Samstag 31. August 2024

Gedanken zum 5. Sonntag der Osterzeit

Ein Impuls von Michael Mitter

Liturgische Texte zum 5. Sonntag der Osterzeit

 

1. Lesung: Apg 6,1-7
2. Lesung: 1Petr 2,4-9
Evangelium: Joh 14,1-12 („Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“)
nachzulesen: hier (Schott online)


Liebe Pfarrgemeinde, liebe Leserin, lieber Leser,

 

auch wenn derzeit allerorten die Baufahrzeuge wieder auffahren und überall auf den grünen Wiesen neue Häuser und Wohngebäude in die Höhe schießen, dürfen wir nicht vergessen, dass aktuell viele Menschen in unserem Land in Sorge sind, von ihren Vermietern vor die Türe gesetzt zu werden. „Wohnen ist ein Grundrecht“, ließ uns bereits Anfang April das zuständige Regierungsmitglied wissen, um zu veranschaulichen, warum ausständige Mieten derzeit kein Grund für eine Delogierung sein sollen – zumindest bis zum Sommer. Fast 600.000 Menschen sind in unserem Land derzeit von Arbeitslosigkeit betroffen, Hunderttausende sind in Kurzarbeit und müssen Abstriche bei Löhnen und Gehältern hinnehmen. Für viele ist die berufliche Zukunft höchst ungewiss. Und dann sind da noch die, die in keiner Statistik auftauchen, weil ihr Einkommen bereits vor der Krise zu gering oder zu unregelmäßig war, als dass sie Anspruch auf Arbeitslosengeld hätten. Ich kann nur erahnen, wie viele Menschen um ihr Zuhause bangen müssen, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten, oder ihre Kredite nicht mehr bedienen können.

Eine Wohnung, das eigene Haus sollte ja eigentlich ein sicherer Hafen sein; ein Ort, an dem man sich zurückziehen kann und der Schutz bietet, gerade in so unsicheren Zeiten wie diesen. Diese Sicherheit schwindet rasch dahin, wenn das Zuhause als solches nicht mehr gesichert ist.

„Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?“ (Joh 14,2) fragt Jesus im Evangelium heute seine Jünger. Dieser Vers wird häufig bei Begräbnissen gewählt als Ausdruck von Trost und Zuversicht – und das zu Recht: Für jeden von uns hat Jesus eine Wohnung als endgültiges Zuhause vorbereitet, wenn es einmal so weit ist. Gott hat Platz für uns, er hat Wohnraum für alle. Es gibt weder Wohnungsnot noch Delogierung! Man muss auch niemanden kennen oder sich gegen andere Interessenten durchsetzen. Bei Gott sind wir alle willkommen, bei ihm ist die Wohnung unbefristet und an keine kleingedruckten Bedingungen geknüpft. Das Evangelium vom 5. Sonntag der Osterzeit schenkt uns diese Sicherheit. Ich denke, das ist ein guter Grund, warum dieser Bibeltext gerne bei Begräbnissen gelesen wird.

Wie so oft sind die Bilder, die uns die Evangelien von Gottes Liebe zeichnen, der Maßstab, an dem wir unser kirchliches Handeln messen dürfen: Als Kirche sollen wir im irdischen Hier und Jetzt zu einem Zuhause für die Menschen werden. Die Kirche, unsere konkrete Pfarre, soll der Ort sein, wo man eine Familie hat, wo man Freunde trifft, gemeinsam etwas unternimmt und Zeit verbringt; wo man sicher ist und so sein kann, wie man ist – eben ein Zuhause wie die eigenen vier Wände.  

Jedenfalls sollen die Menschen immer spüren, dass Kirche für sie Heimat sein kann – im gemeinsamen Gebet, beim Singen von Liedern, beim Feiern des kirchlichen Jahreskreises mit den Menschen, denen wir dabei begegnen, in den Schlüsselmomenten des Lebens wie Schulabschluss, Geburt eines Kindes, Hochzeit und Tod eines lieben Menschen, wenn der Schuh drückt und wenn die Not groß ist.  

Das Gefühl, zuhause anzukommen, beginnt dabei mit dem ehrlichen Interesse für die alltäglichen Freuden und Sorgen der Menschen, die zum ersten Mal „Kirchenluft“ schnuppern. Durch unsere Offenheit können sie erfahren, dass Gott sie gern hat – das heißt, dass es letztlich für jeden ein Zuhause, eine Heimat gibt. Gerade für die scheinbar „Verlorensten“ sollen wir Christen die „Oase des Angenommenseins“ sein – gerade jetzt, wo vom einst gefragten Lehrling bis zum erfolgreichen Unternehmer viele mit Ungewissheit in die Zukunft blicken, ja von Konkurs und Arbeitslosigkeit bedroht sind!

Wieder einmal ein Mammutprogramm, das uns Christinnen und Christen da auferlegt wird. Für ein Gefühl der Überforderung gibt es jedoch keinen Anlass – wir haben bei unserem Tun höchste Unterstützung. Und mit den Worten Jesu: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!“ (Joh 14,1) wünsche ich uns allen einen gesegneten Sonntag!

 

Michael Mitter,
Pastoralassistent

 

 

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