Pfarrer P. Johannes zum Weißen Sonntag
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Das Sakrament der Taufe ist, auch wenn es heutzutage oft so erscheint, nicht einfach eine Kindersegnung ! Es bezeichnet so sehr das Leben in Christus, dass der Apostel Paulus im Galaterbrief schreiben kann: „Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt“ (Gal 3,27). Das weiße Kleid, und damit auch der weiße Sonntag, erinnern daran, dass es um ein neues Leben in unmittelbarer Verbindung mit dem Auferstandenen geht.
Die Taufe muss aber immer neu bejaht werden. Vor allem einschneidende Lebensereignisse verlangen jeweils eine Einwilligung beziehungsweise eine Bewältigung kraft der Verbindung mit dem Auferstandenen. Das gilt auch dann, wenn schon der erste Schritt zur Taufe mit großer Entschlossenheit vollzogen worden ist. Außergewöhnliche Verwandlung durch intensivste Begegnung mit dem Auferstandenen finden wir in den Osterbotschaften einschließlich der Bekehrung des heiligen Paulus.
Paulus war entschlossener Gegner des neuen Weges der Auferstehungszeugen. Er sah darin eine immense Gefahr für das jüdische Gesetz und bekämpfte die ersten Christen mit äußerster Brutalität in Zusammenarbeit mit dem Hohen Rat in Jerusalem und dessen Polizei. Es wurde sogar eine Razzia in den Synagogen von Damaskus geplant, um der Unterwanderung durch Christen Einhalt zu bieten.
Auf dem Weg dorthin hatte er eine Erfahrung des auferstandenen Herrn, die ihn völlig verwandelte. Das Osterlicht und das Wort Christi offenbarten die bisherige Blindheit. Er sah nichts mehr, bis er in Damaskus das Sakrament der Taufe empfing. Ab diesem Augenblick war er glühender Zeuge der Osterbotschaft, der vor den Mühsalen der Verkündigung, die ihn nun seinerseits mit Verfolgung konfrontierte, nicht mehr zurückschreckte.
Thomas reagierte mit Hausverstand auf die Nachricht der Mitapostel, der Herr sei ihnen erschienen. Angesichts des schrecklichen Todes Jesu konnte es sich hier nur um Einbildung und die Unfähigkeit handeln, mit dem Zusammenbruch aller Hoffnungen fertig zu werden. Er spricht es klar aus: Das möchte ich sehen, wie jemand mit den tödlichen Wunden leben können soll. Und dann spricht ihn der Herr persönlich an und zeigt ihm seine Wunden einschließlich dem Lanzenstich durchs Herz. Das Bekenntnis „Mein Herr und mein Gott“ offenbart die völlige Verwandlung des Apostels Thomas.
Die Emmausjünger trennen sich in ihrer Trostlosigkeit und Verzweiflung von der Stätte des Schreckens, eines Geschehens, das sie fast in den Wahnsinn treibt. Immer wieder steht ihnen das Entsetzliche bis hin zur Tatsache des leeren Grabes vor Augen, von dem sie doch wieder reden, obwohl sie alles vergessen wollen.
Der Begleiter, dem sie alles erzählen, weitet ihren Blick und erschließt ihnen aus ihrer Heiligen Schrift neue Aspekte des Geschehens, die sie bisher nicht beachten konnten. Sie spüren etwas ihnen bisher Unbekanntes, und als dieser Fremde dann beim gemeinsamen Mahl das Brot bricht und ihnen reicht, da trifft es sie ins Herz, die Augen gehen ihnen auf – eine Verwandlung ist passiert, sie sind dem Auferstandenen begegnet.
Für Maria von Magdala gab es nur mehr Schmerz und Trauer. Die Trostlosigkeit wird noch viel schlimmer, da sie jetzt nicht einmal mehr dem Leichnam ihres Herrn die letzte Ehre erweisen kann. Der sie dann anredet, wird von ihr für den Gärtner gehalten – das Wort „Maria“ vollzieht in ihr aber augenblicklich eine Wandlung, die alles Bisherige in einem völlig neuen Licht erscheinen lässt.
Diese Erfahrungen lassen sich nicht erzwingen, sie sind geschenkt. Sie können auch heute noch geschenkt werden. Was es aber auch dann braucht: Eine solche Erfahrung muss weitererzählt werden, verlangt Mitteilung! Die Emmausjünger laufen zurück nach Jerusalem, Paulus wird sein ganzes zukünftiges Leben der Verkündigung widmen, Maria von Magdala wird zur ersten großen Verkünderin der Osterbotschaft, und auch Thomas und die anderen Apostel können unmöglich schweigen über das, was sie gesehen und gehört haben (Vgl. Apg 4,20), auch nicht auf die Gefahr von Folter und Todesgefahr hin.
Ohne diesen ständigen Austausch und die Weitergabe der Begeisterung, dem immer neuen Nachgehen und dem Mitvollziehen solcher Verwandlungen wird die Taufgnade langsam verdunsten. Die Kirche wird ihr Feuer der Begeisterung verlieren, da mag noch so viel organisiert und getüftelt werden. Wir dürfen auf keinen Fall schweigen über diese Ostererfahrungen und uns niemals in Nebensächlichkeiten verrennen.
Möge die immer neue Wandlung hin zum wahren Osterglauben der Kirche neue Kraft geben!
Vergleiche auch die Gedanken zum Weißen Sonntag 2023 (Lesejahr A), in denen dasselbe Kapitel des Johannesevangeliums betrachtet wird.
Zu Maria von Magdala als erste Verkünderin:
Der Text wird auch im PDF-Format angeboten, mit der Bitte, ihn auszudrucken und an die Nächsten und Näheren weiterzugeben, die kein Internet haben.