Arbeit schafft Würde
Genesis 2
15 Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.
Johannes 21
5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr nicht etwas zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas fangen. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot.
10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt.
12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.
Heute geschieht viel Arbeit am Computer und viele sitzen vor dem Kastl, ganz gleich, ob sie eine Futtermischung für die Kühe zusammenstellen, ob sie unterrichten oder den Bahnhof Attnang steuern, oder ob ich mich für einen Gottesdienst vorbereite. Selbst in manchem Buchladen ist der Blick in den Computer schon wichtiger als das Stöbern im Regal. Unser Verstorbener hatte noch einen Beruf, wie man ihn sich so vorstellt: als Bergmann mit Krafteinsatz, unter Gefahr mit einem Produkt zum Angreifen, der Kohle.
Arbeit zu haben, das verschafft dem Menschen Würde. Natürlich ist jeder Mensch gleich viel wert, ob er nun Arbeit hat oder nicht, ob er viel besitzt oder nichts – aber die Berufstätigkeit schafft Erfüllung und Sinn, sie ist Teil des Selbstbewusstseins von jeder und jedem. Und sie schafft das nötige Einkommen, das erst ein Leben in Würde möglich macht.
Gott hat nach der biblischen Überlieferung den Menschen in den Garten Eden gesetzt – nicht in ein Schlaraffenland oder in ein Urlaubsparadies, sondern dass er ihn bebaue und hüte. In der antiken Welt war das Arbeiten Sklavensache. Wer etwas auf sich hielt, hielt sich von körperlicher Arbeit fern. In der biblischen Überlieferung gehört dieses Arbeiten aber genau zu unserer Bestimmung: Wir dürfen mitschaffen an der Schöpfung Gottes. Mit Selbstbewusstsein als Abbild Gottes, durch das Bündnis von Mann und Frau, durch die Geburt und Erziehung von Kindern, und mit Arbeit, die die Erde zähmt und für Menschen bewohnbar macht.
Das Evangelium erzählt von den Fischern am See Genesareth: Ja, die Botschaft von Gott ist nicht in einem Kloster entstanden und nicht in einem Tempel. Jesus war wie sein Vater Josef ein Bautischler. Mitten in der Lebenswelt der Arbeiter und Handwerker und ihrer Familien hatte seine Predigt vom Reich Gottes ihren Sitz im Leben. Das hat die Kirche immer wieder übersehen, wenn sie Glauben nur auf das Beten, den Gottesdienst und auf das Kirchengebäude eingeengt hat. Gottes Nähe finden wir an vielen Orten: in der Natur, hoffentlich auch in der Familie, aber wir können sie ganz besonders auch in der Arbeitswelt finden. „Arbeit ist heilig“, sagt Papst Franziskus, „Arbeit verleiht einer Familie Würde. Wir müssen dafür beten, dass in keiner Familie die Arbeit fehlt.“
Natürlich muss jeder Mensch eine ausreichende Lebensgrundlage erhalten. Soziale Fürsorge ist keine Dauerlösung, meint unser Bischof von Rom. Es braucht Arbeit, damit Frauen und Männer mit Stolz ihr Brot nach Hause bringen können. Und es braucht Arbeitsbedingungen, die diese Würde und den Stolz auf das Geleistete erlauben.
Die Arbeit ist da, um Nahrung zu geben, das erzählt der Abschnitt aus dem Evangelium. Genug Nahrung für alle dann, wenn man aufs Geheiß Gottes hinausfährt und den Fang für alle zur Verfügung stellt. Und mit dem Teilen von Fisch und Brot dann Jesus Christus erkennt: Gottes Gegenwart im Leben. Am Boden, so erzählt die Bibel übrigens, brannte ein Kohlenfeuer! Woher war denn die Kohle? Mit dem Schürfen der Kohle hat unser Verstorbener auch etwas Grundlegendes geschaffen: Grundlage zum Kochen, Wärme zum Wohnen, für Verkehr und Technik. So wie die Landwirtschaft, so hatten auch die Bergleute einen ganz besonderen Anteil am Bestand einer Gesellschaft. Eine Erfahrung, auf die viele heute und hier in Wolfsegg und im Revier zurecht noch stolz sein dürfen.
Nun, meine Gedanken heute hören sich vielleicht an, wie eine Ansprache zum 1. Mai. Dabei schöpfe ich nur aus den Überlegungen der Päpste. Der Ruf „Arbeit ist wichtiger als das Kapital“ durchzieht auch die Enzyklika „Laborem exercens“ von Papst Johannes Paul II. Denn die Arbeit ist für den Menschen da und nicht der Mensch für die Arbeit. Nicht nur am 1. Mai an „Solidarität“ zu erinnern ist sicherlich passend im Andenken gerade eines Mannes wie unser Verstorbener, der sich selbstverständlich als Teil der Arbeiterbewegung verstand. Auch er hielt die Solidarität nicht nur am ersten Mai hoch.
Dass mit unserem Verstorbenen jemand unter uns gelebt hat, der uns gezeigt hat, wie Arbeit zum Wohl nicht nur der Familie, sondern auch für die Gemeinschaft segensreich werden kann, dafür danken wir dem Ewigen in dieser Stunde des Abschieds. Amen.
Markus Himmelbauer, 17.10.2017