Barbara
Die „Fremde“
Wer die Heilige Barbara wirklich war, lässt sich nicht festlegen. Die Legenden erzählen von einer hübschen Frau aus reichem Haus, die sich in Glaubensfragen und Lebensfragen dem Vater widersetzte. Der Ursprung des Wortes „Barbara“ aus dem Griechischen bedeutet – fremd, anders, unverständlich. Das Gebrabbel fremder Völker!
Dass man dieser jungen Frau wie immer sie tatsächlich geheißen hat, wahrscheinlich den Beinamen Barbara gab, kann auch ein Hinweis darauf sein, dass man sie und ihr Verhalten als fremd, anders und unverständlich empfand.
Die „Andere“
Es tut nicht wirklich etwas zur Sache, ob ihr Vater ein reicher Kaufmann oder ein König war, ob er sie in einem Turm einsperrte oder ihr strengen Hausarrest verpasste – die etablierten Götter abzulehnen und sich einer (damals) obskuren Sektierergruppe anzuschließen, die sich auf ein frühes Weltenende und die Wiederkunft ihres einzigen Gottes vorbereiteten, muss für einen Vater damals sehr schlimm gewesen sein. Ihre Weigerung zu heiraten machte sie endgültig zur Außenseiterin! Alle Hoffnungen, alle Vorbereitungen und alle Anstrengungen diesem Kind eine gute Zukunft aufzubauen, machte Barbara mit ihrer Entscheidung zunichte.
Die „Unverstandene“
Eltern können ziemlich Klartext reden und tun, wenn sie ihre Kinder wieder auf Spur bringen wollen. Dass sie dabei die Grenzen der Menschlichkeit verletzen, ist nicht nur im Fall dieser Barbara traurige Realität. Die Heiligengeschichten malen die Folterqualen der ihrer Freiheit ohnehin schon Beraubten grausig aus. Auch heute müssen weltweit noch viele Frauen Schreckliches ertragen, wenn sie sich den Vorstellungen ihrer Väter (und oft auch der Mütter), der Gesellschaft nicht beugen und die ihnen angeblich von der Natur alleinig zugewiesene Rolle als Mutter und Hausfrau nicht annehmen wollen.
Wir wissen nicht, wie diese Barbara in Kleinasien das Christentum kennengelernt hat. Ihre Geschichte erzählt uns aber, dass das, was uns heute im Glauben so kostbar und wichtig ist, damals „fremd, anders und unverständlich“ war und mehr als das – verführerisch, abwegig und verrucht.
Das tut ein braves Mädchen nicht!
Die „Mutige“
Vielleicht ist sie aber gerade wegen ihres (aus damaliger Sicht) abenteuerlichen Mutes zur Patronin vieler Menschen geworden, deren Tätigkeit abenteuerlich sein können und Mut verlangen :
- der Festungsbauer und Architekten
- der Feuerwehr und Feuerwerker, der Sprengmeister und Waffenschmiede, der Salpeterer und Goldschmiede
- der Bergleute
- der Artillerie
und für alle die Blitz und Donner oder andere Situationen zu fürchten haben, die einen plötzlichen und unvorhergesehenen Tod zu fürchten haben.
Heilige Barbara,
ich danke dir für deinen Mut zum Anderssein.
Dein Durchhaltevermögen und dein aufrechter Gang können uns auch heute Vorbild sein,
wenn wir uns vor Veränderungen fürchten.
Steh allen zur Seite,
die heute fremd, anders und unverstanden sind
und schenke ihnen den langen Atem, dass sie nicht verzweifeln und aufgeben.
Denen, die sich entgegenstellen,
lass ein Licht aufgehen,
dass ihre kostbaren Traditionen und Werte auch einmal
neu, fremd, anders und unverständlich waren.
Barbara Greinöcker ist Pfarrassistentin in Pucking