Sonntag 1. September 2024

Bücher wider das Vergessen: „Gedächtnisbuch OÖ“ und „Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung“

Zwei Bücher, die dem Gedenken von Opfern bzw. Verfolgten des Nationalsozialismus gewidmet sind, wurden am 27. November 2019 in Linz präsentiert: das „Gedächtnisbuch OÖ“ und „Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung“ mit Bischof Manfred Scheuer als Herausgeber.

„Gedächtnisbuch OÖ“: NS-Verfolgte und -Widerständige aus Oberösterreich vor dem Vergessen bewahren

 

Am 27. November 2019 wurde um 16 Uhr im Linzer Mariendom das Projekt „Gedächtnisbuch Oberösterreich“ in Anwesenheit von Persönlichkeiten des kirchlichen, öffentlichen, politischen und kulturellen Lebens präsentiert. Nach dem Vorbild des Gedächtnisbuchs, das in der Gedenkstätte Dachau aufliegt, werden im „Gedächtnisbuch OÖ“ Biografien NS-Verfolgter aus Oberösterreich vorgestellt. Die Biografien werden von Personen gestaltet, die einen persönlichen, örtlichen oder inhaltlichen Bezug zu ihnen haben. Im Medium Buch werden die Biografien an zentralen Orten aufbewahrt und sind öffentlich zugänglich, um diese in die Gedenkkultur des Landes Oberösterreich einzubinden und vor dem „Vergessen“ zu bewahren. Das Buch ist ab 27. November 2019 im Mariendom Linz und ab Herbst 2020 auch im Oberösterreichischen Landesmuseum (Schlossmuseum) Linz öffentlich einsehbar und wird jährlich mit neuen Biografien erweitert.

Das Projekt verbindet zivilgesellschaftliche Erinnerungskultur mit historisch-biografischem Lernen. Durch die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Biografien werden nicht nur die Geschichten ehemals verfolgter bzw. widerständiger Personen im kollektiven Gedächtnis bewahrt und neue Quellen erschlossen, sondern diese auch in Beziehung zur eigenen Biografie und Gegenwart gesetzt. Das Projekt „Gedächtnisbuch Oberösterreich“ wird von einer unabhängigen Projektgruppe getragen, die sich im Jahr 2019 aus einer Kooperation von Institutionen und Einzelpersonen gebildet hat. Zum Trägerkreis gehören derzeit: Dr. Andreas Schmoller (Leiter) und Dr.in Verena Lorber vom Franz und Franziska Jägerstätter Institut an der KU Linz, Mag. Florian Schwanninger (Leiter) vom Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, Prof. Dr. Thomas Schlager-Weidinger von der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz und Jägerstätter-Biografin Dr.in Erna Putz.

Am 27. November 2019 wurden im Linzer Mariendom die ersten neun Biografien vorgestellt und in das Gedächtnisbuch eingelegt:

  • Anna Ahammer (vorgestellt von Katharina Greinecker)
  • Rudolf und Elisabeth Baumann (vorgestellt von Stefan und Luise Schlager)
  • Sigmund Berger (vorgestellt von Martin Daxner)
  • Peter Kammerstätter (vorgestellt von Florian Schwanninger)
  • Leopold Lindner (vorgestellt von Barbara Mullis)
  • Alois Renoldner (vorgestellt von Severin Renoldner)
  • Heinrich Steiner (vorgestellt von Gerhard Mühringer)
  • Irma Stermer (vorgestellt von Nina Höllinger)
  • Kinder von Zwangsarbeiterinnen (Susanne Lammer)

