Montag 25. November 2024

Gedanken für den Tag

16. und 17. Mai 2020

Liebe Pfarrangehörige,

an diesem Sonntag starten wieder Gottesdienste in unseren Kirchen. Ich schicke euch heute zum letzten Mal in dieser Form meine Predigtgedanken.
Immer wieder, besonders zu den hohen Festtagen des Kirchenjahres, werden Predigtimpulse und geistliche Worte auf der Homepage des Stiftes Wilhering (www.stiftwilhering.at) veröffentlicht. Eine entsprechende Verlinkung gibt es auch auf der Facebookseite des Stiftes. Beides wird sehr umsichtig von P. Christian betreut!
Ich wünsche euch einen guten liturgischen Start und Gottes Segen!
Bitte, betet auch für unser Kloster! 

Abt Reinhold Dessl

 

Wir sind keine Verwaisten

6. Sonntag der Osterzeit/A/2020

Predigtgedanken zu Johannes 14,15-21

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Den Schmerz der Trennung haben viele in diesen Wochen und Monaten in besonderer Weise erlebt. Es tut weh, räumlich und körperlich getrennt zu sein von lieben Angehörigen, den Enkelkindern, den Schulfreundinnen und Freunden oder auch von Arbeitskollegen. Umso größer ist natürlich dann die Freude, wieder mit jemandem – unter Wahrung des nötigen Abstands – auch räumlich und real in Kontakt zu treten. Mithilfe der Technik ist es uns Gott sei Dank auch in Zeiten der Trennung möglich gewesen, räumliche und örtliche Distanzen zu überwinden. Manchmal ist paradoxerweise gerade durch diese Distanz eine größere Nähe möglich geworden durch lange Telefonate, intensivere Gebete für jemanden oder was auch immer.

 

Die neue Nähe Jesu

An diesem Sonntag stehen wir wenige Tage vor dem Fest Christi Himmelfahrt, das uns an das sichtbare Abschiednehmen Jesu von dieser Welt erinnert. 40 Tage lang nach seiner Auferstehung ist er den Jüngern immer wieder erschienen und hat sich als der Lebende bezeugt. Nun aber kehrt er endgültig zu seinem Vater heim.

In den sogenannten „Abschiedsreden Jesu“, aus dem Johannesevangelium genommen, spricht Jesus von diesem Weggehen zum Vater, das die Jünger nicht mit Schmerz und Traurigkeit erfüllen soll. Der Vater wird „euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird“.

Jesus verspricht den Jüngern und damit auch uns, dass er durch den Heiligen Geist uns in neuer Form nahe ist, auch wenn wir ihn äußerlich nicht sehen. Der Heilige Geist, das ist die innere Kraft, mit der die Nähe Gottes erfahren werden kann, auch wenn die äußeren Verhältnisse schwierig oder unüberwindbar scheinen. Der Heilige Geist ist die Verbindung, die der Auferstandene zu uns aufnimmt und durch die er uns begleitet. Ohne den Heiligen Geist bleibt Jesus in der Ferne und wird zu einer bloßen historischen Person, von der ich in Büchern lesen kann, die mir aber nicht nahekommen kann. Ohne den Heiligen Geist wird die Kirche zu einer bloß moralischen oder moralisierenden Instanz. Ohne den Heiligen Geist wird die Heilige Schrift zu einer erbaulichen Literatur,

die aber nicht die Kraft des Wortes Gottes hat. Ohne Heiligem Geist ist auch der Gottesdienst der Kirche ein bloßer Event und die verwandelte Hostie der Eucharistie höchstens ein gesegnetes Stück Brot, aber nicht der auferstandene Herr.

 

durch den Heiligen Geist als Beistand

Er wird euch „einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird“. Jesus beschreibt den Heiligen Geist als einen „Beistand, der für immer bei euch bleiben soll“. Und weiter heißt es: „Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, ich komme zu euch… und ihr werdet mich sehen.“

Wenn wir das Wort Beistand hören, denken wir vielleicht an den sogenannten Beistand bei einer Eheschließung, wie man einen Trauzeugen auch nennt. Ich brauche einen wichtigen Schritt im Leben nicht alleine gehen, es begleitet mich jemand, jemand steht mir und uns bei.

Sehr wichtig ist der gerichtliche Beistand, der Anwalt, der einen Angeklagten durch einen Prozess hindurch begleitet. Ich habe das vor einigen Wochen erlebt, wie durch einen guten Rechtsbeistand ein junger zum Christentum konvertierter Afghane hoffentlich für immer vor der Abschiebung bewahrt wurde und ihm damit drohende Verfolgung oder gar Hinrichtung in seinem Heimatland erspart bleiben.

„Ich werde euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll, den Geist der Wahrheit.“ Wir dürfen auf die Hilfe und den Beistand Gottes vertrauen, besonders in schwierigen Situation, und Jesus beim Wort nehmen. In dieselbe Kerbe schlägt auch das Wort „Ich lasse euch nicht als Waisen zurück, sondern komme wieder zu euch.“ Das Schicksal von Waisen war in der Geschichte oft alles andere als erfreulich. Wie schlimm muss es sein, wenn Kinder plötzlich alleine in der Welt dastehen und ganz auf fremde Hilfe angewiesen sind! Jesus möchte seinen Jüngern dieses Schicksal ersparen, er möchte sie nicht als Verwaiste zurücklassen, sondern ist in neuer Form an der Seite seiner Jünger.

 

und das Halten der Gebote

Die neue Nähe Jesu durch den Heiligen Geist ist aber kein mystischer Hochleistungssport oder esoterischer Erfahrungstrip. „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt: wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.“ Das ist ein nüchterner einfacher Weg im Alltag. Das Halten der Gebote ist der

Weg der Liebe zu Jesus. Es gibt die großen Gebote Gottes, die das Leben und Zusammenleben schützen und es gibt auch zeit- und krisenbedingte Regeln. Wir haben in den letzten Wochen gelernt, dass das Einhalten bestimmter Regeln Leben schützen und vor Ansteckung bewahren kann. Es gibt verschiedene Meinungen und Auffassungen dazu, manches wird gelockert, überdacht und auch wieder aufgehoben; grundsätzlich aber gilt, was die österreichischen Bischöfe geschrieben haben: Das Einhalten der Sicherheitsregeln ist eine Form, Nächstenliebe zu üben.

Wir kennen den Schmerz der Trennung und die Freude des Wiedersehens – auch in unseren Gottesdiensten und Kirchengebäuden. Jesus geht nicht nur weg von dieser Welt, in neuer Form ist er auch bleibend unter uns gegenwärtig. Bitten wir ihn, dass wir uns für diese Gegenwart öffnen.
Amen.

Pfarre Zwettl an der Rodl
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