"Ich sehe den Sport als eine Reise zu mir selber!"
Vielleicht war es sogar der Schlüssel zu seinem Erfolg, als der Linzer Christoph Etzlstorfer mit 17 Jahren beim Schulturnen einen Unfall erlitt, der eine Querschnittlähmung zur Folge hatte. Ab diesem Zeitpunkt begann er zu trainieren. Zunächst als Therapiesport gedacht, trainierte er immer mehr und nahm schließlich an Wettkämpfen teil. Ab da hatte er Blut geleckt.
Im Laufe seiner Karriere nahm er mehrmals an großen internationalen Wettkämpfen, wie etwa den Paralympics und Weltmeisterschaften teil und erzielte eine Reihe von Erfolgen in den Disziplinen Handbike, Rollstuhlleichtathletik und Rollstuhlrugby. Das Ausloten der körperlichen und mentalen Grenzen bei Wettbewerben sei für ihn reizvoll. „Der Druck und die Ablenkung, die von anderen Teilnehmern kommen, sind beim Ausloten dieser Grenzen ein wichtiger Aspekt“, sagt der zweimalige Sportler des Jahres Oberösterreich.
Durch entsprechende Regeneration und Reduktion des Trainings bereitet sich Etzlstorfer auf Wettkämpfe vor. „Training ist ein ganzjähriger Prozess, die Basis wird in der Zeit ohne Wettkämpfe gelegt. Vor den Wettkämpfen gibt es detaillierte Routinen, um die optimale Vorbereitung zu erzielen.“ Das betreffe sowohl Training als auch Ernährung.
Sportliches Training als Meditation
Obwohl er im Jahr 2013 aus dem Hochleistungssport zurückgetreten ist, gilt Sport für ihn nach wie vor als ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Generell ist er ein Fan des Ausdauersports. „Das lange Training wird oft als eintönig empfunden, ich sehe es aber eher als meditativ und geeignet, um Gedanken zu ordnen.“ Durch die monotone Vorgangsweise könne Etzlstorfer gut abschalten, Gedanken ordnen, Probleme lösen, aber auch „ganz in der Bewegung, im Hier und Jetzt aufgehen, wo nur noch der Moment zählt“.
Auch bei Wettkämpfen sei es wichtig zu erkennen, dass man nur den Augenblick beeinflussen kann, weder Ärger über Vergangenes, noch Sorgen wegen der Zukunft weiterhelfen. „Darüber hinaus sehe ich den Sport als eine Reise zu mir selber, ich lerne mich und meine Grenzen damit besser kennen und lerne, damit umzugehen.“
Am Teamsport fasziniere ihn, wenn Sportler einander so gut kennen, dass sie optimal zusammenspielen. Als leidenschaftlicher Rollstuhlrugby-Spieler und Obmann des RSC heindl OÖ. (Rollstuhl-Sportclub) weiß er über die Eigenschaften, um als Team erfolgreich zu sein, Bescheid: „Erster Schritt ist, dass man die Fähigkeiten und Schwächen der einzelnen Spieler gut einschätzen kann. Entsprechend dieser Fähigkeiten kann man die Spieler einsetzen, sodass jeder die für ihn passende Aufgabe bekommt. Weiters müssen sich die Spieler gut kennen und nicht nur um die eigenen Fähigkeiten, sondern auch um die der anderen Bescheid wissen.“
Wenn man als Team agiert, spiele auch die Fairness eine grundlegende Rolle. Durch ein entsprechendes Regelwerk und die Schiedsrichter, die es überwachen, sei die Fairness Etzlstorfer zufolge weitgehend gesichert. Im realen Leben werde diese jedoch immer wieder verletzt.
"Man lernt, mit Grenzen umzugehen"
Was sportliche Niederlagen anbelangt, so ist sich Etzlstorfer sicher, dass diese eine wichtige Erfahrung sind. „Es heißt immer, dass Niederlagen und Rückschläge persönlichkeitsbildend sind. Man kommt an die eigenen Grenzen und lernt, damit umzugehen. Das kann recht schmerzhaft sein, ist aber eine wichtige Erkenntnis über mich selber.“ Niederlagen gelten für ihn als ein Ansporn, Wege zur Verbesserung zu finden. „Ich suche die Gründe und erkenne, was ich beeinflussen kann und was nicht. Daraus leite ich ab, was ich nächstes Mal besser machen kann.“ Niederlagen seien als Rückmeldung zu sehen, wie weit man auf seinem Weg ist und wo Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung liegen.
Als Trainer von nationalen und internationalen Sportlern rät er dazu, sich langfristig realistische Ziele zu setzen. Kurzfristig stehe die Visualisierung des Wettkampfes und die unmittelbare Vorbereitung im Vordergrund. „Über beides könnte ich lange Anleitungen schreiben“, sagt Etzlstorfer.
Gerade wenn es einmal nicht so gut laufe, komme es viel auf die Einstellung und Sichtweise an, gerade in Bezug auf Gott und sich selbst. Ob man sich auf höhere Mächte beruft oder das Schicksal selbst in die Hand nimmt, seien hier wohl die zentralen Fragen. „Ist man Opfer bzw. Spielball höherer Mächte, denen man ausgeliefert ist? Oder hat man das Gefühl, man kann sein Geschick beeinflussen und selber steuern? Tendiert man zu ersterem, wird man wohl eher zum Glauben kommen, in der Hoffnung, dass Gott, allgemein eine höhere Macht, es gut meint mit mir und es gut werden wird. Beim zweiten wird man wohl selber nach Wegen suchen, um es besser zu machen.“ Es sei Etzlstorfer zufolge nicht erheblich, wie es tatsächlich ist. Entscheidend sei der Glaube, ob man sein Geschick beeinflussen kann oder nicht.
Seine Erfahrungen und Erkenntnisse teilt der Profisportler auch im Rahmen von Vorträgen und Workshops. Er spricht dabei über die Themen „Motivation und Erfolg“, „Umgang mit Grenzen“ und „Teamführung“. Vom Sport könne man sich sehr viel für das Alltags- und Berufsleben abschauen. Auch dort gilt es, Niederlagen und Rückschläge zu verarbeiten. Etzlstorfer zeigt auf, dass wirklich jeder Mensch Ziele erreichen kann.
(uw)