„Betend und Gott suchend miteinander im Glauben unterwegs“
Wann/Wie haben Sie Ihre Berufung gespürt? Gab es ein Berufungserlebnis oder war es ein stilles Reifen? Wie hat sich Ihr Weg in die Gemeinschaft gestaltet?
Ich habe meine Berufung mit 14 Jahren gespürt. Das erste innere Angerührtwerden war bei einem Ferialpraktikum bei Schwestern. Ich spürte in mir die Sehnsucht, in der Früh aufzustehen und um 6.00 Uhr die Hl. Messe mitzufeiern. Innerlich fühlte ich mich beim Namen gerufen, allerdings war noch nicht klar, dass ich in einen Orden eintrete. Dann kam ich in die Fachschulen der Marienschwestern vom Karmel nach Erla, um mein 9. Schuljahr zu machen. In dieser Zeit reifte meine Berufung. Das Vorbild der Schwestern war für mich maßgeblich. Bereits mit 15 Jahren trat ich bei den Marienschwestern ein.
Was ist derzeit Ihre Aufgabe in der Gemeinschaft?
Ich bin seit 1994 Generaloberin der Gemeinschaft. Ich sehe diese mir von den Mitschwestern anvertraute Aufgabe als Dienst in der Gemeinschaft. Jesus selbst ist der gute Hirte, auch für unsere Gemeinschaft, und meine Sorge um die Gemeinschaft ist ein Mitsorgen mit IHM. Das lässt mich meinen Dienst froh tun und befreit auch von einem zu starken Druck, für alles verantwortlich zu sein. Es ist schön, betend und Gott suchend miteinander im Glauben unterwegs zu sein – mit den Mitschwestern und den vielen Menschen, die zu uns kommen.
Was beGEISTert Sie an der Spiritualität Ihrer Ordensgemeinschaft?
Je länger ich der Spiritualität des Karmels leben darf, umso mehr beGEISTert sie mich. Die Verbindung, das Ineinander von Kontemplation und Aktion. Das innere Gebet, wie es uns die hl. Teresa von Avila lehrt, ist ein inniges, freundschaftliches Beziehungsgeschehen zwischen Gott und Mensch, und dieses wird fruchtbar in der der Beziehung zu den Mitmenschen in der Nächstenliebe. Die Karmelspiritualität ist für mich alltagstauglich. Sie durchdringt das ganze Sein. Ich bin sehr, sehr dankbar dafür. Ich freue mich, dass auch immer wieder Frauen kommen, um mit uns zu leben, mit uns zu beten und um unsere Spiritualität kennenzulernen.
Sr. M. Michaela Pfeiffer-Vogl © Rudolf Laresser
Wer ist Ihr/e Lieblingsheilige/r, und warum?
Mich faszinieren einige Heilige des Karmels: der Prophet Elija, Johannes vom Kreuz, Therese vom Kinde Jesu, ...Teresa von Avila nimmt einen besonderen Stellenwert ein, da sie eine so mutige Frau war mit einem klaren Hausverstand und einer ganz tiefen Liebe zu Gott, die sich vor allem in der Liebe zum Menschen Jesus ausdrückte. Ich habe mich schon viel in betender Weise in ihre Schriften vertieft. Da wird ihre Sprache für mich so verständlich und tiefgehend, berührt einfach das Herz. Gerne nimmt sie, um ihre mystischen Erfahrungen ausdrücken zu können, Bilder aus dem alltäglichen Leben. Ich denke da an:
- die Erklärung der Seele als eine Burg, die aus einem reinen Kristall besteht und viele Wohnungen hat
- die Erklärung des inneren Betens mit der Bewässerung eines Gartens
- die Verwandlung des Menschen durch das innere Beten mit dem Vergleich der Entwicklung der Seidenraupe zum Schmetterling.
Wunderbare Bilder, mit denen sie da zu uns spricht!
Bei der hl. Therese vom Kinde Jesu ist es vor allem ihre geistige Kindheit, die sich voll und ganz Gott anvertraut. Es kommt nicht auf große Taten an, sondern auf die Liebe, mit der sie getan werden. Eine Spiritualität für den Alltag!
Was gefällt Ihnen am Jahr der Orden bzw. was ist Ihnen dabei wichtig?
Mich berühren die gemeinsamen Aktivitäten der verschiedenen Orden sehr. Für mich wird so viel Lebendigkeit und Freude an der eigenen Berufung spürbar. Es zeigt die verschiedenen Spiritualitäten und das viele Gemeinsame auf. Das stärkt und ermutigt uns gegenseitig. Es macht uns Ordensleuten auch die gemeinsamen Herausforderungen bewusst. Das hält uns auf dem Weg – und das ist gut so.
Sr. M. Michaela Pfeiffer-Vogl ist Generaloberin der Marienschwestern vom Karmel und lebt im Mutterhaus der Kongregation in Linz.