Donnerstag 26. Dezember 2024

Hat Gott kein Erbarmen oder existiert er nicht?

Ob es Gott geben kann angesichts der Verbrechensorte, die die Menschheitsgeschichte kennt, aber auch angesichts der Qualen, die die Evolution allem Leben, mithin auch dem menschlichen zumutet, ist eine der schwierigsten Fragen überhaupt.

In einem der wichtigsten Filme des Jahres 2014 erinnert der deutsch-türkische Filmemacher Fatih Akin an den Genozid an den Armeniern, aber nicht nur dies: Akin wäre nicht Akin, wenn er nicht auch Religionsfragen mitlaufen lassen würden. Kaum auszuhalten sind die Bilder, die an die Todeslager während des Genozids erinnern: Tote, Sterbende – Kinder, Frauen. Hat Gott kein Erbarmen, lässt Akin eine Frau fragen? Und sie bettelt darum, ‚erlöst’ zu werden: Dass endlich jemand sie töten möge. Inszeniert ist die Szene in der Tradition der Pietadarstellungen. Kein Gott, der mit starker Hand erscheint, um dem Unrecht Einhalt zu gebieten. Nur Verbrechen, Leiden. Der, den sie anfleht, tötet sie schließlich. Gibt ihr die Gnade, um die sie fleht.

Ob es Gott geben kann angesichts der Verbrechensorte, die die Menschheitsgeschichte kennt, aber auch angesichts der Qualen, die die Evolution allem Leben, mithin auch dem menschlichen zumutet, ist eine der schwierigsten überhaupt. Wenn man meint, Gott nur als den Inbegriff von Güte denken zu können, hat sich die Frage eigentlich erübrigt: Dann kann er eigentlich nicht existieren angesichts dessen, was Menschen haben erleiden müssen und bis heute erleiden. Oder aber er keine Macht, einzugreifen. Aber was wäre das dann für ein Gott. Theologen haben die Phantasie ersonnen, Gott habe eine ursprünglich gute Schöpfung geschaffen, ein Paradies ohne Tod – in dem Milch und Honig flossen. Und es sei ausschließlich der Mensch gewesen, der das Negative in die Welt eingetragen habe. Aber will man dies nach Darwin noch akzeptieren? Und bleibt angesichts der Brutalität, zu der Menschen in der Lage sind, nicht immer noch die Frage, ob Gott nicht zumindest ab und dann eingreifen sollte?

Der Vortrag wird schonungslos die Grenzen einer allzu naiven, aber auch die einer allzu ergebenen Gottesrede offenlegen. Zugleich wird er aber auch ein Plädoyer dafür ablegen, an der Hoffnung an einem Gott festzuhalten, der sich zu erklären, zu retten und zu versöhnen vermag. Denn die Alternative wäre die Selbstbegrenzung des Menschen auf ein sehr endliches Glück. Entlassen sollte der Mensch nicht aus seinem Fragen, aus dem, was Kant den Gerichtshof der Vernunft genannt hat. Aber ob er wollen kann, dass dies alles nicht sei, ist auch eine aufdringliche Frage – auch eine unfaire Frage.

 

 

Nähere Informationen zu Prof. Dr. Magnus Striet.

Mag.a  Hermine Eder
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