Schulung des pastoralen Personals. Erste Ansätze zu dieser Art professionalisierter, weil Daten-basierter Pastoral gibt es bereits - etwa dort, wo mit "Sinus-Milieus" gearbeitet wird oder wo sich pastorale Vordenker nach "best practise"-Beispielen umsehen. Es geht also nicht darum, das Rad neu zu erfinden - es gilt jedoch, nicht vor der zum Teil ernüchternden pastoralen Realität zurückzuschrecken, sondern sich ihr nicht zuletzt auch mithilfe neuer Zugänge zu stellen.
Die "Salzburger Hochschulwochen" widmen sich noch bis 7. August dem Thema "Leidenschaften". Rund 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer besuchen das dichte Programm aus Vorträgen, Diskussionsrunden, Workshops und kulturellem Rahmenprogramm. Ein Höhepunkt wird am Mittwoch die Verleihung des "Theologischen Preises" an das Ehepaar Jan und Alaida Assmann darstellen. Den Festvortrag zum Abschluss der Hochschulwochen wird heuer der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, halten.