Mesnerinstruktion vom Jahre 1870
Wie im letzten Pfarrblatt angekündigt, möchte ich nun die ersten fünf Paragraphen zur Kenntnis bringen. Die Rechtschreibung war damals eine andere, es sind also im folgenden Text keine Schreibfehler passiert, sondern die Originalschreibweise übernommen worden.
Würden die damaligen Moralvorstellungen heute noch Gültigkeit haben, so müsste ich meinen Dienst mit sofortiger Wirkung beenden.
Aber nun zu den ersten fünf Vorschreibungen:
§1 Der Mesner befließe sich eines rechtschaffenen, ehrbaren und lobenswerten, Gott und den Mitmenschen wohlgefälligen Lebenswandels, gebe der Pfarrgemeinde in und außer der Kirche ein gutes Beispiel. Sein Betragen sei solid und höflich gegen Jedermann und er selbst zu jederzeit dienstbereit.
§2 Dem jeweiligen Pfarrvorsteher (auch Provisor), als seinen unmittelbaren Vorgesetzten, hat er in allen geistlichen, kirchlichen und pfarrlichen Angelegenheiten, sowie den von diesen getroffenen Anordnungen in und außer der Kirche, willigen und pünktlichen Gehorsam zu leisten ohne Widerrede. Ungehorsam, Widerspenstigkeit oder grobe Vernachlässigung seiner Pflichten kann die Entsetzung vom Mesnerdienst zur Folge haben. Er hat überhaupt der Pfarrgeistlichkeit sowie jedem anderem Priester mit Hochachtung und Ehrfurcht zu begegnen und soll jeden Priester mit „Euer Hochwürden“ und dem speziellen Titel ansprechen.
§3 In der Kirche hat der Mesner überall mit der größten Ehrerbietigkeit, sittsamen Zustande und in würdiger Haltung zu erscheinen. Deshalb das laute Sprechen oder Lachen oder Äußerungen des Unwillens zu vermeiden. Nötige Weisungen oder Mitteilungen hat er in der Kirche überhaupt, besonders aber beim Hochaltar mit leiser Stimme auf die anständigste Weise zu geben, um ja jedes Aufsehen zu vermeiden. Am Hochaltar, oder so oft er an demselben vorüber geht, hat er bis zum Boden zu niederknien , unziemlich wäre es, einen bloßen Knicks zu machen.
§4 Jeden Gottesdienst hat der Mesner, so weit als möglich, in einem Kirchenstuhl bei der Sacristei beizuwohnen. Er darf sich daher während der hl. Messe nicht entfernen, noch weniger außerhalb der Sacristei verweilen. An Sonn- und Feiertagen muss er, wenn nicht der Frühmesse, doch dem ganzen Hochamte in der Kirche (nicht in der Sacristei) beizuwohnen.
§5 Bei allen gottesdienstlichen Verrichtungen in und außer der Kirche hat er stets die entsprechenden kirchlichen Kleider zu tragen.
Euer Mesner
Lois Wiesmüller