Gott Raum geben – das Vater unser
Dieses Gebet, das im Zentrum der Bergpredigt steht, hat Jesus selbst praktiziert und an die Seinen weitergegeben. Es ist sein Gebet für uns. Das „Vater unser” spiegelt deshalb jenes „Einfallstor” wider, durch das Gott auf die Menschen „wirkt”. Um die Kraft dieses Gebetes zu erahnen, soll der Sinn der einzelnen Bitten wieder einmal bewusst wahrgenommen werden. Hier ein Versuch in diese Richtung:
Vater unser
Du Gott – bedingungslos auf der Seite von uns Menschen.
Im Himmel
Du bist heilvoll zugegen, überall – ohne Begrenzung durch Raum und Zeit. Wo du bist, wo du ankommen kannst, da ist „Himmel” möglich: geheiltes, erfülltes Leben.
Geheiligt werde dein Name
Deinem Namen, deinem „Ich-bin-da” dürfen wir vertrauen – zutiefst. In jeder Sekunde unseres Lebens bist du heilvoll zugegen.
Dein Reich komme
Deine Gegenwart, deine zuvorkommende Liebe, deine Zuwendung, deine Menschenfreundlichkeit, deine Weite und Tiefe sollen „Blüten” treiben
– uns verwandeln, ermutigen, trösten, befreien, herausfordern – immer mehr.
Dein Wille geschehe
Nicht Willkür gefällt dir und das Beherrschen-Können. Dein Wille ist vielmehr, dass Menschen (wieder) leben können – aufgerichtet, authentisch, befreit, offen, weitherzig, eigenständig, mitfühlend…
Wie im Himmel so auf Erden
Überall willst du Leben in Fülle – selbst im Tod.
Unser tägliches Brot gib uns heute
Du weißt, was wir brauchen, um leben zu können. Du gibst es – auch durch uns.
Und vergib uns unsere Schuld
Großzügig bist du und freudig bereit, zu vergeben – zu jeder Zeit, ohne Vorbedingung, immer wieder aufs Neue.
Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Deine Vergebung ermutigt uns, ebenfalls großzügig im Vergeben zu sein, Versöhnung und Neubeginn zu wagen – oder zuzulassen.
Und führe uns nicht in Versuchung
Sei bei uns und hilf uns in schwierigen Situationen, in denen wir zu scheitern oder unterzugehen drohen, in denen wir vielleicht auch das Menschliche aus dem Blick verlieren.
Sondern erlöse uns von dem Bösen.
Befreie uns von dem, was uns von dir fernhält und was uns hindert, mehr (Mit-) Mensch zu sein.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit - Amen.
Quellenangabe:
Dr. Stefan Schlager, in: Kommunikationsbüro der Diözese Linz (2008): glaubenswert - Spuren des Glaubens. Linz: Eigenverlag.