Die Initiatorin des „Gedächtnisbuches OÖ“ Dr.in Erna Putz verwies in ihren einleitenden Worten auf die Bedeutung der Zeugnisse der NS-Verfolgten für die Gegenwart: „Gendarmeriemajor Alois Renoldner beschreibt in seinen Haft-Erinnerungen, wie die Vaterunser-Bitten ‚dein Wille geschehe’ und ‚wie auch wir vergeben unseren Schuldigern’ geholfen haben, 14 Stunden in einer kalten Jännernacht auf dem Appellplatz Dachau durchzustehen. Der Wäschereibesitzer Leopold Lindner berichtet, wie er ‚in der völligen Verlassenheit Trost bei Gott suchte – und auch fand’. Wenn Renoldner und Lindner als vertieft Glaubende und Betende aus Dachau zurückgekommen sind, dürfen auch wir heute glauben, glauben und beten, auch unten an den Stufen der Todesstiege in Mauthausen.“ KZ-Überlebende wie Peter Kammerstätter hätten auf Schrecken und Terror nicht mit Hass oder Rachegedanken reagiert, sondern mit Menschenfreundlichkeit, erinnerte Putz: „Pfarrer Steiner etwa hatte auf seinen Wegen mit dem Fahrrad immer Blumen und Brot für andere Menschen mit.“

Das zentrale Anliegen der Buchpräsentation für Erna Putz: „Holen wir die Mutigen und Aufrechten und die Vergessenen in unser Gedächtnis! Heute dürfen wir für das Zeugnis der an die zehntausend vom Nationalsozialismus verfolgten OberösterreicherInnen dankbar sein. Ihre Gestalten verändern das Bild unseres Bundeslandes. Damit sie nicht vergessen bleiben, wird das ‚Gedächtnisbuch OÖ‘ begonnen.

 

Im Hauptteil der Feier im Mariendom wurden neun Biografien von NS-Verfolgten vorgestellt. Die Vortragenden, die einen persönlichen, inhaltlichen oder örtlichen Bezug zu den damaligen Opfern des Nationalsozialismus haben, brachten den Anwesenden neben den jeweiligen Biografien teils sehr persönliche Bezüge zu den vorgestellten Personen näher.

 

So verlas etwa die Urenkelin von Elisabeth Baumann, Luise Schlager, Briefe, die sie an ihre Urgroßmutter und an deren ersten Mann Rudolf geschrieben hatte. In diesen Briefen drückte sie unter anderem ihre Bewunderung für Rudolf aus, der sich durch seine Entschlossenheit, nicht töten zu wollen und seine Flucht einem Kriegseinsatz der Nationalsozialisten entzog und dafür hingerichtet wurde. Sein Abschiedsbrief wird in ihrer Familie jedes Jahr zu Weihnachten vorgelesen.

 

Mag.a Susanne Lammer (sie forscht in der vom Lern- und Gedenkort Hartheim koordinierten Projektgruppe „Fremdvölkische Kinderheime in Oberdonau“) stellte das Schicksal der Kinder von damaligen Zwangsarbeiterinnen vor. Diese sind teilweise am Tag ihrer Geburt den Müttern abgenommen und in Heime gebracht worden. Etwa die Hälfte der Kinder verstarb nach weniger als einem halben Jahr. Die Gründe dafür waren mangelnde Zuneigung, Ernährung, Hygiene und medizinische Versorgung. Wer den Aufenthalt in solchen Heimen überlebte, wurde den Eltern „zurückgegeben“, kam zu Adoptiveltern oder wieder in ein Heim. Da die Kinder in den Fremdvölkischen Kinderheimen nicht mit Namen angeredet wurden und auch keine Namensbändchen trugen, kam es nicht selten zu Verwechslungen.

 

Nach der jeweiligen Vorstellung einer Biografie wurden die dazugehörigen gestalteten Seiten im Gedächtnisbuch aufgeschlagen.

