Mittwoch 13. November 2024

Johannes der Täufer (24.6.)

Zwischen Licht und Feuer

Sonnenwende in der Mitte des Jahres, Zeitenwende in der Geburt Jesu – das Fest der Geburt des Täufers verbindet Kosmos und Geschichte.

„Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden”, sagt Johannes der Täufer zu den Jüngern, die sich über den vermeintlichen Konkurrenten des Täufers beklagten, über Jesus (Joh 3,30). Im Prolog des Johannesevangeliums heißt es über den Täufer: „Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht” (Joh 1,7-1,8).

Wenn die Sonne am höchsten steht und die Tage am längsten sind, wendet sich das Jahr: „Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden”. Das Fest der Geburt Johannes des Täufers am 24. Juni befindet sich nicht zufällig am entgegengesetzten Ende des Jahreskreises zum Weihnachtsfest am 25. Dezember. Die biblische Basis hat das Fest in der Aussage des Engels bei der Verkündigung an Maria, dass Elisabeth, die Mutter des Täufers, bereits im 6. Monat schwanger sei (Luk 1,36). Theologisch geht es freilich darum, dass die Zeit in ihren kosmischen Wende- und Haltepunkten mit dem Leben des irdischen Jesus verknüpft wird. Dabei spielt das Fest der Empfängnis Jesu am 25. März eine besondere Rolle, ein Datum, das auch mit der Weltschöpfung sowie der Auferstehung Jesu in Verbindung gebracht wurde. Im Unterschied zum Osten hat die Kirche des Westens jedoch kein Pendant eines Festes der Empfängnis des Täufers am 24. September geschaffen.

Die Erfahrung des abnehmenden und zunehmenden Lichtes spielt also nicht nur für die christologische Deutung eines jeden Tages eine Rolle, sondern auch und in besonderer Weise für die des Jahres. Die biblische Lichtmetaphorik verbindet sich organisch mit der unmittelbaren kosmischen Erfahrung. Vom Licht ist auch im Zusammenhang mit der Geburt des Johannes die Rede. Der Evangelist Lukas lässt Zacharias, den Vater des Johannes, in prophetischer Rede den Gesang des Benedictus anstimmen, worin es heißt: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes, und unsre Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens” (Luk 1,78-1,79). Darauf nimmt der Hymnus zur Vesper des Johannistages Bezug: „Den einst die Seher als das Licht verheißen, das sie nur ahnend aus der Ferne schauten, ihn, der hinweg nimmt alle Schuld der Erde, rufst Du beim Namen” (Stundenbuch III, 801).

 

Die heilsgeschichtliche Deutung der kosmischen Erfahrung ist natürlich nicht erst eine Erfindung des Christentums. Vielmehr verstand die Kirche bei ihrer Ausbreitung in andere Kulturen, das bodenständige Brauchtum aufzugreifen und gleichsam zu taufen. Dazu gehörten insbesondere auch die Feuerbräuche um die Sommersonnenwende. Besonders im nordeuropäischen Raum verband sich mit diesem Brauchtum manch außerchristliches Gedankengut, das in der Zeit des Nationalsozialismus ideologisch vereinnahmt wurde und heute in rechtsradikalen Kreisen wieder auflebt. Dabei wird auch vor dem für Christen heiligsten Symbol, dem Kreuz in seiner keltischen Variante, nicht Halt gemacht. Das Kreuz, auch außerhalb der christlichen Welt ein kosmisches Zeichen, wird hier mit dem Kreis verbunden, wobei die theologische Aussage darin besteht, dass Christus der Herr über die Zeit ist, die wahre Sonne, die keinen Untergang kennt. Johannes, der Zeuge des Lichtes, gehört zur Ikonographie solcher Kreuze hinzu. Er ist ein Vorbild für christliche Existenz schlechthin, die darin besteht, Christus Raum zu geben.

 



Das Johannisfeuer ist ein Pendant zu den weihnachtlichen Lichtern und erhält seine Kraft aus dem Osterfeuer, dem Zeichen des Sieges des Lichtes über die Dunkelheit, des Lebens über den Tod. Damit ist jedem Machtwahn, jeder Ideologie eine Absage erteilt. Gerade wenn die Erfahrung des kleiner Werdens sich einstellt, dürfen Christen hoffen: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst [...] Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade” (Joh 1,5-1,16).

Quellenangabe (= Originalbeitrag):

Gerhards, Albert (Universität Bonn): Geburt des Hl. Johannes des Täufers 24.6. – Licht und Feuer. In: Liturgisches Institut der deutschsprachigen Schweiz. URL: http://www.liturgie.ch/liturgieportal/kirchenjahr/heiligenfeste/200-geburt-des-hl-johannes-des-taeufers-24-6 [Stand: 06/2014]

URL: http://www.liturgie.uni-bonn.de/wir-uber-uns [Stand: 06/2014]

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