Geschichten aus dem Wolfsegger Pfarrarchiv
Wussten Sie, dass das Bischöfliche Ordinariat 1862 streng beobachtete, ob die Heiligung der Sonn- und Feiertage im Kohlenbergwerk Wolfsegg eingehalten werde?
Am 20. Oktober 1862 meldete das Pfarramt auf Anfrage des Ordinariates in Linz, dass im Bergwerk an Sonn- und Feiertagen nicht gearbeitet werde und nur in sehr seltenen Fällen einige wenige Arbeiter bei Reparaturen auch sonntags beschäftigt seien. Dem Bischöflichen Ordinariat sei aber von Seiten „bewährter Männer“ das Gegenteil zu Ohren gekommen.
Aus diesem Grund erstattete der Wolfsegger Pfarrer am 12. November erneut Bericht und zitierte hierin drei namentlich genannte Arbeiter folgendermaßen: „Niemals noch sind die Bergleute hierorts von der löbl[ichen] Bergverwaltung an Sonn- und Feiertagen zur Kohlengewinnung angehalten worden. Nur dann, wenn etwas in den Stollen so schadhaft werden sollte, daß am Montage darauf nicht gearbeitet werden könnte: dann wird die Schadensausbesserung auch an Sonn- und Feiertagen anbefohlen.“
Bestätigt wurde diese Aussage durch die Unterschriften der drei „Zeugen“. Das Bischöfliche Ordinariat wollte laut einem Schreiben vom 20. November 1862 die Bergarbeiter trotzdem „im Auge behalten“.
Wussten Sie, dass in der Nacht vom 1. auf den 2. April 1864 ein Großbrand in Wolfsegg wütete, der einen Großteil des Marktes – um die 20 Häuser und die Kirche – zerstörte?
„Nur in 8 Häusern ist ebenerdig eine Stube, in einem Hause noch das ganze Erdgeschoß bewohnbar; aus Sicherheitsrücksichten mußten mehrere Mauern und Schornsteine in diesen Gebäuden demolirt werden; die übrigen 9 Häuser sind nebst allen Nebengebäuden bis auf den Grund niedergebrannt, auch die Fahrnisse wurden von den Flammen verzehrt. Der Verlust eines Menschenlebens ist nicht zu beklagen, […] das Feuer [soll] durch Unvorsichtigkeit entstanden sein.“, so die Salzburger Zeitung am 6. April 1864 (Nr. 77, S. 3).
Nach dem Großbrand wurde eiligst ein Komitee zur Unterstützung der „Abgebrannten“ in Wolfsegg gegründet, um eingehende Spenden je nach Schadensausmaß zu verteilen und mit den Wohltätern und Wohltäterinnen – zu denen auch zahlreiche Pfarrämter und Vereine der Diözese Linz zählten – zu kommunizieren oder um Geldmittel zu werben. Bereits am 7. April 1864 ging eine Spende der Kaiserin Karoline Auguste – Gemahlin von Kaiser Franz I. – über 300 Österreichische Gulden (heute wären das umgerechnet etwa 4.000 Euro) ein.
Auch die Kirche hatte sehr unter dem Brand gelitten. Der Gottesdienst musste bis auf Weiteres entweder in der Schlosskapelle oder im hinteren Teil der beschädigten Pfarrkirche, der vom vorderen zerstörten Bereich mittels doppelter Verschalung abgetrennt wurde, abgehalten werden. Nicht mehr zu retten waren das Gewölbe, das Presbyterium, die Turmmauern, die Glocken und die Turmuhr der Wolfsegger Pfarrkirche, während die Innenausstattung teilweise noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden konnte. Ein Notdach wurde sogleich errichtet. Vier Jahre später, im Sommer 1868, konnte das Turmkreuz auf den neu errichteten Turm gesteckt werden.
Wussten Sie, dass es im ausgehenden 19. und vor allem im 20. Jahrhundert eine Fülle an katholischen frommen Vereinen auch in Wolfsegg gab?
Es waren dies u.a. der Katholische Volksverein (Ortsgruppe Wolfsegg), der Verein zur beständigen Anbetung des Allerheiligsten Sakraments, der Paramentenverein, der Verein der Hl. Familie, die Herz-Jesu-Bruderschaft, die Katholische Frauenorganisation, der Christliche Arbeiterverein, der Kleinhäuslerbund und der Verschönerungsverein.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen noch die Katholische Arbeiterjugend, die Katholische Jugend, die Katholische Jungschar, die Katholische Frauenbewegung, die Katholische Männerbewegung und das Katholische Bildungswerk hinzu.
Wussten Sie, dass 1926 rund 700 Arbeiter im Kohlengebiet entlassen wurden und dass politische Gründe dabei scheinbar auch eine Rolle spielten?
In seiner Sorge um die entlassenen Arbeiter wandte sich der Pfarrer von Wolfsegg nämlich an die Christlichen Gewerkschaften in Linz. Der Landessekretär Leopold Jochberger antwortete ihm, dass die Arbeitslosigkeit in Linz zu dieser Zeit der Wirtschaftskrise so groß sei, dass für die Wolfsegger Arbeiter nichts getan werden könnte. Er wollte aber eine Versammlung in Wolfsegg einberufen und einen Referenten dafür stellen, „nur befürchten wir, daß die Sozialdemokraten falls sie hievon Wind bekommen, jede Besprechung und Versammlung stören werden, wenn nicht gar unmöglich machen. Unsere Ansicht ist aber trotzdem die, den Versuch zu unternehmen, vielleicht gelingt es nicht doch auch dort einmal den ungebrochen roten Terror zu zertrümmern und der christlichen Arbeiterschaft die Freiheit des Handelns zu verschaffen.“
Wussten Sie, dass vom 15. bis zum 25. Mai 1958 im Kohlenrevier Wolfsegg – Ampflwang die erste Gebietsmission Österreichs abgehalten wurde?
An der Gebietsmission waren neun Pfarren des Kohlenreviers beteiligt: Altenhof, Ampflwang, Bruckmühl, Geboltskirchen, Ottnang, Puchkirchen, Ungenach, Wolfsegg und Zell an der Pram. Vorab meldete sich Bischof Franz Salesius Zauner mit folgenden Worten an die Missionsteilnehmer*innen: „Als Bewohner des Kohlenreviers wißt Ihr, wie ein ,Einbruch‘ zustandekommt, wenn in einem verlassenen Stollen die Stützpfosten vermorschen […]. Ihr seid den Steigern und Ingenieuren dankbar, daß sie den Zustand der Verstrebungen und Stützen ständig prüfen […]. Davon können wir ein Gleichnis nehmen für den Bereich der Religion. Wenn beispielsweise in einer Pfarre nur noch ein Viertel der Katholiken regelmäßig am Sonntagsgottesdienst teilnimmt, so ist das für die Seelsorger ein Alarmzeichen: die Stützpfosten der Religion sind angefault […]. Die Mission soll gewissermaßen eine Überprüfung für ,das Werk‘ werden. Schäden sollen behoben werden, neue Stollen eröffnet und die Arbeitsmoral, d.h. der religiöse Eifer gehoben werden.“
Dazu wurden Missionäre aus sechs verschiedenen Ordensgemeinschaften Österreichs „als Fachleute für die Fragen des religiösen Lebens“ in die genannten neun Pfarren gesandt.
Magdalena Egger, Diözesanarchivarin
März 2020