 

Bischof Manfred Scheuer: Das Gedächtnis des Leidens richtet sich auf ganz konkrete Menschen

 

Bischof Manfred Scheuer betonte in seinen abschließenden Gedanken, dass das Gedächtnis an die Zeit des Nationalsozialismus nicht neutral und objektiv distanziert sei, sondern im Kontext stehe von Sympathie, Apathie oder Antipathie, Gleichgültigkeit, Nihilismus, Hoffnung, Hass und Verachtung, Verzweiflung oder auch Verzeihen, von Freude am Leben oder Bitterkeit, von Funktionalisierung, Selbstrechtfertigung oder Anklage. Scheuer: „Dabei haben wir uns selbst zu fragen und von anderen fragen zu lassen, welche Rolle wir gegenwärtig einnehmen: Opfer, Richter, Täter, Angeklagter, Verstrickter, Schuldiger, Zuschauer, Beschämter, Flüchtling oder Anwalt?“

Bezugnehmend auf die in der Feier erzählten Biografien sagte der Bischof, das Gedächtnis des Leidens richte sich primär auf ganz konkrete Menschen mit ihren Gesichtszügen, mit ihren Namen, mit ihrer Biografie, mit ihren Ecken und Kanten, mit ihrem Sinnentwurf. Im Vordergrund stünden die Opfer und Zeugen, die standgehalten hätten, das Unrecht nicht mitmachen wollten, ihm Widerstand geleistet und den unschuldig Verfolgten geholfen hätten.

Scheuer gab am Ende den Anwesenden einen Gedanken aus dem jüdischen Talmud mit: „Wer ein Leben gerettet hat, wird so betrachtet, als habe er das ganze Universum gerettet.“

 

Berührendes musikalisches Gedenken

 

Musikalisch gestaltet wurde die Präsentation des „Gedächtnisbuches OÖ“ mit Kompositionen für BläserInnen und Orgel von Prof. Andreas Schnee mit Studierenden des Linzer Musikgymnasiums und der Anton Bruckner Privatuniversität. Auch die Musikstücke standen ganz im Zeichen des Gedenkens der NS-Opfer.

 

Der „PROLOG“ für Bläseroktett, Orgel und Pauken wurde von Andreas Schnee eigens für die Installation und Präsentation des „Gedächtnisbuches OÖ“ komponiert. Es stellt einen Marsch in anfänglicher Siegerpose des Diktators dar, der sich nach und nach zu einem Begräbnismarsch bzw. Totentanz entpuppt. Die verhafteten politischen und kirchlichen WiderstandskämpferInnen, die Juden, die körperlich und geistig behinderten Menschen marschieren in die Konzentrationslager, wo sie gefoltert, ausgehungert und letztlich hingerichtet werden. Aber am Ende siegt der Glaube der unschuldigen Opfer an eine letzte Gerechtigkeit bzw. an ein ewiges Leben bei Gott.

 

Die „PARTITA MARTYRUM“ für 8 Bläser von Andreas Schnee versteht sich als eine Folge von vier musikalisch-meditativen Assoziationen, in denen die schrecklichen Bilder des Zweiten Weltkrieges, der Verfolgung und Auslöschung ganzer Volksgruppen in einem biblischen Zusammenhang gedeutet und musikalisch ausgedrückt werden. Teil I beginnt mit einer dramatischen Intrada, gefolgt von einer verfremdeten zerrütteten musikalischen Verarbeitung des bekannten Adventliedes „Kündet allen in der Not, fasset Mut und habt Vertrauen“. In diesem Lied wird die Hoffnung des unterdrückten alttestamentlichen Volkes Israel auf einen Erlöser zum Ausdruck gebracht, der alles Leid heilen wird. Teil II der Partita bringt die Zeit der NS-Verfolgung in einen analogen Zusammenhang mit dem unschuldigen Leiden und Sterben Jesu Christi, und zwar in einer polyphonen Verarbeitung des Passionsliedes „Herzliebster Jesus, was hast Du verbrochen, dass man ein solch scharf Urteil hat gesprochen.“ Der gute Hirte begleitet sein Volk und leidet auch für seine Schafe. Er ist Hoffnung und Trost für alle Verfolgten und Leidenden. Teil III kreist um den Choral „O Haupt voll Blut und Wunden“, dessen Cantus firmus in allen Stimmen imitatorisch geführt wird. Dazwischen sind immer wieder die Rührtrommeln der Henkersknechte zu hören. Im IV. und letzten Teil wird schließlich mit der Intonation des Chorals „Christ ist erstanden“ aus dem 12. Jahrhundert und dessen musikalisch vielfältiger Verarbeitung der Blick auf das letzte Ziel unseres Lebens gerichtet, nämlich auf die letzte Vollendung unseres Lebens in Gott. Der Tod hat nicht das letzte Wort, sondern unser eigentliches Ziel ist die ewige Freude bei Gott.

