Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Die Fastensonntage dienen der Vorbereitung auf das Osterfest, dem Fest der lebenserweckenden Kraft Gottes, die in der Auferstehung Jesu von den Toten sichtbar geworden ist. Unmittelbar in der Zielgerade auf die Karwoche hin wird uns im Evangelium von der Auferweckung des Lazarus von den Toten an diesem fünften Fastensonntag eine „starke Kost“ serviert. Lazarus ist später natürlich wieder gestorben, aber Jesus hat mit seiner Auferweckung ein Zeichen gesetzt, dass der Tod nicht das letzte Wort im Leben hat. Die lebenserweckende Kraft Gottes beginnt auch nicht erst nach dem leiblichen Tod, sondern sie trägt uns schon hier und heute und macht in jeder Situation Mut zum Leben.
Es lohnt sich, in diesen schwierigen Zeiten, in denen wir leben, diesen nicht einfachen Bibeltext zu lesen und mit dem persönlichen Leben in Verbindung zu bringen.
Die Kraft der Freundschaft
Was mir an dieser Geschichte als Erstes auffällt, ist die Verbundenheit Jesu mit diesen drei Geschwistern Martha, Maria und Lazarus. Es heißt ausdrücklich, Jesus „liebte Martha, ihre Schwester und Lazarus“. Auch an einer anderen Stelle wird uns davon berichtet, wie Jesus in dieses Haus eingekehrt ist und dort wohl auch so etwas wie ein „emotionales Hinterland“ hatte. Gerade in diesen Tagen, wo unsere sozialen Kontakte sehr eingeschränkt sind und wir körperlich auf Distanz gehen müssen, erleben wir oft neu die Kraft der Freundschaft. Durch Telefon und andere Medien sind wir trotzdem in Verbindung und haben sogar mehr Zeit, um miteinander zu reden. In Familien und Gemeinschaften sind wir diese lange Zeit des Beisammenseins nicht gewohnt, was auch eine Belastungsprobe ist, und doch ergibt sich oft ein neues Gefühl der Verbundenheit.
Die Kraft des Mitgefühls
Es ist mir unverständlich, warum Jesus sich nicht gleich auf den Weg macht, als er hört, dass sein Freund Lazarus krank ist. Aber aus seiner göttlichen Perspektive heraus sieht er natürlich schon, dass Krankheit und Tod nie die letzte Station sind, sondern die Verherrlichung Gottes das Ziel ist.
Menschlich gesehen kommt Jesus zu spät, wie auch im Leben manches zu spät kommt und wir uns diese Hilflosigkeit eingestehen müssen. Gott muss es sich gefallen lassen, dass wir ihn fragen, warum er manches Leid auf dieser Welt nicht verhindert. „Herr, wärest du hier gewesen, wäre mein Bruder nicht gestorben“, sagen Martha und Maria hintereinander zu Jesus. Das Mitgefühl Jesu mit den beiden Schwestern, die um ihren toten Bruder trauern, ist aber nicht geheuchelt und seine Trauer um Lazarus ist echt: „Da weinte Jesus.“
Wir haben einen Gott, der das Klagen der Menschen aushält und der selber mit den Leidenden und Trauernden dieser Welt weint. Und es gibt Gott sei Dank viele Menschen, die selber in diesen Tagen diese Solidarität und das Mitgefühl leben.
Die Kraft des Gebetes
Neben der Kraft der Freundschaft und des Mitgefühls kommt in diesem Evangelium in besonderer Weise auch die Kraft des Gebetes zum Ausdruck. Jesus steht im „Dauerkontakt“ mit seinem himmlischen Vater: „Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich wusste, dass du mich immer erhörst; aber wegen der Menge, die um mich herumsteht, habe ich es gesagt, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast“, sagt Jesus, bevor er Lazarus aus seiner Grabeshöhle herausruft.
Durch unsere Gebete werden äußere Situationen oft kaum verändert und doch gibt uns das Gebet gerade in dieser Zeit inneren Halt und Kraft. Wir dürfen Gott um ein Ende der Krise bitten, vor allem sollten wir ihn um Durchhaltekraft, Mut und Vertrauen bitten. In unserem Beten sind wir nicht allein, sondern wissen uns in einer größeren Gemeinschaft. Viele von uns verbinden sich täglich um 20 Uhr durch ein Vaterunser und eine brennende Kerze am Fenster mit einer großen Gebetsgemeinschaft.
Die Kraft der Hauskirche
Da in den Kirchen in den Kartagen keine öffentlich zugänglichen Gottesdienste stattfinden, ist die Stunde der Hauskirche gekommen. Dazu schreibt die Österreichische Bischofskonferenz: „Anpassungsfähigkeit ist uns Christinnen und Christen gleichsam in unsere DNA geschrieben. In diesen Tagen der vielen wichtigen auferlegten Einschränkungen verbringen die Menschen viel Zeit zu Hause und in ihren Familien. Das hat auch Folgen für das eigene und gemeinsame Glaubens- und Gebetsleben. Es ist die Stunde der Hauskirche. Das gilt auch für die Feiern vom Palmsonntag bis zur Osternacht.“ So „werden unsere Wohnzimmer dieser Tage gleichsam zu Kirchenbänken“ (Erzbischof Franz Lackner).
Hilfen zum Feiern wird es kommende Woche in der Linzer Kirchenzeitung mit einer Beilage geben und auch auf der Diözesanhomepage: www.dioezeselinz.at. Gleich vorweg: Haben Sie Mut, heuer im Familienkreis ihre Palmbuschen mit einem Segensgebet oder einem Vaterunser zu weihen! Dasselbe gilt auch für die sonst in der Osternacht und am Ostersonntag geweihten Speisen. Sie sprechen heuer selber das Segensgebet!
Mediale Gottesdienste und Verbundenheit mit Diözese und Stift
Wir laden sehr herzlich ein, im Fernsehen oder im Internet die entsprechenden Gottesdienste mitzufeiern. Im Wesentlichen zu denselben Zeiten, zu denen Bischof Manfred Scheuer die auf dem Fernsehsender LT1 und auf der Diözesanhomepage übertragenen Karwochengottesdienste hält, werden auch wir im Stift Wilhering klosterintern die Gottesdienste halten. Wir laden ein, dass wir uns dabei geistiger Weise mit unseren Pfarren und der Schulgemeinschaft zu einer Gebetsgemeinschaft verbinden.
Klosterinterne Gottesdienste der Karwoche im Stift Wilhering:
Palmsonntag: 9.30 Uhr
Gründonnerstag: 19 Uhr
Karfreitag: 15 Uhr
Karsamstag: Osternacht: 20 Uhr
Ostersonntag: 9.30 Uhr