Severin von Norikum (8.1.)
Den Menschen beistehen in unsicheren Zeiten
An der Zeitenwende, mehr als 1500 Jahre vor unserer Zeit, während das römische Reich am Zusammenbrechen war und die Völkerwanderung die Welt nachhaltig veränderte, wirkte Severin in der Provinz Norikum. Es waren unsichere Zeiten im damaligen Ufernorikum. Täglich musste man mit Überfällen und Gewalt rechnen. Und genau hier sah Severin seine Sendung: "Gott hat mir den Auftrag erteilt, diesen Menschen in ihrer Not beizustehen.", lässt der Hagiograph Eugippius ihn sagen, der Severins Geschichte niedergeschrieben hat.
Severin war damals, offenbar geprägt von der Erfahrung der Einsamkeit in der Wüste, nach Norikum zurückgekehrt. Er besaß hohes Ansehen und politisches Geschick, sodass er in Verhandlungen mit den Gegnern Roms manch kriegerische Auseinandersetzung abwenden konnte.
Gebet, Bescheidenheit, Nächstenliebe
Der möglicherweise aus Italien stammende Heilige wies immer wieder auf das Gebet, den Verzicht zugunsten anderer und auf die Werke der Nächstenliebe hin - und dieses Leben aus dem Evangelium zeichnete auch ihn selbst aus. Oft zog er sich in die Einsamkeit zum Gebet zurück - am liebsten in eine kleine Zelle unweit des Ortes Favianis (heute: Mautern a.d. Donau). Die Sehnsucht nach Stille und Gebet stand in Spannung mit Severins innerem Auftrag, für die Menschen da zu sein. Diese beiden Pole waren auch in den von ihm gegründeten Klöstern zu spüren.
Durch seine authentische, bescheidene Lebensweise nahm Severins ansehen auch bei den Mächtigen seiner Zeit zu. Auch ihnen gegenüber predigte der Heilige unerschrocken über ein bescheidenes, auf Gott ausgerichtetes Leben, das den Menschen dienen soll. Auch die Zugehörigkeit zu anderen Volksgruppen oder Konfessionen hinderten Severin nicht daran, den konkreten Menschen zu sehen und einfach für sie oder ihn da zu sein.
Nothelfer mit Weitblick
Severin zeigte bei seiner Hilfe für die Notleidenden auch strategischen Weitblick und führte als einer der ersten in der Gegend des heutigen Ober- und Niederösterreich das Zehentwesen ein, wonach jeder Besitzende den zehnten Teil seines Besitzes für die Armen zur Verfügung stellen sollte. Im Krieg mit den Alemannen machte Severin Lorch (Lauriacum) zu einem Zentrum der Hilfe für die Notleidenden. Die Legende erzählt von der Verteilung von Olivenöl aus Italien, das auf wundersame Weise für alle - Einwohner und Flüchtlinge - reichte. Durch diplomatisches Geschick rettete er die in Lauriacum durch die Rugier festgenommenen Flüchtlinge vor Sklaverei und Tod.
Der heilige Severin starb im Alter von etwa 70 Jahren, am 8. Jänner 482 in Favianis im Kreise seiner Mitbrüder. Die Mönche von Favianis fanden, nachdem der Rugier-Fürst Ferderuch das Kloster ausgeraubt hatte, letztlich in Lucullanum bei Neapel einen neue Bleibe - wohin auch die sterblichen Überreste des Heiligen überführt wurden, die durch den dortigen Ortsbischof feierlich beigesetzt wurden.
Als Heiliger verehrt
Severin wurde in den kommenden Jahrhunderten immer mehr verehrt. Sogar Papst Gregor der Große ließ zu Ehren Severins in Rom ein Gotteshaus errichten. Für die Diözese Linz ist er der zweite Diözesanpatron. Er ist Patron von Bayern, der Gefangenen, der Winzer und der Leineweber - und für die Fruchtbarkeit der Weinstöcke.
Vor allem aber legte er mit seinem Leben Zeugnis darüber ab, dass die Hinwendung zu Gott und die Hinwendung zum Nächsten zwei Seiten einer Medaille darstellen. Und dass Nächstenliebe die Zuwendung zu den Menschen bedeutet, die einem im Alltag begegnen: Seien es Angehörige anderer Volksgruppen oder Religionen, seien es Wohlhabende oder Arme, seien es Herrscher oder Flüchtlinge.
(mh)
Literaturangabe:
Reisinger, Ferdinand: Mutig gegen den Strom der Zeit. Politische Heilige. Veritas: Linz 1993
Severin von Norikum, in: Zinnhobler, Rudolf: Von Florian bis Jägerstätter. Glaubenszeugen in Oberösterreich. Verlag Wagner: Linz 2004
Ökumenisches Heiligenlexikon. URL: https://www.heiligenlexikon.de/BiographienS/Severin_von_Norikum.htm, 19.10.2015