 

Das Duo „IN TEMPORIBUS HOLOCAUSTI“ („IN ZEITEN DES HOLOCAUSTS“), von Andreas Schnee komponiert als Programmmusik für Englischhorn und Orgel, schildert auf musikalische Weise ein Gerichtsszenario, bei dem ein unschuldig Angeklagter aufgrund seines religiösen Bekenntnisses vorgeladen wird. Er (dargestellt durch das Englischhorn) beteuert immer wieder seine Unschuld. Das Tribunal (die Orgel) ist unbeeindruckt und verurteilt ihn zur Hinrichtung. Während draußen die Gläubigen den Choral „Ein Haus voll Glorie schauet“ anstimmen (intoniert von der Orgel), beginnt quasi der zum Tod Verurteilte auf dem Weg zum Schafott das „Ehre sei Gott in der Höhe“ zu singen (mehrmals intoniert und variiert durch das Englischhorn) und geht so gestärkt im Glauben in die ewige Herrlichkeit ein. Die Verzerrtheit der Musik ist hier Sinnbild für die damalige verfolgte Kirche.

 

Informationen zum Projekt „Gedächtnisbuch OÖ“:

https://ku-linz.at/forschung/franz_und_franziska_jaegerstaetter_institut/projekte/gedaechtnisbuch_ooe/

 

 

Kontakt für Rückfragen:

Dr. Andreas Schmoller
Leiter Franz und Franziska Jägerstätter Institut
Katholische Privat-Universität Linz
T: +43 732 78 42 93 4172
E: a.schmoller@ku-linz.at

 

Dr.in Erna Putz:
M: 0699 11 79 4665
E: erna.putz@drei.at

 

 

„Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung“: Ein Beitrag diözesaner Erinnerungskultur

 

Herausgeber Bischof Dr. Manfred Scheuer, die Mitherausgeber Mag. Bernhard Zopf und Mag. Klaus Birngruber M. A., Verleger DDr. Helmut Wagner und Dr.in Ines Weber, Professorin der Kirchengeschichte und Patrologie an der KU Linz, präsentierten am 27. November 2019 um 19 Uhr im Linzer Priesterseminar das Buch „Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung. Die Bischöfe von Linz und ihre verfolgten Mitarbeiter des Bischöflichen Ordinariates 1938–1945“. Der Bischofshof bot keinen Schutz vor NS-Repressalien, blieb aber ein Ort von lebensentscheidenden christlich-moralischen und kirchenpolitischen Abwägungen. Die in diesem Band versammelten Biografien von Personen im Bischofshof, die ins Visier der NS-Gauleitung gerieten und „für den Bischof litten“ (wie Kirchenhistoriker Rudolf Zinnhobler es formulierte), stellen einen kleinen Beitrag diözesaner Erinnerungskultur dar. Die Texte erinnern an Bischof Johannes Maria Gföllner, Felix Kern, Ferdinand Klostermann, Ludwig Kneidinger, Franz Ohnmacht, Franz Schückbauer, Ferdinand Weinberger, Franz Vieböck und Bischof Joseph Calasanz Fließer.

