„Gastfreundschaft über die Versorgung mit dem Notwendigen hinaus“
Wann/Wie haben Sie Ihre Berufung gespürt? Gab es ein Berufungserlebnis oder war es ein stilles Reifen? Wie hat sich Ihr Weg in die Gemeinschaft gestaltet? Was beGEISTert Sie an der Spiritualität Ihrer Ordensgemeinschaft?
Vielleicht war es ja die ungezwungene Gastfreundschaft, die mich im Stift Schlägl fasziniert hat. Schon als Ministrant und später als Gymnasiast erlebte ich die Gemeinschaft der Mitbrüder in der feierlich gesungenen Vesper genauso wie beim anschließenden Abendessen oder bei Freizeit und Sport nicht als Zaungast, sondern sehr unmittelbar. Ich hatte nicht das Gefühl, störend oder unwillkommen zu sein – ganz im Gegenteil.
Das ist für mich eine sehr konkrete Dimension der „eucharistischen Spiritualität“ unseres Ordens: Wer Tischgenosse ist und Gefährte auf unserem Weg der Gottsuche, den suchen wir uns nicht selber aus, sondern der wird uns von Gott zugemutet. Je dankbarer wir das als Gelegenheit zum Reifen aneinander annehmen können, umso mehr spüren wir Gottes Gegenwart in diesen (selbstverständlich auch im Kloster nicht nur harmonischen und oberflächlich betrachtet „wohltuenden“) Begegnungen.
© Foto Mathe
Was ist derzeit Ihre Aufgabe in der Gemeinschaft?
Als „Novizen- und Juniorenmeister“ und als „Gastmeister“ unserer Gemeinschaft verbinden sich diese beiden Dimensionen unserer Form der Nachfolge und meiner eigenen Berufung ganz gut: Gastfreundschaft über die gewöhnliche Versorgung mit dem Notwendigen hinaus und schillernde Faszination eines gemeinsamen Lebens auf Gott hin. Wo solchen Ideen auch entsprechende Taten folgen (z. B. in der Suche nach unseren Möglichkeiten zur menschlichen Unterbringung und Unterstützung von AsylwerberInnen oder in einer lebensbegleitenden Seelsorge, die zuerst nach den Bedürfnissen der Menschen und erst dann nach den Vorschriften fragt), da freue ich mich, Teil dieser „Kirche von Schlägl“ zu sein, der ich mich vor 19 Jahren mit allem, was ich bin, übergeben habe.
H. Mag. Jakob Eckerstorfer OPraem ist Prämonstratenser Chorherr im Stift Schlägl. Er ist dort Novizenmeister, Juniorenmeister und Gastmeister.