Gedenkfeier für namenlose Kinder
Susanne Lammer von der Katholischen Frauenbewegung initierte diese Feier. Im Hotel Freunde der Natur begann die Zusammenkunft, die am Friedhof bei den 2014 angebrachten Gedenktafeln abgeschlossen wurde. „Der Himmel weint“, waren sich die Friedhofsbesucher einig. Es regnete in Strömen, gleichzeitig schien die Sonne. Jugendliche von der Katholischen Jugend musizierten und teilten Murmeln aus, als Symbol für das Recht des Kindes auf Spiel.
Zeitzeugen sprechen
„Drei Geschwister“ nennen sie sich – Überlebende von Kinderheimen. Zwei davon sind überzeugt, im Lindenhof gewesen zu sein. Sie kamen zur Feier, wie auch der polnische Generalkonsul Andrzej Kaczorowski. „Es geht mir um die Ehre der Toten und die Achtung vor den Lebenden. Die Ereignisse sollen eine Mahnung für uns und unsere Zukunft sein“, so Katharina Bandstetter, Tocher einer Zwangsarbeiterin. Sie kennt ihre Eltern nicht. Sie weiß weder ihr Geburtsdatum, noch ihren Namen.
Besonders berührend waren Statements von zwei Spitalern: Zuerst Gerold Eder, der Sohn des damaligen Bürgermeisters. Er hat von diesen Ereignissen erst vor Kurzem erfahren und war darüber erschüttert. Mit einem von ihm selbst fein geschnitzten Stern bat er die beiden Überlebenden: „Der Stern bedeutet Bitte um Verzeihung“. Die Umarmung war Ausdruck der Annahme.
Lindenhof heute
Ganz besonders still wurde es im Raum, als Katrin Schürrer ihre Stimme erhob. Als sie vor 40 Jahren mit ihrem Mann diesen Lindenhof übernahmen und für Kinder adaptierten, wußte sie nichts von der Geschichte. „Wir können es nicht gutmachen. Wir können es beweinen“, so Katrin Schürrer bewegt. Martin Kranzl zeigte die Brücke zur Gegenwart auf, zum Lindenhof als Ort der Erholung, des Heiles. Auch Katharina Brandstetter betonte, wie aufgehoben sich ihre Kinder bei der Schullandwoche im Lindenhof fühlten.
Mit einem Segensgebet, gesprochen durch Katrin Schürrer, wurde die berührende Feier am Friedhof St. Leonhard beendet.
Der Lindenhof in der NS-Zeit
Im Lindenhof in Spital/Pyhrn befand sich in der NS-Zeit ein sogenanntes „fremdvölkisches Kinderheim“, wo Kinder von Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Von März 1943 bis Jänner 1945 wuchsen dort beinahe 100 Kinder von meist polnischen Zwangsarbeiterinnen unter widrigsten Bedingungen ohne ausreichende Ernährung auf. Sie waren krank, hungrig und entkräftet und bekamen kaum Zuneigung. Mehr als ein Drittel von ihnen starben. Einige dieser Kinder sind am Friedhof St. Leonhard namenlos und ohne Grabstein begraben. Erst seit wenigen Jahren ist dieses Geschehen verstärkt im Bewusstsein der Geschichtsforschung – in Spital/Phyrn sind die Ereignisse im „fremdvölkischen Kinderheim“ bei vielen kaum bekannt. Erst im Mai 2014 wurden seitens des Landes OÖ und der polnischen Botschaft Gedenktafeln am Friedhof angebracht.
© Jack Haijes
Haijes, Jack; Fischer, Reinhard (ma)