 

Vor fast genau einem Jahr, am 22. November 2018, fand im Linzer Bischofshof eine Gedenkveranstaltung statt. Sie sollte der Erinnerung an die Mitarbeiter in diesem Haus dienen, die in der Zeit von 1938 bis 1945 verhört, verhaftet, eingekerkert und misshandelt wurden. Dabei wurde auch ein Licht auf die Bischöfe Johannes M. Gföllner und Josephus C. Fließer geworfen, denen sie zugearbeitet haben. Die NS-Gauleitung scheute davor zurück, die Bischöfe direkt zu belangen, was aber nicht hieß, dass der Bischofshof tabu war. Im Gegenteil: Personen dieses Hauses waren durch ihre Tätigkeit in der Diözesanzentrale per se verdächtig. Der neu erschienene Sammelband dokumentiert das Symposium und versammelt die Referate in zum Teil leicht ergänzter Form. Begleitet werden die Texte von Bildern des 2018 verstorbenen oberösterreichischen Künstlers Herbert Friedl.

 

Erinnern als reinigende Kraft, die Versöhnung ermöglicht

 

Im Geleitwort zum Buch erinnert Bischof Manfred Scheuer: „Im Bischofshaus in Linz, Herrenstraße 19, hat Bischof Johannes Maria Gföllner seinen Hirtenbrief ‚Über den wahren und falschen Nationalismus‘ geschrieben (1933). Franz Xaver Ohnmacht wurde unmittelbar nach dem Einmarsch bei der Rückkehr von einem Spaziergang mit Bischof Gföllner am Tor des Bischofshofes verhaftet. Im selben Haus fand das inzwischen mehrfach in Film und Theater rezipierte Gespräch zwischen dem Innviertler Bauern und Mesner Franz Jägerstätter und dem Kapitelvikar Weihbischof Joseph Cal. Fließer statt. – Die Bischofstraße in Linz gleich um die Ecke zur Herrenstraße ist verbunden mit dem dunkelsten Kapitel der Menschheitsgeschichte: Im Haus Bischofstraße 3 lebte von 1914 bis 1933 Adolf Eichmann (1906–1962), der Hauptorganisator der Vernichtung von sechs Millionen Juden im nationalsozialistischen Reich. Und im Haus Bischofstraße 7 lebten die Süßwarenerzeuger Schwager. Karl Schwager war 1936 Präsident der jüdischen Kultusgemeinde in Linz.“ Straßen, Häuser, Räume hätten ihre Geschichte, Orte ihre Botschaft, so Scheuer: „Es gibt eine Geografie des Grauens, eine Kartografie des Schreckens in Linz.“

 

Erinnern und Gedenken seien zutiefst christlich und zeichneten jede humane Kultur aus, wie der Bischof unterstreicht: „Getragen von der Suche nach Wahrheit, reinigen sie das Gedächtnis, nehmen das Leid der Opfer in Blick, machen dankbar für das bleibend Gute und ermöglichen so Gerechtigkeit, Versöhnung und ein Lernen aus der Geschichte.“ Die Erinnerung an die Opfer, so Scheuers Überzeugung, lasse sich nur in der Hoffnung auf Gott durchhalten, „der mit den Opfern etwas anfangen kann; ansonsten würde die Solidarität mit den Leidenden, mit den Opfern, an einem willkürlichen Punkt abgebrochen. Erinnerung ist ein Unternehmen unterscheidender Spurenlese, des Ausschau-Haltens nach dem ausgesetzten Menschen, nach dem leidenden Gott“.

 

Versöhnung und Heilung nur durch den Aufbau positiver Beziehungen

 

Bei der Präsentation des Buches am 27. November sprach Bischof Manfred Scheuer mit Dr.in Ines Weber, Professorin der Kirchengeschichte und Patrologie an der KU Linz, über die Entstehungsgeschichte des Buches, über die Rolle Bischof Gföllners im Hinblick auf den Nationalsozialismus, über Möglichkeiten der Versöhnung und über die Frage, was Menschen und die Kirche heute tun können, um über das Erinnern hinaus ein neues Gedächtnis für künftige Generationen zu schaffen.

 

Die Rolle Bischof Gföllners (Bischof in Linz von 1915 bis 1941), so Scheuer, sei durchaus differenziert zu betrachten. Einerseits sei seine Ablehnung des Nationalsozialismus spätestens seit der Veröffentlichung des Hirtenbriefs 1933 „Über wahren und falschen Nationalismus“, der auch international viel Beachtung fand, gut belegt, andererseits gebe es in diesem Hirtenbrief auch antisemitische Passagen. Neue vatikanische Quellen zeigten, dass Gföllner, auch wenn er nicht gegen die Feierliche Erklärung der Österreichischen Bischöfe vor der Volksabstimmung 1938 eingetreten wäre, im Vorfeld in Rom die Vorgehensweise des Wiener Kardinals Innitzer massiv kritisiert und sogar dessen Rücktritt für notwendig erachtet hätte.

 

Zum Thema Versöhnung zwischen Opfern und Tätern bzw. deren Nachkommen wies der Linzer Bischof darauf hin, dass Vieles bis heute nachwirke: „Das merkt man ja in vielen Bereichen, dass Feindschaften zwischen Familien, aber auch zwischen Konfessionen oder Ideologien ,vererbt‘ werden; auch Urteile, Vorurteile, Einstellungen, Ablehnungen oder Hassgefühle.“ Was für die Therapie aber auch für das Sakrament der Buße und Versöhnung wichtig sei, sei das Wahrnehmen der Wirklichkeit, das Bekennen, das Eingestehen. Um Vergebung und Versöhnung könne man nur bitten, man könne sie nicht erpressen. Heilung könne nur durch den Aufbau positiver Beziehungen passieren und, wo möglich, durch Wiedergutmachung.

 

Ines Weber fragte Scheuer abschließend, was gegen den Umstand getan werden könne, dass für jüngere Menschen diese Vergangenheit mehr und mehr in den Hintergrund trete. Die klare Antwort des Bischofs: „Wir müssen wach sein, dass es nicht die Überheblichkeit des einen über den anderen gibt. Jugendaustausch, der Aufbau von Beziehungen, kann da einiges bewirken, da kann manches wachsen. Gefährlich wird es dort, wo ein bestimmter Teil der Bevölkerung, auch der jungen Leute, von Ideologien abhängig wird.“

 

Manfred Scheuer (Hg.):
Der Bischofshof im Visier der Gauleitung.
Die Bischöfe von Linz und ihre verfolgten Mitarbeiter des Bischöflichen Ordinariates 1938–1945.
2019
Wagner Verlag (www.wagnerverlag.at)
ISBN 978-3-903040-44-1

 

Presseunterlagen zum Download

 

Pressemitteilung zum Download ( docx / pdf )

 

Gedächtnisbuch OÖ: Kurzbiografien der vorgestellten 9 Personen (pdf)

„Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung“: Neun Kurzbiografien ( docx / pdf )

 

Fotos: © Diözese Linz / Appenzeller (honorarfrei)

 

Foto 1 und Foto 2: Das Gedächtnisbuch OÖ. Die ersten Seiten wurden aufgeschlagen.

Foto 3: Dr.in Erna Putz, die Initiatorin des Gedächtnisbuches OÖ.

Foto 4: Bischof Dr. Manfred Scheuer: „Das Gedächtnis des Leidens richtet sich auf ganz konkrete Menschen.“

Foto 5: Luise und Dr. Stefan Schlager, Urenkelin und Enkel von Elisabeth Baumann.

Foto 6: Mag.a Susanne Lammer (forscht in der vom Lern- und Gedenkort Hartheim koordinierten Projektgruppe „Fremdvölkische Kinderheime in Oberdonau“).

Foto 7: Buchpräsentation im Priesterseminar („Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung“). V.l. DDr. Helmut Wagner (Verleger), Dr.in Ines Weber (Professorin der Kirchengeschichte und Patrologie an der KU Linz), Bischof Dr. Manfred Scheuer (Herausgeber), Mag. Bernhard Zopf und Mag. Klaus Birngruber, M.A. (beide Mitherausgeber).

Foto 8: Der Bischofshof im Visier der NS-Gauleitung_Cover_Wagner Verlag

 

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